Mobilfunktechnik für die Industrie 4.0
Die Anforderungen an eine moderne Fabrik steigen: Auf der einen Seite sind Automatisierung und Kostensenkung gefordert, auf der anderen aber auch Produktvielfalt und Ausfallsicherheit.
Die „Industrie 4.0“ soll diesen Bedürfnissen gerecht werden, allerdings fehlt ihr noch ein entscheidender Baustein zum Durchbruch: ein Funkstandard für die zuverlässige Kommunikation zwischen Maschinen in Echtzeit.
Die Grundlagen für einen solchen Standard hat ein Konsortium unter Leitung des Technologie-Zentrums Informatik und Informationstechnik (TZI) der Universität Bremen jetzt im Rahmen des Projekts „HiFlecs“* entwickelt.
Das Projekt ist Teil der Hightech-Strategie der Bundesregierung und wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit 4,76 Millionen Euro gefördert. Neben dem TZI waren zehn weitere Partner aus Industrie und Wissenschaft an HiFlecs beteiligt.
Mobilfunkstandard LTE „viel zu langsam“
Mit herkömmlichen Funktechnologien ist die künftig benötigte Geschwindigkeit in automatisierten Herstellungsverfahren kaum zu erreichen.
„Die Latenz, also die Verzögerungen bei der Signalübertragung zur Steuerung von Produktionsprozessen müssen unter einer Millisekunde liegen“, erläutert „HiFlecs“-Projektleiter Prof. Armin Dekorsy von der TZI-Arbeitsgruppe Elektrotechnik/Nachrichtentechnik.
„Zum Vergleich: Der aktuelle Mobilfunkstandard LTE bietet rund zehn Millisekunden, ist also viel zu langsam.“
Es kommt jedoch nicht nur auf die Geschwindigkeit an, sondern auch auf die Menge an gleichzeitig angebundenen Geräten („massive machine-type communication“). In modernen Fabriken werden oft Tausende von Sensoren, Aktoren sowie Steuer- und Regelungseinheiten eingesetzt. Mit der Datenflut, die diese Vielzahl an Geräten gleichzeitig generiert, sind herkömmliche Funknetze überfordert.
Im Projekt „HiFlecs“ verfolgten die Partner daher einen ganzheitlichen Ansatz: Sie entwickelten sowohl Technologien für die schnelle Übertragung der Daten als auch für das gesamte Ressourcen- und Netzwerkmanagement.
HiFlecs hilft nun, die Informationen zu priorisieren und gezielt zu verteilen. „Wir mussten die Netze ganz anders designen“, erklärt Dekorsy. „Die Abstimmung der Maschinen untereinander musste mit weniger Signalisierung möglich werden, um Bandbreite zu sparen.“
Ergänzung zum 5G-Mobilfunkstandard
Dekorsy sieht in HiFlecs auch eine Möglichkeit, den neuen Mobilfunkstandard der 5. Generation (5G) zu ergänzen, um speziellen Anforderungen der Industrie gerecht zu werden. 5G erlaubt ebenfalls eine schnellere, zuverlässigere Kommunikation, wird aber von Netzbetreibern zur Verfügung gestellt.
Mit HiFlecs können Unternehmen private Netze einrichten, sodass sie die Hoheit über ihre Daten behalten und möglicherweise Kosten sparen. Auch für die Einführung neuer, datenbasierter Geschäftsmodelle kann es sinnvoll sein, die Kommunikation selbst in der Hand zu behalten.
Die Ergebnisse des Projekts wurden in einer Verpackungsmaschine eines weltweit tätigen Herstellers prototypisch umgesetzt. Bis jetzt benötigte die Maschine zur Steuerung ihrer Transportmodule zahlreiche Kabel. HiFlecs erlaubt die Umstellung auf Funk, sodass die Kosten sinken und das Gewicht reduziert wird. Gleichzeitig wird die Installation erleichtert.
Der Nachweis, dass das System funktioniert, ist damit erbracht. Bis zur Marktreife von HiFlecs sind jetzt weitere Entwicklungsschritte erforderlich – interessierte Unternehmen können sich an das TZI wenden.
* HiFlecs steht für „Hochperformante, sichere Funktechnologien und deren Systemintegration in zukünftige industrielle Closed‐Loop‐Automatisierungslösungen“.
Prof. Dr. Armin Dekorsy:
Tel. 0421 218-62400
E-Mail: dekorsy@ant.uni-bremen.de
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