Sensorfolie für die Luft- und Raumfahrt
Mit einer Sensorfolie überwachen, wie gut Luft- und Raumfahrzeuge die mechanischen Belastungen des Flugs aushalten: Für diese Idee haben Würzburger Forscher einen Preis bekommen, der mit viel Geld verbunden ist.
Die Freude ist groß am Lehrstuhl für Informationstechnik für Luft- und Raumfahrt: Alexander Hilgarth und Professor Sergio Montenegro waren im internationalen Wettbewerb INNOspace Masters erfolgreich.
Sie gewannen einen zweiten Preis mit ihrer Idee für eine Sensorfolie, mit der die Bauteile von Luft- und Raumfahrzeugen beklebt und während des Flugs überwacht werden können. Die Auszeichnung ist mit einer Fördersumme von bis zu 400.000 Euro verknüpft.
Mit dem Geld wollen die beiden Forscher der Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg die Sensorfolie nun für eine erste Anwendung reif machen. Dass ihre Idee grundsätzlich funktioniert, haben sie in Vorstudien gezeigt. Die Folgearbeiten starten im Spätherbst 2021. Nach zwei Jahren sollen sie abgeschlossen sein.
Was bringt eine derartige Folie?
Die Sensorfolie kann letzten Endes den Wartungsaufwand in der Luft- und Raumfahrt verkleinern und die Wiederverwendbarkeit von Raumfahrzeugen wahrscheinlicher machen, erklärt Elektrotechniker Hilgarth: „Nur die Wiederverwendbarkeit von Trägersystemen und Bauteilen stellt die Wirtschaftlichkeit sicher, um Raumfahrt im Sinne des ‚New Space‘ betreiben zu können. Die mögliche Kostenersparnis wird aber derzeit noch durch einen hohen Wartungsaufwand begrenzt.“
Das Schlagwort „New Space“ beschreibt den Trend, dass auch private Unternehmen Raumfahrtaktivitäten entfalten. Zum Beispiel die Firma SpaceX des amerikanischen Unternehmers Elon Musk. Sie hat Ende 2020 im Auftrag der NASA mit einer Raumkapsel Astronauten erst zur internationalen Raumstation ISS und Monate später zur Erde zurückgebracht.
Außerdem kann die Sensorfolie Materialfehler aufdecken, die nur unter mechanischer Belastung auftreten, bei Kontrollen im Hangar aber verborgen bleiben. „Ein Beispiel dafür sind Risse, deren Bruchkanten sich im unbelasteten Zustand wieder perfekt ineinanderfügen“, sagt Hilgarth. Solche Fehler wurden zum Beispiel in Verbundmaterialien aus Kunststoffen beobachtet.
Folie verschaltet ein drahtloses Sensornetzwerk
Aktuell ist es nicht praktikabel, Luft- und Raumfahrzeuge im Flug mit einer umfassenden Installation von Messsonden zu überwachen. „Dafür ist die herkömmliche Messtechnik zu groß und zu schwer“, erklärt der JMU-Elektrotechniker. Mit der Sensorfolie TOMOPLEX („Tomographischer Plexus“) aus Würzburg könnte sich das ändern: Sie soll eine kontinuierliche Echtzeitüberwachung ermöglichen.
In der Folie kommen tomographische Messverfahren zum Einsatz, die in der Luft- und Raumfahrt bislang nicht üblich sind. Die Folie funktioniert dabei als Schaltungsträger für ein drahtloses Sensornetzwerk. Den JMU-Forschern zufolge ist sie platzsparend und flexibel. Sie könne auch an schwer zugänglichen Stellen von Luft- und Raumfahrzeugen angebracht werden.
Fakten zum Wettbewerb
Der INNOspace-Masters-Wettbewerb stand diesmal unter dem Motto „Innovationen für nachhaltige Infrastrukturen – im Weltall und auf der Erde“. Er richtete sich an kleinere Unternehmen, Start-ups, Universitäten und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen aus aller Welt. Insgesamt haben 330 Teams aus 23 Ländern 126 Ideen eingereicht. In fünf Kategorien wurden am Ende insgesamt 15 Ideen ausgezeichnet. Die Preise wurden am 29. Juli 2021 bei einer Online-Konferenz verliehen.
Der Wettbewerb fand zum sechsten Mal statt. Veranstalter ist die Deutsche Raumfahrtagentur im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie. Der Wettbewerb ist Teil der Initiative INNOspace, die seit 2013 Innovationen und Technologietransfers zwischen Raumfahrt und raumfahrtfremden Industriezweigen fördert.
Erfolg schon zum zweiten Mal
Das Team von Sergio Montenegro war in der INNOspace-Masters-Challenge schon einmal erfolgreich: 2016 holte es den ersten Platz im Gesamtwettbewerb – mit einer Idee für einen drahtlosen Kleinsatelliten SKITH (Skip the Harness). Daraus entstand das Projekt INNOcube, bei dem Montenegros Team gemeinsam mit der TU Braunschweig daran arbeitet, einen drahtlosen Kleinsatelliten in den Orbit zu bringen. Der Start ist für 2023 geplant.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Dipl.-Ing. Alexander Hilgarth, Lehrstuhl für Informatik VIII (Informationstechnik für Luft- und Raumfahrt), Universität Würzburg, T +49 931 31-83924, alexander.hilgarth@uni-wuerzburg.de
Prof. Dr. Sergio Montenegro, Leiter des Lehrstuhls für Informatik VIII (Informationstechnik für Luft- und Raumfahrt), Universität Würzburg, sergio.montenegro@uni-wuerzburg.de
Weitere Informationen:
https://innospace-masters.de/tomoplex-a-sensor-film-to-monitor-structures-during… Pressemitteilung des DLR zum Wettbewerb
https://www.informatik.uni-wuerzburg.de/aerospaceinfo/wissenschaft-forschung/tom… Infos zu TOMOPLEX auf den Webseiten des JMU-Lehrstuhls
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