Smart Wireless Solutions: EU-Großprojekt „DEWI“ liefert Innovationen für eine drahtlose Zukunft
Was vor wenigen Jahren noch nach Science-Fiction geklungen hätte, ist in seinem Ansatz bereits Wirklichkeit und wird in Zukunft selbstverständlicher Teil unseres Lebens sein. Drahtlose Systeme, die in Gebäude, Maschinen, Autos, Eisenbahnen und Flugzeuge eingebettet sind, verändern und verbessern maßgeblich unseren Alltag.
DEWI: Zuverlässige eingebettete drahtlose Infrastruktur
Die Grundidee von DEWI ist es, ein zuverlässiges, intelligentes und vernetztes Umfeld als Unterstützung für den Menschen zu schaffen, sei es im privaten oder beruflichen Alltag. Unsere Welt ist mit Sensoren, Aktuatoren, Bedienelementen, Displays und computerbasierten Elementen ausgestattet. All diese Elemente sind in ihrer Funktion eng miteinander verknüpft und in ganz gewöhnliche Alltagsobjekte integriert. Viele zurzeit existierende drahtlose Lösungen sind jedoch noch nicht soweit ausgereift, dass sie drahtgebundene Lösungen am Markt ersetzen könnten. Deshalb fokussiert sich DEWI maßgeblich auf Industrie- und Nutzerbedürfnisse.
Mehr als 500 Forscherinnen und Forscher entwickelten in den vergangenen 36 Monaten drahtlose Sensornetzwerke und Applikationen für den professionellen und privaten Nutzer. Im Rahmen der Projektabschlusskonferenz und eines Tags der Offenen Tür stellten die Forschungspartner nun in Graz Innovationen und konkrete Anwendungen aus mehr als 20 industrie-getriebenen Anwendungsfällen in den Bereichen Automotive, Eisenbahn, Luftfahrt und Gebäudetechnologie/Infrastruktur vor.
Neue Anwendungen: Von Straße und Schiene bis in den Weltraum
Ein modernes Auto umfasst etwa 70 bis 80 elektronische Steuergeräte. Im Rahmen von DEWI wurden nun Strategien und Lösungen erarbeitet, die ein drahtloses Software-Update derartiger Steuergeräte innerhalb und auch außerhalb von Werkstätten, z.B. beim Parken, ermöglichen, robust gegen die Fehlerquellen drahtloser Übermittelung (z.B. schlechter Empfang, Attacken auf die Sicherheit) sind und dabei ohne Eingreifen des Fahrzeughalters funktionieren.
Hinzu kommt, dass insbesondere bei LKW derzeit bis zu 100 kg Verkabelung notwendig sind, was zu erhöhtem Gewicht, höherem Treibstoffverbrauch und nicht zuletzt einer geringeren Flexibilität führt. Im Rahmen von DEWI wurde hier eine entsprechende Plattform entwickelt, um Sensoren oder Aktuatoren drahtlos integrieren zu können.
Automatisch festzustellen, wie Eisenbahnzüge (Lokomotive, Güterwagen, …) zusammengesetzt sind, war bislang oftmals relativ schwierig. Das ist nun dank DEWI mit unabhängig voneinander an den einzelnen Wagen installierten drahtlosen Sensoren – im Gegensatz zu drahtgebundenen Lösungen – wesentlich einfacher. Diese Sensoren „reden“ miteinander und erstellen automatisch detaillierte statische (Gesamtlänge, Anzahl der Achsen, Gewicht, …), aber auch sicherheitsrelevante, dynamische Informationen (Bremsverhalten, …) des Zuges für den Zugbetreiber zur Verfügung.
Die EU ist weltweiter Marktführer im Bereich der Zivilluftfahrt. Die Industrie wächst rasch und erhofft sich große Vorteile aus der Nutzung drahtloser Technologien. Besonders gravierend sind diese beim Flug ins All: Das Telemetriesystem einer Weltraumrakete umfasst zur Übertragung von Messwerten zwischen 600 und 800 Sensoren und tausende Kabel, die über die Rakete verteilt sind.
70% des Gewichts der Avionik, d.h. aller elektrischen und elektronischen Geräte an Bord, machen Kabel aus. Im Rahmen von DEWI wurde eine Forschungsrakete erstmalig mit einer umfassenden drahtlosen System ausgestattet, womit nun massiv Gewicht eingespart, der Treibstoffverbrauch signifikant reduziert und letztendlich die Nutzlast deutlich erhöht werden konnte. Zugleich bietet DEWI auch Lösungsansätze für höhere Zuverlässigkeit gegen elektromagnetische Störungen sowie ausfallssichere Datenübertragung.
