Neue bwHealthApp macht die Nutzung von Fitnessarmbändern für ärztliche Behandlung möglich
Mit einer neuen App will die Fakultät Informatik der Hochschule Reutlingen die Diagnose und Therapie in der Medizin verbessern und kostengünstiger machen. Dabei setzen die Informatiker um Prof. Dr. Christian Thies auf die Nutzung von Gesundheits-Wearables, wie Fitnessarmbänder. In einer ersten klinischen Anwenderstudie, gemeinsam mit der Abteilung für Innere Medizin 1 der Medizinischen Universitätsklinik am Universitätsklinikum Tübingen und dem Zentrum für Personalisierte Medizin am Standort Tübingen, soll die bwHealthApp jetzt getestet werden.
An der praktischen Studie an der Universitätsklinik in Tübingen können sich freiwillig Patienten beteiligen, die mit einer Chemotherapie gegen Krebs behandelt werden und somit über einen längeren Zeitraum in Behandlung sind. Die praktische Umsetzung und wissenschaftliche Begleitung der Studie erfolgt durch Dr. Veit Scheble und Lara Kohn, die zu diesem Thema auch ihre Doktorarbeit schreibt.
Um an der Studie teilzunehmen, erhalten die Patienten ein handelsübliches Fitnessarmband oder einen Ohrsensor. Diese Wearables messen kontinuierlich Vitalparameter wie den Puls und die Körpertemperatur des Trägers. Sie werden über Bluetooth mit der bwHealthApp verbunden, die zuvor auf dem Smartphone des Patienten installiert wurde. Die von den Informatikern entwickelte App empfängt so die Daten des jeweiligen Gerätes und speichert diese auf einen Server an der Hochschule Reutlingen, der speziell gesichert ist. Hierauf kann der behandelnde Arzt zur Auswertung direkt zugreifen. Zusätzlich zu den medizinischen Daten können die Patienten über die bwHealthApp auch regelmäßig Fragebögen zu ihrem jeweiligen Gesundheitszustand ausfüllen oder eigene Anmerkungen und besondere Ereignisse speichern.
Der Vorteil der von den Informatikern entwickelten App liegt vor allem in der Langzeitbeobachtung der Patienten mit alltagstauglichen Geräten. Mit den Daten ist es dem behandelnden Arzt möglich, den Verlauf über Wochen und zwar für jeden Tag zu sehen. Gibt es in den Daten an bestimmten Tagen oder zu einer bestimmten Uhrzeit Auffälligkeiten, zum Beispiel ein ungewöhnlich hoher Puls oder eine leicht erhöhte Körpertemperatur, könnten diese frühzeitig auf eine Änderung des Krankheitsverlaufs hinweisen. In diesem Fall lassen sich gezielte Untersuchungen einleiten, um die Ursachen abzuklären. Die mit der bwHealthApp gewonnenen Daten sind dabei aus medizinischer Sicht nur ein erster Indikator für die individuelle und aktuelle Situation eines Patienten.
Für Christian Thies, der auch am Studiengang Medizinisch-Technische Informatik in Reutlingen lehrt, liegen die Vorteile aber dennoch klar auf der Hand. „Fitnessarmbänder und Smartphones gehören schon heute zum Leben der Menschen dazu. Daher ist die Akzeptanz der Patienten, diese für die eigene medizinische Behandlung zu nutzen, sehr groß. Denn manchmal scheitert der Einsatz einer neuartigen digitalen Unterstützung schon, weil sie zu kompliziert für Patienten ist. Der zweite Vorteil sind die medizinischen Zusatzinformationen für die Ärzte, die sie sonst gar nicht bekommen und bei einer Behandlung ist jede Information hilfreich. Das dritte Argument sind die Kosten. Wir nutzen handelsübliche Geräte und etablierte Technologie. Die sind bezahlbar.“ Wie gut sich dieser Ansatz in den Patienten- und Arztalltag integrieren lässt, was angepasst werden muss, und welche für Patienten nutzbare Information aus den gemessenen Daten gewonnen werden kann, muss systematisch untersucht werden.
Finanziert wird das Projekt durch das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration Baden-Württemberg. Die Vorbereitungen für die jetzt gestartete klinische Studie zur Anwendbarkeit laufen seit Ende 2020 und haben sich durch die Corona Pandemie immer wieder nach hinten verschoben, berichtet Christian Thies. „Ich bin wirklich froh, dass wir nun wirklich am Start sind, auch wenn die Finanzmittel durch die immer neuen Verschiebungen inzwischen knapp geworden sind.“ Und so hat Christian Thies zum Start der Studie gleich auch noch einen Wunsch. „Es wäre schön, wenn wir für das Projekt noch einen Sponsor finden könnten, damit wir die Auswertung der Ergebnisse am Ende mit der notwendigen Zeit und wissenschaftlichen Sorgfalt auch durchführen können.“
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