Materialdesign mit Hilfe Künstlicher Intelligenz

a) Schematische Darstellung des neuronalen Lernmodells
Bild entnommen aus Science Advances, DOI: 10.1126/sciadv.adg7992

Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Eisenforschung entwickeln ein neues maschinelles Lernmodell für korrosionsresistente Legierungen. Und veröffentlichen ihre Ergebnisse in der Fachzeitschrift Science Advances.

2,5 Billionen US-Dollar jährlich – so hoch ist der wirtschaftliche Schaden, der weltweit durch Korrosion verursacht wird. Seit jeher suchen Wissenschaft und Industrie nach neuen Legierungen, die korrosionsresistent sind und nach Beschichtungen, die Legierungen vor Korrosion schützen. Bei der Suche wird künstliche Intelligenz (KI) immer häufiger angewendet, um das Korrosionsverhalten von Materialien vorherzusagen und so optimale Legierungszusammensetzungen zu finden. Allerdings ist die Vorhersagekraft bisheriger KI-Modelle begrenzt, da nicht alle relevanten Daten in Betracht gezogen werden können. Wissenschaftler des Düsseldorfer Max-Planck-Instituts für Eisenforschung (MPIE) haben ein neues maschinelles Lernmodell entwickelt, das korrosives Versagen um 15% genauer vorhersagen kann als bisherige Modelle und neue resistente Legierungen vorschlägt. Ursprünglich für den kritischen Bereich der Lochfraßkorrosion in hochfesten Legierungen entwickelt, lässt sich das Modell auf alle Legierungseigenschaften ausweiten. Die Forscher haben ihre Erkenntnisse in der Fachzeitschrift Science Advances veröffentlicht.

Texte und Zahlen in einem KI-Modell

„Die Korrosionsresistenz jeder Legierung hängt von ihrer Zusammensetzung und ihrer Herstellung und Verarbeitung ab. Allerdings konnten bisherige KI-Modelle nur die Zusammensetzung basierend auf numerischen Daten verarbeiten. Da die Herstellung und Verarbeitung der Legierung aber textlich dokumentiert werden, flossen diese Daten nicht in KI-Modelle ein. Deswegen war die Aussagekraft bisheriger KI-Modelle eingeschränkt“, erklärt Dr. Kasturi Narasimha Sasidhar, Erstautor der Veröffentlichung und ehemaliger Postdoktorand am MPIE.

a) Schematische Darstellung des neuronalen Lernmodells b) Schematische Darstellung der Datenverarbeitung mit Hilfe natürlicher Sprachverarbeitung. LSTM: long short-term memory (übersetzt: langes Kurzzeitgedächtnis).
a) Schematische Darstellung des neuronalen Lernmodells b) Schematische Darstellung der Datenverarbeitung mit Hilfe natürlicher Sprachverarbeitung. LSTM: long short-term memory (übersetzt: langes Kurzzeitgedächtnis). Bild entnommen aus Science Advances, DOI: 10.1126/sciadv.adg7992

Das Forscherteam nutzt Sprachverarbeitungsmethoden, ähnlich wie ChatGPT, und kombiniert diese mit maschinellem Lernen (ML). So konnten die MPIE-Wissenschaftler ein maschinelles Lernmodell entwickeln, das numerische Daten und natürliche Sprache vollautomatisch verarbeitet und nun besser vorhersagen kann, wie Legierungen sich bei Korrosion verhalten beziehungsweise welche Legierungen korrosionsresistent sind. „Am Anfang haben wir das Lernmodell mit Daten über Korrosionseigenschaften und Legierungszusammensetzung trainiert. Jetzt ist das Modell selbstständig in der Lage korrosionsresistente Legierungen zu erkennen, selbst wenn die einzelnen Elemente ursprünglich nicht in das Modell eingegeben wurden“, sagt Dr. Michael Rohwerder, Co-Autor der Veröffentlichung und Leiter der Gruppe „Korrosion“ am Max-Planck-Institut für Eisenforschung.

Ausblick: Automatisiertes Data Mining und Bildverarbeitung

Bisher basiert das KI-Modell auf manuell gesammelten Daten der Wissenschaftler. Ihr Ziel besteht jetzt darin, den Prozess des Data Mining zu automatisieren und nahtlos in ihr Modell zu integrieren. Zudem soll das Modell auch auf Mikroskopiebilder erweitert werden, damit alle relevanten Informationsquellen, Text, Zahlen und Bilder, in das KI-Modell einfließen und so die Aussagekraft weiter erhöhen.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Dr. Kasturi Narasimha Sasidhar narasimhasasidhar17@gmail.com
Prof. Dierk Raabe raabe@mpie.de

Originalpublikation:

K.N. Sasidhar, N.H. Siboni, J.R. Mianroodi, M. Rohwerder, J. Neugebauer, D. Raabe: Enhancing corrosion resistant alloy design through natural language processing and deep learning. In: Science Advances 9 (2023) eadg7992. DOI: 10.1126/sciadv.adg7992

Weitere Informationen:

https://www.mpie.de/4894435/ml-for-corrosion-science?c=2914275

Media Contact

Yasmin Ahmed Salem M.A. Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für Eisenforschung GmbH

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Informationstechnologie

Neuerungen und Entwicklungen auf den Gebieten der Informations- und Datenverarbeitung sowie der dafür benötigten Hardware finden Sie hier zusammengefasst.

Unter anderem erhalten Sie Informationen aus den Teilbereichen: IT-Dienstleistungen, IT-Architektur, IT-Management und Telekommunikation.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Überraschende Erkenntnisse zur Blutbildung

Wissenschaftler:innen der Universitätsmedizin Mainz decken in Kooperation mit Forschenden des Max-Planck-Instituts für molekulare Biomedizin vielversprechende Eigenschaften des Schädelknochenmarks auf: Das Knochenmark im Schädel stellt eine geschützte und dynamisch expandierende Umgebung…

Lange angestrebte Messung des exotischen Betazerfalls in Thallium

… hilft bei Zeitskalenbestimmung der Sonnenentstehung. Wie lange hat eigentlich die Bildung unserer Sonne in ihrer stellaren Kinderstube gedauert? Eine internationale Kollaboration von Wissenschaftler*innen ist einer Antwort nun nähergekommen. Ihnen…

Soft Robotics: Keramik mit Feingefühl

Roboter, die Berührungen spüren und Temperaturunterschiede wahrnehmen? Ein unerwartetes Material macht das möglich. Im Empa-Labor für Hochleistungskeramik entwickeln Forschende weiche und intelligente Sensormaterialien auf der Basis von Keramik-Partikeln. Beim Wort…