Wissenschaftlerinnen der Uni Essen erforschen Situation junger Aussiedlerinnen und Ausländerinnen
Aufschlüsse über die Lebenssituation junger, in Deutschland lebender Aussiedlerinnen und Ausländerinnen versprechen sich Wissenschaftler und Politiker von einer groß angelegten empirischen Studie, die das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend bei Wissenschaftlerinnen der Universität Essen in Auftrag gegeben hat. Unter Federführung von Dr. Ursula Boos-Nünning, Professorin für Interkulturelle Pädagogik, und Dr. Yasemin Karakasoglu-Aydin werden in den nächsten zweieinhalb Jahren 955 junge Frauen, die zwischen 15 und 24 Jahre alt sind und die in ausgewählten städtischen und ländlichen Regionen in allen Bundesländern wohnen, über ihre soziale Lage und ihre familiäre Situation, über Freizeit- und Kontaktverhalten, über Erfahrungen in Schule, Ausbildung und Beruf oder auch über ihre Einstellung zu Partnerschaft und Familiengründung befragt.
In den bisherigen Untersuchungen zum sozialen Integrationsprozess der ausländischen und Aussiedler-Familien spielte die Geschlechterperspektive eine eher untergeordnete Rolle. Das könnte in der Statistik begründet sein: Noch 1961 lag – im damaligen Bundesgebiet – das Verhältnis zwischen Männern und Frauen in dieser Bevölkerungsgruppe bei etwa 4 : 10. Heute entfallen auf zehn Männer bereits mehr als 8 Frauen. Mehr über ihre Lebensbedingungen möchte das Ministerium mit Hilfe der jetzt in Auftrag gegebenen Studie in Erfahrung bringen. Sie wird in zwei Teilprojekten bearbeitet. Neben den Essener Wissenschaftlerinnen ist das Institut für Sozialforschung und Sozialwirtschaft e.V., Saarbrücken, mit der Arbeit befasst. Es hat allerdings eine andere und kleinere Zielgruppe: Es befragt 100 allein stehende ausländische Frauen im Alter ab 50 Jahren.
Dass der Zuschlag für das umfangreichere Teilprojekt mit den jungen Frauen als Zielgruppe an die Wissenschaftlerinnen der Universität Essen fiel, ist kein Zufall. Projektleiterin Ursula Boos-Nünning (die seit dem 1. April 2000 in Essen auch das Amt der Rektorin führt) war 1981 als Professorin für Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Interkulturelle Pädagogik an die Universität Essen berufen worden. Einen solchen Lehrstuhl gab es damals an keiner anderen deutschen Hochschule, und die langjährige Erfahrung der Soziologin in der Migrationsforschung dokumentiert sich auch in der Rolle, die sie in dem renommierten Essener Institut für Migrationsforschung, Interkulturelle Pädagogik und Zweitsprachendidaktik spielt. Von 1987 bis 1991 war Boos-Nünning Leiterin dieses Instituts. Auch ihre Schülerin Yasemin Karakasoglu-Aydin hat sich in der Migrationsforschung bereits einen Namen gemacht: Für ihre Dissertation „Religiöse Orientierungs- und Erziehungsvorstellungen. Eine empirische Untersuchung an türkischen Lehramts- und Pädagogik-Studentinnen im Ruhrgebiet“ erhielt sie im Frühjahr vorigen Jahres den bundesweit ausgelobten Augsburger Wissenschaftspreis für Interkulturelle Studien.
Mit Boos-Nünning und Karakasoglu-Aydin haben an der Uni Essen die Sozialwissenschaftlerin Svenja Ottens, die Pädagogin Bozena Krüger, die Historikerin Livia Novi und Nermin Kilicaslan als Projektsekretärin mit der Arbeit an der Studie begonnen. Das Team der Interviewer aller wird größer sein: „Wir haben“, berichtet Dr. Karakasoglu-Aydin, aus jeder Nationalität, die wir befragen, jemanden dabei.“ Befragt werden neben jungen Aussiedlerinnen aus Polen und Ländern der ehemaligen Sowjetunion Ausländerinnen türkischer, griechischer, italienischer und ex-jugoslawischer Herkunft. Was die Frauen zu berichten haben – zum Beispiel auch über eventuelle Diskriminierungserfahrungen oder ihr physisches und psychisches Wohlbefinden – soll „im Rahmen des Möglichen dem Anspruch der Repräsentativität gerecht werden“. Das sei, meint die Empirikerin Karakasoglu-Aydin, ein hoher Anspruch. „Grundlegende Erkenntnisse aber werden wir gewinnen“, heißt es. Sie werden Aufschluss geben über die allgemeine Lebenssituation der jungen Frauen, über Bedingungen, Voraussetzungen und Bewältigungsformen des Integrationsprozesses, über die subjektive Einschätzung der Hilfsangebote und auch über die Barrieren, die einer Inanspruchnahme dieser Angebote eventuell entgegen stehen.
Redaktion: Monika Rögge, Telefon (02 01) 1 83 – 20 85
Weitere Informationen: Dr. Yasemin Karakasoglu-Aydin, Telefon (02 01) 1 83 -21 73
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