Roboter-Teams für den Mond

Bei Feldtests im US-Bundesstaat Utah wurden die Weltraum-Explorationssysteme SherpaTT (vorne) und Coyote III (hinten) in einer Mars-ähnlichen Umgebung getestest.
DFKI GmbH, Foto: Florian Cordes

DFKI startet EU-Projekt zur Erkundung von Lava-Höhlen durch kooperierende autonome Rover.

Wasser, Schutz, stabile Temperaturen: Die Lava-Höhlen auf dem Mond sind von großem Interesse, wenn es um geeignete Orte für langfristige lunare Missionen geht. Um ihr Potential für die Raumfahrt zu untersuchen, sollen zukünftig Teams aus Robotern in die Höhlen vordringen. Ein europäisches Konsortium unter der Leitung des DFKI erforscht im Projekt „CoRob-X“, wie ein Team aus mehreren Robotern sich weitestgehend autonom abseilen und die Tunnel erforschen kann. Das Ziel ist ein Feldtest auf den Kanaren, bei dem die Systeme gemeinsam eine Lava-Höhle untersuchen und die neuen Technologien aus der europäischen Weltraumforschung einsetzen. Die EU fördert das Projekt mit rund drei Millionen Euro.

Teamwork zahlt sich aus. Diese Erkenntnis gilt auch in der Welt der Robotik: Während aktuelle Weltraummissionen noch auf Einzelgänger wie den NASA-Rover Perseverance setzen, sollen zukünftig Teams aus autonomen Robotern die Oberflächen von Mond und Mars erkunden – und auch in den Untergrund vordringen. Denn gerade extreme Umgebungen wie die Krater oder Lava-Höhlen des Mondes sind für langfristige Missionen von Interesse – sie können beispielsweise vor Strahlung, Meteoriten und Temperaturschwankungen schützen und Wassereis als Ressource bieten. Bevor sich jedoch eine bemannte Mission in die Tiefen des Trabanten lohnt, sollen diese vielversprechenden Orte durch autonome Roboter untersucht werden. Die Frage lautet nur: Wie kommen die Systeme in solche Lava-Höhlen hinein, und wie wieder hinaus?

Die Lösung bietet ein Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI), der zu einem immer wichtigeren Bestandteil in der Planung zukünftiger Raumfahrtmissionen wird: Die kollaborative autonome Robotik. Die Exploration durch intelligente Roboter spart im Vergleich zu bemannten Flügen nicht nur Aufwand und Kosten, sondern ebenso Risiken für den Menschen. Die Fähigkeit zur Kooperation und zur Entscheidungsfindung ist dabei der entscheidende Vorteil, um auch komplexe Missionsszenarien wie die Erkundung von Höhlen umzusetzen. Aus diesem Grund finanziert die Europäische Kommission im Rahmen des Förderprogramms Horizon 2020 die Erforschung kooperativer Roboter für extreme Umgebungen. Das Projekt „CoRob-X“, koordiniert vom Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI), zielt darauf ab, ein solches Szenario in einer analogen Mission auf der Erde umzusetzen, und wird hierfür über zwei Jahre hinweg mit rund drei Millionen Euro gefördert.

Drei Roboter, ein Team

Die Visualisierung zeigt das Missionsszenario am Skylight einer Lava-Höhle auf dem Mond mit den drei Robotersystemen SherpaTT (oben links), Coyote III (unten links) und LUVMI (rechts).
DFKI GmbH, Grafik: Finn Lichtenberg

Hinter dem Langtitel „Cooperative Robots for Extreme Environments” verbirgt sich eines der Abschlussvorhaben des Strategic Research Clusters (SRC) „Space Robotics Technologies“, das mehrere Forschungsprojekte für die europäische Raumfahrt umfasst, die im Rahmen des H2020-Proramms finanziert wurden. Der Fokus des Projekts „CoRob-X“, das am 1. März 2021 offiziell gestartet ist, liegt entsprechend auf dem Testen und Validieren der Technologien, die im SRC entwickelt wurden und bei europäischen Raumfahrtmissionen zum Einsatz kommen sollen. Die Erkundung von Lava-Höhlen ist dabei ein realitätsnahes Szenario, da diese Höhlen auf dem Mond einen Schlüssel für langfristige Missionen oder gar menschliche Habitate darstellen. Aus diesem Grund zielt „CoRob-X“ darauf ab, in einem Feldtest auf den Kanaren eine solche Erkundung durch drei autonome Robotersysteme durchzuführen und ihre Machbarkeit mithilfe der SRC-Technologien zu beweisen.