Ein weiteres Anwendungsbeispiel für drahtlose Sensornetzwerke ist die Gebäudetechnik. Für die Gebäudesicherheit werden in DEWI beispielsweise Informationen aus verschiedensten Datenquellen in einem Gebäudekomplex erfasst, analysiert und verdichtet, um ein optimales Lagebild insbesondere für sicherheitskritische Situationen (chemische Unfälle, Brand, etc.) wiederzugeben. Für schwerwiegende Krisenfälle – wie beispielsweise terroristische Attacken – kommen neben der Gesichtserkennungsmethoden auch Drohnenschwärme zum Einsatz.
Des Weiteren wurden in DEWI innovative Algorithmen für umfangreiche drahtlose Netzwerke mit vielen hundert bis tausend Lichtpunkten erarbeitet, um diese zentral steuern sowie zuverlässig und energiesparend betreiben zu können.
Überzeugende Projektergebnisse
Dr. Jost Bernasch – Geschäftsführer / VIRTUAL VEHICLE Research Center:
„DEWI ist das bis jetzt größte EU-Projekt in der Geschichte des VIRTUAL VEHICLE, welches verantwortlich durch uns von Graz aus gesteuert wird. Als Gesamtkoordinator dieses 40 Mio. Euro großen Projektes sind wir der zentrale Knotenpunkt eines internationalen Netzwerkes bestehend aus 58 Industrie- und Forschungspartnern. Dieser Erfolg bestätigt die gute Arbeit der letzten Jahre und das hervorragende Renommee des Forschungszentrums und seiner Mitarbeiter.“
Dr. Werner Rom, DEWI Projektkoordinator / VIRTUAL VEHICLE Research Center:
„Die vorliegenden Projektergebnisse haben unsere hohen Erwartungen weit übertroffen. Wir konnten die großen Vorteile intelligenter drahtloser Systeme anhand einer Vielzahl konkreter Demonstratoren zeigen: Geringeres Gewicht, einfache und kostengünstige System-Updates, erhöhte Flexibilität und Re-Konfigurierbarkeit oder reduzierte Installationskosten sind nur ein paar Beispiele dafür. In allen Anwendungen konnten wir zudem eine wesentlich höhere Zuverlässigkeit und Betriebssicherheit realisieren, was ein Schlüssel für die Akzeptanz drahtloser Systeme am Markt ist. Die DEWI-Lösungen bieten den Anwenderinnen und Anwendern mehr Möglichkeiten zu individueller Kontrolle und Mitgestaltung, sie sind ein wesentlicher Schritt um das Alltags- und Berufsleben stressfreier, einfacher und effizienter zu machen.“ Und weiter: „Aber dennoch gibt es noch viel zu tun: Das bald startende, ebenfalls vom VIRTUAL VEHICLE geleitete Folgeprojekt SCOTT fokussiert dabei insbesondere auf Cyber-Security, Datenschutz und gesteigertes Vertrauen in Drahtlos-Lösungen, um die „Last mile to the market“ zu überwinden und eine breite Anwendung sicherzustellen.“
Statements der internationalen Projektpartner:
Michael Jerne, External Relations, NXP:
„Das DEWI-Projekt mit seinen herausfordernden Anwendungsfällen war für NXP eine großartige Chance, neue Technologien im Bereich sicherer Kommunikation und Lokalisierung weiterzuentwickeln und zu evaluieren. Die perfekte Kombination unseres Unternehmensziels ‚Secure Connections for a Smarter World‘ mit dem Fokus von DEWI, einer zuverlässigen, eingebetteten und drahtlosen Infrastruktur, hat – in Verbindung mit einer professionellen Projektleitung und der effizienten Kooperation hoch qualifizierter Partner entlang der gesamten Wertschöpfungskette – das Projekt DEWI aus unserer Sicht zu einem großen Erfolg gemacht. Wir freuen uns darauf die Ergebnisse von DEWI zeitnah in neue Anwendungen im Automobilsektor aber auch in anderen Bereiche einfließen lassen zu können, in denen sichere drahtlose Lösungen die Effizienz oder die Nutzerfreundlichkeit für den Endkunden erhöhen.“
Peter Priller, ITS Research and Technology, AVL List GmbH:
„Die europäische Fahrzeugindustrie sichert über 12 Millionen Arbeitsplätze und trägt mit einer Steuerleistung von über 400 Milliarden Euro pro Jahr wesentlich zu Europas Wohlstand und Wachstum bei. Daher waren das Interesse und die Beteiligung der Autohersteller und Zulieferer an DEWI enorm. DEWI ermöglichte erstmals den Zusammenschluss eines derart großen Konsortiums, um im Bereich drahtloser eingebetteter Systeme zu forschen. Das von VIRTUAL VEHICLE geführte Projekt vereinte dabei europäische Spitzenuniversitäten und Forschungszentren, hoch innovative Kleinunternehmen und Industriemarktführer. Das Ergebnis ist eine Fülle an neuem Wissen, neuen Technologien und Anwendungsideen. Schon in naher Zukunft werden diese in innovativen Produkten für drahtlose und zuverlässige Systeme zur nachhaltigen, sicheren Mobilität beitragen.“ Und weiter: „Die Vielzahl erfolgreicher Forschungsergebnisse im Bereich ‚Automotive‘ belegen das große Engagement: Neu entwickelte Sensorsysteme bieten zum Beispiel eine wesentlich verbesserte Absicherung im Entwicklungs- und Produktionsprozess von Antriebsstrang und Gesamtfahrzeug. Autonome, smarte Sensoren erleichtern den Entwicklern und der Qualitätssicherung eine flexible und rasche Instrumentierung, wie wir an AVL-Prüfständen zeigen konnten.“
