Welt-schnellster elektronischer Digital-Analog-Wandler für Internetverbindungen

Testplatine mit Digital-Analog-Wandler-Mikrochip (Mitte) und Hochfrequenz-Anschlüssen für das analoge Ausgangssignal (oben). Universität Stuttgart/ INT

Noch mehr Internet-Daten noch schneller übertragen, über bestehende Glasfasernetze und ohne zusätzliche Kosten für neue Glasfaserkabel – davon träumt die Telekommunikationsbranche ebenso wie die Politik. Forscher des Instituts für Elektrische und Optische Nachrichtentechnik (INT) der Universität Stuttgart lassen diese Vision nun näher rücken:

Auf dem internationalen Symposium des IEEE (Institute of Electrical and Electronics Engineers) für Integrierte Hochfrequenzschaltungen in Tampa Bay/ Florida präsentieren sie am 2. Juni 2014 den weltweit schnellsten elektronischen Digital-Analog-Wandler mit einer Wandlungsrate von 100 Milliarden Wandlungen pro Sekunde (100 GS/s)*.

Solche Wandler – sie gelten als Schlüsselkomponenten für das schnelle Internet – nehmen die digitalen Datenworte aus Vermittlungsrechnern entgegen und wandeln diese in analoge Spannungswerte, die die optischen Modulatoren an den Schnittstellen zur Glasfaserstrecke ansteuern.

Die weltumspannenden Hochgeschwindigkeits-Datennetze bilden das Rückgrat des Internets. Sie bestehen aus Netzknoten mit elektronischen Vermittlungsrechnern, welche über weltweite Verbindungsleitungen miteinander kommunizieren. Die Verbindungsleitungen bestehen aus Glasfaserbündeln, die die Daten in Form von moduliertem Licht mit hoher Geschwindigkeit und geringer Dämpfung über weite Strecken übertragen.

Das in den Netzen übertragene Datenvolumen nimmt dabei seit Jahren exponentiell zu. Dennoch werden aus Kostengründen nur selten neue Glasfaserbündel zwischen den Vermittlungsknoten verlegt. Stattdessen versucht man, die maximal mögliche Datenrate auf den bereits vorhandenen Datenleitungen weiter zu steigern.

Dies ist nur durch aufwändigere Modulationsverfahren möglich, bei denen sowohl die Intensität, als auch die Phasenlage des Lichts in der Glasfaser sehr schnell verändert werden. Hierfür werden an den Schnittstellen der digitalen Vermittlungsrechner zu den Glasfasern sehr schnelle und hochauflösende Digital-Analog-Wandler benötigt. Aufgrund des steigenden Datenvolumens im Internet nehmen dabei die Anforderungen an die Wandlungsrate wie auch an die Auflösung zu. 

Für diese Ansprüche haben die Mitarbeiter des INT den schnellsten Digital-Analog-Wandler in einer fortgeschrittenen 28 Nanometer-CMOS-Technologie als hochintegrierten Mischsignalschaltkreis (Mikrochip) entworfen. Mischsignalschaltkreise umfassen dabei sowohl analoge wie digitale Schaltungsblöcke, welche eng miteinander verknüpft sind und somit die Schnittstellenfunktion zwischen digitalen und analogen Systemen ermöglichen.

Um die extrem hohe Wandlungsrate von 100 GS/s zu erreichen, wurden auf dem Chip vier Wandlerkerne in einer verschachtelten geometrischen Struktur angeordnet, welche im zeitlichen Abstand von jeweils 10 Pikosekunden einen neuen analogen Spannungswert ausgeben.

Um trotz der Parallelschaltung der vier Wandlerkerne am analogen Ausgang eine genügend große Bandbreite zu erreichen, wurden die Ausgänge der vier Kerne in eine sogenannte künstliche Leitung eingebettet. Bei solch einer künstlichen Leitung bilden die kapazitiven Lasten der einzelnen Wandlerstufen mit geeigneten, in Serie geschalteten Induktivitäten eine Wanderwellenstruktur, mit der große Bandbreiten erreicht werden können.

Die Forscher konnten beim Entwurf des Wandlers auf Erkenntnisse zurückgreifen, die sie in dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekt „100GET“ gewonnen hatten. Dieses Forschungsprojekt zielte auf eine Übertragungsrate von 100 Gbit/s pro Wellenlängenkanal in einer Glasfaser.

Mit Hilfe des neuen Wandlers mit einer Wandlungsrate von 100 GS/s und einer nominalen Auflösung von 8 bit kann die Übertragungsrate auf 400 Gbit/s pro Glasfaser-Wellenlängenkanal gesteigert werden. Derart schnelle und breitbandige Digital-Analog-Wandler eröffnen auch neue Anwendungsgebiete in der Messtechnik.

Beispiele hierfür sind so genannte Arbiträrsignalgeneratoren, die nahezu beliebig geformte Ausgangssignale erzeugen können, sowie künftige ultrabreitbandige drahtlose Datenübertragungssysteme mit Datenraten von mehr als 100  Gigabit/Sekunde. 

*Originalpublikation: H. Huang, J. Heilmeyer, M. Grözing, M. Berroth: “An 8-bit 100-GS/s distributed DAC in 28-nm CMOS”, IEEE Radio Frequency Integrated Circuits Symposium (RFIC) 2014, Tampa Bay, Florida, June 1-3, 2014, WWW: http://rfic-ieee.org/

Weitere Informationen:
Dr. Markus Grözing, Universität Stuttgart, Institut für Elektrische und Optische Nachrichtentechnik (INT), Tel. 0711/685-67921, E-Mail: m.groezing [at] int.uni-stuttgart.de.
Prof. Dr. Manfred Berroth, Universität Stuttgart, Institut für Elektrische und Optische Nachrichtentechnik (INT), Tel. 0711/685-67922, E-Mail: berroth [at] int.uni-stuttgart.de.
Andrea Mayer-Grenu, Universität Stuttgart, Abt. Hochschulkommunikation, Tel. 0711/685-82176, E-Mail: andrea.mayer-grenu [at] hkom.uni-stuttgart.de

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