Zum Einsatz kommen dabei zwei Systeme des Robotics Innovation Center (RIC) vom DFKI in Bremen sowie ein Roboter des belgischen Unternehmens Space Applications Services NV/SA. Anders als jene Rover, die bereits im Weltall zum Einsatz kommen, können diese Systeme dank Künstlicher Intelligenz eigene Entscheidungen treffen, was gegenüber der Fernsteuerung durch den Menschen auf der Erde viele Vorteile bringt: Autonome Weltraumroboter können unmittelbar auf ihre Umwelt reagieren, neue Daten in ihre Missionsplanung aufnehmen und Fehler schneller ausgleichen. Die Arbeit im Team ist schließlich entscheidend, um auch eine extreme Umgebung wie eine Lava-Höhle untersuchen zu können – ob auf dem Mond oder den vulkanisch geprägten Kanaren.

Abseilen, explorieren, Sensordaten übermitteln

Hierzu soll ein autonomer Explorationsroboter in solch eine Höhle hinabgelassen und wieder heraufbefördert werden. Das Szenario sieht vor, dass die drei autonomen Rover – SherpaTT und Coyote vom DFKI sowie Roboter LUVMI von Space Applications Services aus Belgien – gemeinsam den Eingang einer Höhle untersuchen und durch einen Sensorwürfel, den LUVMI in das sogenannte „Skylight“ wirft, erste Informationen sammeln und austauschen. Mithilfe dieser Daten ermitteln die Systeme eine geeignete Stelle, an der der robuste Rover SherpaTT mithilfe eines Seilzugs den kompakten Coyote hinablassen kann. Am Boden angekommen, entkoppelt sich der wendige Roboter vom Seil- und Dockingmechanismus, erkundet die Höhle und kehrt anschließend zur Dockingstation zurück, um die Daten zu übermitteln und von SherpaTT hinaufbefördert zu werden.

Der Feldtest für die Validierung der SRC-Technologien ist für Anfang 2023 geplant. Bis dahin gilt es, die Missionsdetails und -anforderungen zu definieren, die Technologien auf den Systemen zu implementieren und etwaige Sicherheitsfragen zu berücksichtigen. Parallel führen das Unternehmen GMV Aerospace and Defence SA und die Stiftung Santa Bárbara einen weiteren Feldtest in einem Bergwerk in Nordspanien durch, bei dem dieselben Technologien zum Erkunden von Schächten erprobt werden. Hierzu werden ein Rover und eine Drohne des spanischen GMV eingesetzt. Zu den weiteren Partnern des Projekts „CoRob-X“, das über einen Zeitraum von 24 Monaten unter der Grant-Nummer 101004130 mit insgesamt 3.006.912,50 Euro gefördert wird, gehören das Laboratoire Atmosphères, Milieux Observations Spatiales (LATMOS) und Magellium SAS aus Frankreich, die Universität von Malaga, Sintef AS aus Norwegen sowie die Airbus Defence and Space GmbH aus Deutschland.

Bildmaterial:
Unter https://cloud.dfki.de/owncloud/index.php/s/XLacAmcFcNtQjpn stehen Ihnen Pressebilder zum Download zur Verfügung. Dieses können Sie mit Nennung der hinterlegten Quellenangaben im Kontext der Berichterstattung über das Projekt CoRob-X gerne verwenden.

Projektkoordination:
Dr. Thomas Vögele
Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz GmbH (DFKI)
Robotics Innovation Center
E-Mail: thomas.voegele@dfki.de
Tel.: 0421 17845 4130

Wissenschaftlicher Kontakt:
Dr. Alexander Dettmann
Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz GmbH (DFKI)
Robotics Innovation Center
E-Mail: Alexander.Dettmann@dfki.de
Tel.: 0421 17845 6555

DFKI-Pressekontakt:
Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz GmbH (DFKI)
Team Unternehmenskommunikation Bremen
E-Mail: uk-hb@dfki.de
Tel.: 0421 178 45 4051

http://www.dfki.de

Media Contact

Jens Peter Kückens DFKI Bremen
Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz GmbH, DFKI

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Informationstechnologie

Neuerungen und Entwicklungen auf den Gebieten der Informations- und Datenverarbeitung sowie der dafür benötigten Hardware finden Sie hier zusammengefasst.

Unter anderem erhalten Sie Informationen aus den Teilbereichen: IT-Dienstleistungen, IT-Architektur, IT-Management und Telekommunikation.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Spitzenforschung in der Bioprozesstechnik

Das IMC Krems University of Applied Sciences (IMC Krems) hat sich im Bereich Bioprocess Engineering (Bioprozess- oder Prozesstechnik) als Institution mit herausragender Expertise im Bereich Fermentationstechnologie etabliert. Unter der Leitung…

Datensammler am Meeresgrund

Neuer Messknoten vor Boknis Eck wurde heute installiert. In der Eckernförder Bucht, knapp zwei Kilometer vor der Küste, befindet sich eine der ältesten marinen Zeitserienstationen weltweit: Boknis Eck. Seit 1957…

Rotorblätter für Mega-Windkraftanlagen optimiert

Ein internationales Forschungsteam an der Fachhochschule (FH) Kiel hat die aerodynamischen Profile von Rotorblättern von Mega-Windkraftanlagen optimiert. Hierfür analysierte das Team den Übergangsbereich von Rotorblättern direkt an der Rotornabe, der…