Neues innovatives Lotseninformationssystem
Besonders in Seegebieten mit erhöhter Verkehrsdichte sowie in engen Fahrwassern bedarf es, nicht zuletzt wegen einzuhaltender Zeitfenster, eines hohen Grads an Situationsbewusstsein des nautischen Personals auf einem Schiff.
Um die Sicherheit auf See zu erhöhen, werden Revier- und Hafenlotsen verpflichtend involviert, die das Brückenteam bei navigatorischen Entscheidungen unterstützen.
Der Name des Forschungsprojekts „KEI.POP“ ist ein Akronym für Korean European Innovative Portable Pilot Unit. Während der Projektlaufzeit beschäftigten sich die südkoreanischen und deutschen Projektpartner mit der gemeinschaftlichen Erforschung und Entwicklung eines innovativen Lotseninformationssystems.
Das Oldenburger Informatikinstitut OFFIS arbeitete dabei bis zum Projektabschluss im April 2020 eng mit dem südkoreanischen Forschungsinstitut „Korea Research Institute of Ships & Ocean Engineering“ (KRISO) zusammen.
Außerdem bildeten „ETRI“ (Electronics and Telecommunications Research Institute) und San Engineering and Locomotive Co. Ltd. aus Südkorea sowie die deutschen Firmen SevenCs GmbH und in-innovative navigation GmbH in diesem Projekt das Konsortium. KEI.POP wurde vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) im Rahmen des ZIM-Förderprogramms und der EUREKA-Forschungsinitiative gefördert und durchgeführt.
Ein Lotse verwendet heutzutage zur Unterstützung ein tragbares Lotsengerät, die „Portable Pilot Unit“ (PPU), die auf verschiedene Quellen zugreift, um Seekarten sowie wichtige Informationen über das Schiff, den Zielhafen und andere Schiffe per Funkverbindung vor dem Betreten des Schiffs zu empfangen und während der Lotsung angezeigt zu bekommen.
Wie aus Interviews mit Anwender*innen von PPUs hervorging, geben die über die Schiffsbrücke und PPU verfügbaren Informationen mangels breitbandiger Netzabdeckung der Wasserstraßen ein häufig verzögertes Bild der aktuellen Revierlage wieder.
In kritischen Situationen, zum Beispiel bei schlechter Sicht, werde nach guter Seemannschaft und auf Basis der klassischen Sensorsysteme wie Schiffsradar und AIS (Automatic Identification System) sowie mittels der Revierkenntnisse der Lotsen navigiert.
Während AIS-Daten nur ein verzögertes und ungenaues oder zum Teil sogar falsches Bild, zum Beispiel bezüglich der Schiffsabmessungen und des Tiefgangs, liefern, seien Schiffsradare durch Sichtverdeckungen aufgrund anderer Verkehrsteilnehmer in ihrer Nutzung beschränkt, was auf landbasierte Radarbilder in Verkehrszentralen nicht zutreffe.
Diesen Defiziten wirkte das KEI.POP-Projekt entgegen. Ziel des Projekts war es, die maritime Sicherheit zu erhöhen, indem ein neues Unterstützungssystem für Lotsen entwickelt wurde, durch das aktuelle, landbasierte Informationen auch mit niedrigen Datenraten ohne Datenverlust und Verzögerung auf ein Schiff gebracht werden können.
Dies gelingt mittels der Maritime Connectivity Platform (MCP), für die Internettechnologien speziell für maritime Anwendungen standardisiert werden, wodurch die Sicherheit der Schiff-Land-Kommunikation gegenüber etablierter Techniken signifikant gesteigert werden kann.
Die MCP wurde im Rahmen des Projekts für die deutschen und koreanischen PPUs verfügbar gemacht. Den Lotsen und dem nautischen Personal an Bord wird der Zugriff auf aktuelle Lagebilder ermöglicht, welche insbesondere die aktuelle Verkehrssituation, aber in Zukunft auch vorherrschende hydrographische und meteorologische Bedingungen (zum Beispiel Strömungsdaten, Pegelstände, Windgeschwindigkeit und -richtung, Sichtverhältnisse) oder Informationen über die sich anschließende Logistikkette enthalten.
Zu diesem Zweck erweiterte die SevenCs GmbH ihre bereits erprobte und in den kommerziellen Markt integrierte PPU. Die ininnovative navigation GmbH hat indes im Rahmen des Projekts eine Software entwickelt, mit der ein landseitiges Radarbild aus einer Verkehrszentrale während der Lotsung auf eine PPU übertragen werden kann – ohne Datenverlust, in Echtzeit und nach den Standards der MCP. Das viel genauere landseitige Radarbild wird über einen Webservice zur Verfügung gestellt, auf den die PPU zugreift und das Radarbild geschickt als Overlay auf die elektronische Seekarte legt.
OFFIS fungierte in dem Forschungsprojekt als Projektkoordinator und integrierte die Projektergebnisse in das maritime Testfeld eMIR (eMaritime Integrated Reference Platform), um diese mittels simulativer Methoden zu erproben (http://emaritime.de). Als einer der Gründer des internationalen MCP-Konsortiums (https://maritimeconnectivity.net) engagiert sich OFFIS insbesondere in der Konzeptionierung des Identitätsmanagements, über das in der MCP die Absicherung des Zugriffs auf Dienste durch eine sichere Identitätsfeststellung umgesetzt wird.
Dr.-Ing. Sebastian Feuerstack
feuerstack@offis.de
+49 441 9722-509
Prof. Dr.-Ing. Axel Hahn
hahn@offis.de
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