Mit Hilfe von VSE NET am Quanten-Internet der Zukunft forschen
Quantenphysik ist die Grundlage für vielerlei Zukunftstechnologien: Der Quantencomputer verspricht bisher undenkbare Rechenleistungen, und die Quantenkommunikation soll das Rückgrat des zukünftigen Quanten-Internets sein. Absolut abhörsicher sollen Informationen durch die Glasfasernetze der Zukunft rasen.
Im Saarland wird dafür nun eine Teststrecke in Betrieb genommen, deren Dimensionen dem Alltagsbetrieb sehr nahe kommt. Die 14 Kilometer lange Glasfaserverbindung zwischen der Universität des Saarlandes (UdS) und der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes (htw saar) wird vom regionalen Telekommunikationsversorger VSE NET als Industriepartner zur Verfügung gestellt.
Die Erforschung von Quantentechnologien ist einer der Schwerpunkte der Physikerinnen und Physiker an der Universität des Saarlandes. Während zum Beispiel Professor Frank Wilhelm-Mauch am Forschungszentrum Jülich den Bau eines europäischen Quantencomputers koordiniert, forschen seine Kollegen Christoph Becher und Jürgen Eschner an Quantenkommunikationstechnologien, die die Vernetzung von Quantencomputern ermöglichen und abhörsichere Verschlüsselung von Nachrichten erlauben. Ihre Projekte, die vom Bundesforschungsministerium unterstützt werden, haben in den vergangenen Jahren große Fortschritte auf dem Gebiet der Verschlüsselung und Informationsübertragung mit Lichtteilchen gemacht.
Seit einigen Monaten unterstützt auch die VSE NET die Forschungsarbeiten, indem sie eine Glasfaserverbindung aus ihrem Telekommunikationsnetz für die Quanten-Verbindung vom Standort UdS zur htw saar zur Verfügung stellt.
Christoph Becher freut sich über diese Möglichkeit, die Technologie in einem realen Szenario zu testen: „Die Faserstrecke ist ein entscheidender Beitrag, um unsere Labortechnologien im Umfeld existierender Glasfasernetze zu testen. Damit kommen wir der Anwendung einen großen Schritt näher“, so der Professor für Quantenoptik der Universität des Saarlandes.
Die Forscher sind begeistert, dass sie bereits Quanteninformation über die 14 km lange Strecke senden und Quantenverschränkung messen können. Dieses Phänomen besagt, vereinfacht gesagt, dass zwei weit voneinander entfernte Lichtteilchen dieselbe Information tragen, welche man aber nur nutzen kann, wenn man beide Teilchen besitzt. Diese Verschränkung ist die Grundfunktion, auf der alle weiteren Anwendungen beruhen und sorgt dafür, dass die Information über die Faserstrecke erhalten bleibt.
Jürgen Eschner, Professor für Quantenphotonik an der Universität des Saarlandes: „Wir realisieren hier die elementaren Bausteine eines Quanten-Netzwerks. Was derzeit in unseren Labors mit einzelnen Photonen und einzelnen Atomen geschieht, wird in 5 bis 10 Jahren zu kommerzieller Quantenkommunikationstechnologie reifen“, so seine Prognose.
Stephan Kucera, leitender Wissenschaftler in der Arbeitsgruppe von Jürgen Eschner, hat den Kontakt zwischen VSE NET und den beteiligten Forschungsgruppen hergestellt: „Es ist erfreulich, dass man auf der Firmenseite einem solchen Interesse und solcher Unterstützungsbereitschaft begegnet. Auf beiden Seiten sind die Mitarbeiter davon fasziniert, Quantenphysik und klassische Kommunikationstechnologie zusammenzufügen“, sagt der promovierte Physiker.
Tim-Robert Schönbeck, Prokurist bei VSE NET: „Die Hochschulen im Saarland sind ein wichtiger Baustein für die Ausbildung zukünftiger technischer Spitzenkräfte. Wir freuen uns deshalb sehr, wenn wir durch unsere Unterstützung innovative Forschung ermöglichen und die Attraktivität für Studierende somit weiter verbessern können.“
Partner an der htw saar ist der Informatiker und Studiendekan Damian Weber, in dessen Bereich ein Server die Daten aus der Quantenkommunikation zwischen UdS und htw saar auswertet. Er wird sich zudem der Sicherheitsanalyse des über die Glasfaser übermittelten Quantenschlüssels widmen. Er freut sich über die gute Zusammenarbeit zwischen den beiden großen saarländischen Hochschulen. „Unsere Kooperation ist eine gelungene Synergie aus physikalischer Grundlagenforschung an der Universität und angewandter Informatik-Forschung an der htw saar.“
Universitätspräsident Manfred Schmitt hebt die pragmatische Handhabung aller Beteiligten hervor: Dass das Zukunftsthema Quantenkommunikation in diesem Kooperationsprojekt so pragmatisch mit allen beteiligten Partnern vorangehe, sei kein Zufall. Die berühmten ‚kurzen Wege‘ seien im Saarland nicht nur schöne Worte; sie fänden in diesem Projekt ganz konkret Ausdruck. Das zeige sich einerseits in der Kooperation der beiden Hochschulen, die hier gemeinsam an einem Ziel arbeiteten, und nicht zuletzt an der Bereitschaft von VSE NET, der Wissenschaft großzügig ihre Infrastruktur zur Verfügung zu stellen..
„Quanten-Internet hat das Potenzial, die Art und Weise zu revolutionieren, wie wir Informationen übertragen und verarbeiten. Bis dahin gilt es noch viele technische Herausforderungen zu bewältigen, daher begrüßen wir die Zusammenarbeit mit der UdS und VSE NET, um gemeinsam an der Schnittstelle von Grundlagenphysik und angewandter Informatik zu forschen und diese Entwicklung voranzutreiben“, so Prof. Dr. Charis Förster, Vizepräsidentin für Forschung, Wissens- und Technologietransfer an der htw saar.
Im Rahmen der Einrichtung der Glasfaserverbindung hat darüber hinaus das Hochschul-IT-Zentrum HIZ als gemeinsame Einrichtung von UdS und htw saar wertvolle technische Unterstützung geleistet.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Jürgen Eschner
Tel.: (0681) 30258016
E-Mail: juergen.eschner@physik.uni-saarland.de
http://www.uni-saarland.de
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