Neue KI-Methode analysiert Fahrzeug-Flottenverbrauch
Wieviel verbraucht die Fahrzeugflotte eines Landes im Durchschnitt? Wie ändert sich das von Jahr zu Jahr? Mit der zunehmenden Zahl an Elektrofahrzeugen und immer mehr „Crossover“-Modellen, die kaum noch einem Fahrzeugsegment zugeordnet werden können, wird die Analyse immer schwieriger. Eine Empa-Forscherin analysiert Datenbanken mit Hilfe von deep learning Methoden – und kann damit präzise Aussagen treffen: In welcher Landesregion fahren die dicksten Autos? Was können Autokäufer tun, um den CO2-Verbrauch zu senken?
In den letzten Jahrzehnten gab es grosse technische Veränderungen bei Neuwagen. Besonders relevant sind diese in Bezug auf Abmessungen – Autos werden immer grösser und schwerer – und auf den grösseren SUV-Anteil in den einzelnen Fahrzeugsegmenten. Die Einteilung in klassische Segmente wie Klein-, Mittel-, obere Mittel- und Luxusklasse ist kaum noch möglich. Zusammen mit geringeren Hubräumen und besseren Wirkungsgraden der Motoren machen es immer schwerer, Fahrzeuge zu kategorisieren und deshalb auch Flottenverbrauch und -emissionswerte zu berechnen – auch für den Gesetzgeber.
Elektroautos erschweren die Analyse
Die Empa-Forscher haben nun Fahrzeuge anhand von Ähnlichkeitsmerkmalen dank mathematischen Ansätzen und mit Deep-Learning-Techniken in einheitliche Segmente einteilen können – ein wichtiger Durchbruch! Hauptziel des Projekts ist es, eine Voraussetzung zu schaffen, um die zukünftigen realen CO2-Emissionen des Straßenverkehrs auf Basis eines rein mathematischen Ansatzes zu bestimmen. Insbesondere die zunehmende Elektrifizierung wird die Unterscheidung zwischen dem Energieverbrauch im Strassenverkehr und der stationären Energienutzung bald stark erschweren. «Die an der Empa entwickelte Methode ermöglicht es, die CO2-Emissionen separat zu bewerten und durch die Analyse grosser Datenbanken eine genaue automatische Fahrzeugklassifizierung vorzunehmen. Dies erleichtert die Analyse von Flottenveränderungen in einem Land – oder in einem grossen Unternehmen», erläutert Empa-Forscherin Naghmeh Niroomand, die die Methode entwickelte.
Dank der neuen Methode werden subjektive und expertenbasierte Faktoren beseitigt, wodurch Klassifizierungsfehler verringert und Datenbanken aus der ganzen Welt vergleichbar werden. Für die Schweiz konnten Naghmeh Niroomand, Christian Bach und Miriam Elser so durchschnittliche CO2-Emissionen der neuzugelassenen Personenwagen berechnen, die nur um 1,1 Prozent von der offiziellen Schätzung des Bundesamts für Energie (BFE) abwichen.
Anteil der SUV in der Flotte reduzieren
Anhand der untersuchten Daten stellten die Empa-Experten zudem fest, dass in ländlichen Gebieten, in denen etwa ein Drittel der Schweizer Bevölkerung lebt, aufgrund des Mangels an attraktiven Verkehrsalternativen das private Auto nach wie vor das häufigste Verkehrsmittel ist. Darüber hinaus werden trotz der hohen Akzeptanz der öffentlichen Verkehrsmittel in der Schweiz (59 Prozent) immer noch zwei Drittel der gesamten Personenkilometer mit dem Auto zurückgelegt.
«Unsere Ergebnisse zeigen, dass die durchschnittlichen CO2-Emissionen der verschiedenen Fahrzeugklassen stark variieren», hält Niroomand fest. Zwar würden mehr kleinere Fahrzeugen die CO2-Emissionen wahrscheinlich verringern, wichtiger wäre es gemäss der Forscherin jedoch, den SUV-Anteil zu reduzieren oder auch Fahrzeuge mit geringerer Leistung in derselben Fahrzeugklasse zu kaufen. Dies würde eine effektivere Dekarbonisierung der PW-Flotte bewirken.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Dr. Naghmeh Niroomand
Automotive Powertrain Technologies
Tel. +41 58 765 46 80
Naghmeh.Niroomand@empa.ch
Christian Bach
Automotive Powertrain Technologies
Tel. +41 58 765 41 37
Christian.Bach@empa.ch
Originalpublikation:
N Niroomand, C Bach, M Elser; Segment-Based CO₂ Emission Evaluations From Passenger Cars Based on Deep Learning Techniques; IEEE Access (2021), DOI: 10.1109/ACCESS.2021.3135604.
https://doi.org/10.1109/ACCESS.2021.3135604
Weitere Informationen:
Media Contact
Alle Nachrichten aus der Kategorie: Informationstechnologie
Neuerungen und Entwicklungen auf den Gebieten der Informations- und Datenverarbeitung sowie der dafür benötigten Hardware finden Sie hier zusammengefasst.
Unter anderem erhalten Sie Informationen aus den Teilbereichen: IT-Dienstleistungen, IT-Architektur, IT-Management und Telekommunikation.
Neueste Beiträge
Größte bisher bekannte magnetische Anisotropie eines Moleküls gemessen
An der Berliner Synchrotronstrahlungsquelle BESSY II ist es gelungen, die größte magnetische Anisotropie eines einzelnen Moleküls zu bestimmen, die jemals experimentell gemessen wurde. Je größer diese Anisotropie ist, desto besser…
Tsunami-Frühwarnsystem im Indischen Ozean
20 Jahre nach der Tsunami-Katastrophe… Dank des unter Federführung des GFZ von 2005 bis 2008 entwickelten Frühwarnsystems GITEWS ist heute nicht nur der Indische Ozean besser auf solche Naturgefahren vorbereitet….
Resistente Bakterien in der Ostsee
Greifswalder Publikation in npj Clean Water. Ein Forschungsteam des Helmholtz-Instituts für One Health (HIOH) hat die Verbreitung und Eigenschaften von antibiotikaresistenten Bakterien in der Ostsee untersucht. Die Ergebnisse ihrer Arbeit…