Dhasarathy Parthasarathy, Principal Research Engineer, Volvo Trucks:
“In modernen LKWs sind hunderte Meter unterschiedlicher Kabel verbaut. Je nach Größe des LKWs können durch das Ersetzen von Kabeln durch kabellose Systeme bei einer Jahresproduktion von rund 100.000 Fahrzeugen rund 5.000 Kilometer Verkabelung eingespart werden – das sind gesamt rund 18 Tonnen Kupfer und 33 Tonnen Kunststoffe. Drahtlose Sensornetzwerke erleichtern den Einbau in den Fertigungslinien, eliminieren mechanische Fehlerquellen und sind einfacher zu warten. Zusammenfassend können wir sagen: Die Verwendung von kabellosen Netzwerken erhöht wesentlich die Qualität des elektrischen Systems.“
Prof. Dirk Pesch, Head of the Nimbus Centre for Embedded Systems Research, Cork Institute of Technology:
“Gemeinsam mit dem irischen KMU EpiSensor, mit Philips Lighting und der Technischen Universität Eindhoven lag unser Forschungsschwerpunkt im Rahmen des Projektes DEWI auf zuverlässigen drahtlosen Netzwerken für die Steuerung von Lichtsystemen. Eines der wesentlichen Ergebnisse ist die Entwicklung einer innovativen, robusten, skalierbaren und zuverlässigen Protokollfamilie für die Interaktion von Endgeräten in drahtlosen Lichtsteuerungs-Netzwerken.“
Dr. Willem van Driel, Research Director, Philips Lighting:
“Die rasch zunehmende Digitalisierung und Konnektivität von Lichtsystemen ist für unsere Industrie von wesentlicher Bedeutung. Intelligente Vernetzung mit unterschiedlichsten technischen Umgebungen, Nutzern und Anforderungen geht dabei Hand in Hand mit dem energiesparender Drahtlosnetzwerk- und LED-Technologie. Dank der gemeinsamen Forschung mit den DEWI-Partnern konnten wir die Leistungsfähigkeit unserer Lichtsysteme wesentlich erhöhen. Weiteres Ergebnis des Projektes DEWI sind ein zuverlässiges Prognosemodell für die Produktentwicklung sowie die Entwicklung einer drahtlosen Vernetzung komplexer Lichtsysteme in professionellen Anwendungsbereichen wie z.B. öffentlichen Gebäuden. Die Forschungsergebnisse aus DEWI konnten rasch und effizient in neue Entwicklungen und Anwendungen übernommen werden. Die Zusammenarbeit mit dem VIRTUAL VEHICLE als Projektkoordinator sowie allen Projektpartnern war äußerst zufriedenstellend. Daher haben wir uns entschieden, auch an SCOTT, einem weiterführenden großen Forschungsprojekt, teilzunehmen.“
Rafael C. Socorro Hernández, Technology & Innovation, ACCIONA Construcción S.A.
“Der U-Bahn-Bau erfordert den präzisen und effektiven Ressourceneinsatz im Tunnel (Arbeiter, Baumaterialien, Werkzeuge, etc.) sowie sämtlicher Spezialmaschinen, um dem vorrangigen Ziel optimierter Effizienz und Sicherheit bestmöglich zu entsprechen. Im Rahmen von DEWI konnten wir erfolgreich einen drahtlosen Prototyp für das Management von Transportzügen im Baustellenbereich entwickeln, um Unfälle und Katastrophen während des Baus und der Wartungsarbeiten in großen U-Bahnbereichen zu verhindern. Erreicht wird dies durch die exakte Erfassung detaillierter physikalischer Parameter von Lastzügen und deren Ladung.“
Impulse für Österreich
Das Projekt DEWI unterstreicht einmal mehr die Vorreiterrolle von Österreich und insbesondere der Steiermark mit ihrer Hauptstadt Graz in Sachen Innovation. Durch die enge Zusammenarbeit mit führenden internationalen Einrichtungen und Unternehmen – wie beispielsweise Volvo, Siemens, Valeo, Philips, Indra, Airbus, Thales, u.v.m. – stärken die Partner VIRTUAL VEHICLE, AVL und NXP nachhaltig ihre Position in der europäischen Forschungs- und Technologielandschaft.
http://www.dewiproject.eu/ – Website DEWI
http://www.v2c2.at/ – Website VIRTUAL VEHICLE
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