Virtueller Blindenstock hilft bei der Orientierung
Das Konsortium machte sich zunächst daran, das technisch Machbare zu entwickeln. So bauten sie unterschiedliche Radarsysteme, die von rotierenden 360-Grad-Sensoren über spezielle Antennen, welche das Gesichtsfeld des Nutzers erfassen, bis hin zu gerichteten Sensoren reichten, die die Entfernung eines Fokuspunkts messen.
Auch für die Audioausgabe der Umgebung griffen die Forscherinnen und Forscher in die Trickkiste: Beispielsweise analysierte das System die Geräuschumgebung und blendete dann die Hindernisse aus, die selbst Töne von sich geben.
Akkurat in die akustische Umgebung eingliedern
„Akustisch aktive Hindernisse, wie etwa ein sprechender Mensch, sollte das System nicht als Hindernis begreifen, da der Nutzer sie ja ohnehin schon wahrnimmt“, erläutert Prof. Dr. Rainer Martin vom Lehrstuhl für Kommunikationsakustik der RUB. Durch Vermessungen des individuellen Hörvermögens von Nutzern wurde die räumliche Ortung von Quellen weiter verbessert.
„Damit wollten wir erreichen, dass sich die Vertonung von realen Hindernissen beziehungsweise Navigationshinweisen möglichst akkurat in die natürliche akustische Wahrnehmung der Nutzer eingliedert“, so Prof. Dr. Gerald Enzner aus der RUB-Kommunikationsakustik.
Je intuitiver desto beliebter
Das Forscherteam entwickelte für das Projekt unterschiedliche Sensoren und Systeme und testete sie gemeinsam mit Betroffenen. „Das Erstaunliche war, dass es vor allem die einfachen, intuitiven Systeme waren, die das positivste Nutzer-Feedback ergaben“, berichtet Prof. Dr. Nils Pohl, Inhaber des Lehrstuhls für Integrierte Systeme der RUB.
Das wiederum interessierte die am Projekt beteiligten Firmen Kampmann Hörsysteme und „Sensorbasierte Neuronal Adaptive Prothetik“, kurz Snap, besonders. Ihre Aufgabe war es, die Systeme mit Betroffenen zu testen sowie Hörgeräte zur Audioausgabe zu integrieren. Dabei hat sich vor allem ein System positiv hervorgetan: Ein relativ einfaches Sensorsystem, das man wie eine Taschenlampe in eine Richtung halten kann, um die Entfernung zum nächsten Hindernis als Ton ausgegeben zu bekommen. „In Verbindung mit der Audioausgabe über Hörgeräte ergibt sich damit ein intuitiv zu bedienender virtueller Blindenstock, der in größerer Reichweite funktioniert“, erläutert Dr. Corinna Weber von der Firma Snap.
Großes Vermarktungspotenzial
Die Mitglieder des Konsortiums sind sicher, dass die Ergebnisse von Ravis-3D ein großes Vermarktungspotenzial haben. „Ein solches System ist bisher am Markt noch nicht vorhanden“, sagt Dirk Kampmann von der Firma Kampmann Hörsysteme, die das Konsortium leitet. „Wir müssen nun daran arbeiten, dass die Komponenten kleiner und günstiger werden und dass das System sich in weitere IT-basierte Blindenhilfsmittel zum Beispiel auf dem Smartphone gut eingliedert. Wenn das gelingt, können wir den Markt an Blindenhilfsmitteln in den kommenden Jahren bereichern.“
Kooperationspartner
Projektpartner:
– Kampmann Hörsysteme, Essen
– Sensorbasierte Neuronal Adaptive Prothetik (Snap), Bochum
– Lehrstuhl für integrierte Systeme der RUB
– Lehrstuhl für eingebettete Systeme in der Informationstechnik der RUB
– Institut für Kommunikationsakustik der RUB
Projektunterstützung:
– Bochumer Institut für Technologie
– Dräger und Lienert Informationsmanagement, Marburg
– Berufsförderungswerk Halle (Saale)
– GN Hearing, Münster
Förderung
Das Projekt wurde durch die Europäische Union und das Land Nordrhein-Westfalen gefördert.
Redaktion: Meike Drießen
Prof. Dr. Nils Pohl
Lehrstuhl für Integrierte Systeme
Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik
Ruhr-Universität Bochum
Tel.: +49 234 32 26495
E-Mail: nils.pohl@rub.de
Prof. Dr. Rainer Martin
Lehrstuhl für Kommunikationsakustik
Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik
Ruhr-Universität Bochum
Tel.: +49 234 32 22495
E-Mail: rainer.martin@rub.de
Prof. Dr. Gerald Enzner
Lehrstuhl für Allgemeine Informationstechnik und Kommunikationsakustik
Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik
Ruhr-Universität Bochum
Tel.: +49 234 32 25392
E-Mail: gerald.enzner@rub.de
Marc Otten
Bochumer Institut für Technologie
Tel.: 0234 45 979 727
E-Mail: marc.otten@bo-i-t.de
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