Mit Künstlicher Intelligenz zu besseren Entscheidungen

Computerprogramme können auf einer großen Datenbasis Entscheidungen vorschlagen. Diese müssen für Menschen nachvollziehbar aufbereitet werden. Foto: CITEC/Universität Bielefeld

Verfahren der Künstlichen Intelligenz und des Maschinellen Lernens werden immer häufiger in komplexen Entscheidungssituationen angewendet. Sie unterstützen menschliche Entscheidungen.

Wissenschaftler*innen des Instituts CITEC der Universität Bielefeld untersuchen gemeinsam mit Forschenden des Fachbereichs Sozialwesen der Fachhochschule Bielefeld die Chancen und Risiken maschineller Handlungsempfehlungen im Feld sozialer Dienste. Dafür arbeiten sie mit den v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel zusammen.

Das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen fördert das Projekt als Teil des Graduiertenkollegs „Digitale Gesellschaft“.

Künstliche Intelligenz (KI) wird beispielsweise eingesetzt, um Kreditwürdigkeit zu prüfen. Auch im Feld sozialer Dienste kann KI neue Möglichkeiten eröffnen, zum Beispiel in Form von Systemen, die Empfehlungen bei der Planung von Hilfen – etwa für Menschen mit Behinderungen – geben. Oftmals sind maschinelle Entscheidungen aber nicht transparent und die Entscheidungskriterien nicht nachvollziehbar.

„Wenn Menschen sich zu sehr auf maschinelle Handlungsempfehlungen verlassen, könnte das grundlegende demokratische Prinzipien gefährden“, sagt Professor Dr. Philipp Cimiano von der Technischen Fakultät und dem Center for Cognitive Interaction Technology (CITEC) der Universität Bielefeld.

„Gleichwohl bietet maschinelle Entscheidungsunterstützung Chancen zur Verbesserung der Qualität von Entscheidungen. Die Entscheidungen basieren auf einer größeren Datenbasis und können damit objektiver sein als menschliche Entscheidungen.“ In diesem Spannungsfeld entwickeln Wissenschaftler*innen von CITEC und der Fachhochschule Bielefeld Grundlagen für optimale maschinelle Entscheidungsunterstützung.

Damit Maschinen Entscheidungen treffen können, müssen sie zunächst mit Daten gefüttert werden. Für ihre Forschung zu KI zur Unterstützung sozialer Dienste erhalten Cimiano und seine Mitarbeiterin Angelika Maier die Daten von sozialen Einrichtungen in Bethel – stationären Einrichtungen des betreuten Wohnens in der Behindertenhilfe.

Die Daten stammen aus den Falldokumentationen von Personen, die in den Einrichtungen Unterstützung erhalten haben. Mit Algorithmen können aus diesen Daten Muster identifiziert werden. Diese geben Aufschluss über den Verlauf von Hilfen und über Besonderheiten, die sich dabei zeigen.

Das ist die Grundlage für Entscheidungsfindungen, die von einem intelligenten System unterstützt werden. „Wir betrachten, welche Themen über die Zeit für die Klient*innen aktuell sind, oder wie die Eigenständigkeit eingeschätzt wird“, sagt Angelika Maier. „Mit diesen Informationen kann dann zielgenauer auf die Bedürfnisse und Ressourcen einzelner Klient*innen eingegangen werden.“

„Das neue System kann künftig dazu beitragen, dass Beschäftigte in sozialen Einrichtungen ihre Klientinnen und Klienten zielgenauer unterstützen“, sagt Professor Dr. Ingmar Steinhart vom Vorstand der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel.

Was bei der Einführung eines neuen Systems zu berücksichtigen ist und wo es innerhalb einer Einrichtung und im Entscheidungsprozess sinnvoll eingesetzt werden kann, analysieren Professor Dr. Udo Seelmeyer und die Doktorandin Diana Schneider aus dem Fachbereich Sozialwesen der Fachhochschule Bielefeld.

Schneider beschäftigt sich in ihrem Promotionsprojekt mit Methoden der Szenarienbildung und Technikfolgenabschätzung: „Unsere Fragen sind: Welche unbeabsichtigen Nebenfolgen kann so ein technisches System haben? Und wie muss es eingesetzt werden damit Qualität der Hilfen und Fachlichkeit der Mitarbeiter befördert werden?“, sagt Diana Schneider.

Udo Seelmeyer sieht in dem Projekt auch einen Vorteil für die Arbeit der Fachkräfte: „Ein solches System eröffnet neue Zugänge zu der Masse an Dokumentationstexten, die ansonsten ungenutzte Datengräber bleiben“, sagt Seelmeyer.

Algorithmen können Entscheidungen vorschlagen, die Expertise und das Erfahrungswissen der Fachkräfte sollen sie aber nicht ersetzen. „Unser Prototyp soll die demokratischen Grundprinzipien, aber auch Inklusion, Teilhabe und Gleichberechtigung nicht untergraben, sondern sichern“, sagt Cimiano. „Wir wollen ein klares Bild entstehen lassen, wie maschinelle Handlungsempfehlungen zum Vorteil aller eingesetzt werden kann.“

Das Projekt mit dem Titel „Maewin“ läuft bis Mitte 2021. Der Name steht für „Maschinelle Entscheidungsunterstützung in wohlfahrtsstaatlichen Institutionen“. Das Projekt wird im Rahmen des Forschungsverbunds „Digitale Gesellschaft“ durch das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert. Der Verbund beschäftigt sich mit der Frage, wie Digitalisierung die Gesellschaft verändert und wie sich Technologie auf die Meinungsbildung auswirkt.

Prof. Dr. Philipp Cimiano, Universität Bielefeld
Technische Fakultät
Tel: 0521-106 12249
E-Mail: cimiano@techfak.uni-bielefeld.de

http://www.sc.cit-ec.uni-bielefeld.de/de/projekte/maewin Steckbrief zum Projekt Maewin
http://graduiertenkolleg-digitale-gesellschaft.nrw/maewin Forschungsverbund „Digitale Gesellschaft“ über Maewin

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Jörg Heeren idw - Informationsdienst Wissenschaft

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