Quanteninternet nimmt Gestalt an

In einem nichtlinearen Kristall wird die Wellenlänge des Photons so verändert, dass es über herkömmliche Glasfaserleitungen gesendet werden kann. IQOQI Innsbruck/Harald Ritsch

Das Quanteninternet verspricht absolut abhörsichere Kommunikation und leistungsstarke verteilte Sensornetzwerke für Forschung und Technologie. Weil Quanteninformation nicht kopiert werden kann, ist eine Informationsübertrag über ein klassisches Netzwerk aber nicht möglich.

Die Quanteninformation muss mittels Quantenteilchen übertragen werden, und dafür braucht es spezielle Schnittstellen. An diesen wichtigen Knotenpunkten eines zukünftigen Quanteninternets forscht der Innsbrucker Experimentalphysiker Ben Lanyon, der für seine Forschungen 2015 mit dem österreichischen START-Preis ausgezeichnet wurde.

Nun ist seinem Team am Institut für Experimentalphysik der Universität Innsbruck und am Institut für Quantenoptik und Quanteninformation der Österreichischen Akademie der Wissenschaften ein Rekord für die Übertragung von Quantenverschränkung zwischen Materie und Licht gelungen. Erstmals konnte über Glasfaserkabel eine Distanz von 50 Kilometern überwunden werden.

„Das ist um zwei Größenordnungen weiter als es bisher möglich war und eine praktikable Distanz für den Bau von regionalen Quantennetzwerken“, freut sich Ben Lanyon.

Licht für Übertragung umgewandelt

Lanyons Team nutzte ein in einer Ionenfalle gefangenes Kalziumatom als Ausgangspunkt für das Experiment. Mit Laserstrahlen schreiben die Forscher einen Quantenzustand in das Ion ein und regen es gleichzeitig zur Aussendung eines Photons an, in dessen Polarisation Quanteninformation gespeichert ist. Die Quantenzustände des Atoms und des Lichtteilchens werden dabei verschränkt.

Die Herausforderung besteht nun darin, das Photon durch Glasfaserkabel zu übertragen. „Denn das vom Kalziumion emittierte Photon besitzt eine Wellenlänge von 854 Nanometern und wird vom Glasfaserkabel sehr rasch absorbiert“, erklärt Ben Lanyon.

Sein Team schickt deshalb das Lichtteilchen zunächst durch einen nichtlinearen Kristall, der mit einem starken Laser angestrahlt wird. Dabei wird die Wellenlänge des Photons auf den optimalen Wert für lange Strecken umgewandelt: die aktuelle Standardwellenlänge des Telekommunikationsnetzes von 1550 Nanometern. So schicken die Innsbrucker Forscher das Photon durch eine 50 Kilometer lange Glasfaserleitung. Messungen zeigen, dass Atom und Lichtteilchen auch nach der Wellenlängenänderung und der langen Reise noch verschränkt sind.

Noch größere Distanzen im Blick

Als nächsten Schritt zeigen Ben Lanyon und sein Team, dass ihre Methode dazu geeignet ist, Ionen über eine Distanz von 100 und mehr Kilometern zu verschränken. Zwei Knoten senden ein verschränktes Photon über eine Distanz von 50 Kilometern zu einer Zwischenstation, wo die Lichtteilchen so vermessen werden, dass sie ihre Verschränkung mit den Ionen verlieren, wodurch diese wiederum miteinander verschränkt würden.

Da nun ein 100 Kilometer langer Abstand zwischen den Schnittstellen möglich ist, wäre es vorstellbar in den kommenden Jahren das weltweit erste Intercity-Licht-Materie-Quantennetzwerk zu bauen: Nur eine Handvoll Ionenfallensysteme würden benötigt, um beispielsweise ein Quanteninternet zwischen Innsbruck und Wien aufzubauen.

Lanyons Team ist Teil der Quantum Internet Alliance, einem internationalen Projekt im Rahmen des Quantum Flagship der Europäischen Union. Die aktuellen Ergebnisse wurde im Nature Fachmagazin Quantum Information veröffentlicht. Finanziell unterstützt wurden die Forschungen unter anderem durch den österreichischen Wissenschaftsfonds FWF und die Europäische Union.

Ben Lanyon
Institut für Experimentalphysik
Universität Innsbruck
Telefon: +43 512 507 4724
E-Mail: ben.lanyon@uibk.ac.at
Web: https://quantumoptics.at/

Light-matter entanglement over 50 km of optical fibre. V. Krutyanskiy , M. Meraner, J. Schupp, V. Krcmarsky, H. Hainzer and B. P. Lanyon. npj Quantum Information 2019 DOI: https://doi.org/10.1038/s41534-019-0186-3 (Open Access)

Media Contact

Dr. Christian Flatz Universität Innsbruck

Weitere Informationen:

http://www.uibk.ac.at

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