Bundesregierung verabschiedet nationales Forschungskonzept zu BSE, Scrapie und Creutzfeldt-Jakob-Krankheit

27 Millionen Mark sollen der Forschung neue Impulse geben

In der heutigen Kabinettsitzung hat die Bundesregierung das nationale Forschungskonzept zu Transmissiblen Spongiformen Enzephalopathien (TSE, übertragbare schwammartige Hirnerkrankungen) verabschiedet. Hierbei geht es um die Erforschung von Rinderwahnsinn (BSE), Scrapie bei Schafen und der neuen Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (nvCJK) beim Menschen. Das Konzept ist unter Federführung des Bundesforschungsministeriums in Zusammenarbeit mit dem Bundesgesundheits- und dem Verbraucherschutzministerium, den Ländern und der Deutschen Forschungsgemeinschaft entstanden. Es gibt einen Überblick über den Stand der Forschung und verdeutlicht die zukünftigen Fragestellungen.

Vor dem Hintergrund der aktuellen BSE-Krise hat die Bundesregierung im Dezember 2000 und Januar 2001 mehrere Workshops mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler durchgeführt, um die zukünftigen Forschungsprioritäten festzulegen. Darüber hinaus hat man sich auf eine effiziente Vernetzung in Sachen BSE- und CJK-Forschung sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene verständigt.

Das so entstandene Forschungskonzept bezieht alle nationalen und europäischen Maßnahmen mit ein. Die Bundesregierung wird in den kommenden Jahren bis zu 27 Millionen Mark pro Jahr (20 Millionen Mark BMBF; bis zu 3,5 Millionen Mark BMG; rund 3 Millionen Mark BMVEL, 570 TDM vom BMU und rund 100 TDM vom BMA) für die Erforschung dieser Krankheiten einsetzen. In den vorherigen Jahren lagen die BMBF-Mittel noch bei rund 2,5 Millionen Mark pro Jahr.

„BSE, Scrapie und die Creutzfeldt-Jakob-Krankeit beim Menschen sind ein großes Gesundheitsrisiko für Mensch und Tier“, erklärten die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Edelgard Bulmahn und die Parlamentarischen Staatssekretäre im Gesundheitsministerium, Gudrun Schaich-Walch und im Verbraucherschutzministerium, Dr. Gerald Thalheim übereinstimmend. „Die mit TSE-Erkrankungen verbundenen wirtschaftlichen Folgen sind erheblich. Wir brauchen in Deutschland eine forcierte und gleichzeitig koordinierte Forschung, um hier gegensteuern zu können.“

„Trotz intensiver Forschungsanstrengungen wissen wir immer noch zu wenig über Ursachen, Übertragung und Interventionswege bei diesen Krankheitsbildern. Mit diesem Konzept gibt die Bundesregierung der TSE-Forschung einen deutlichen Impuls“, erklärte Bulmahn. Sie betonte, dass in Deutschland exzellente Forschergruppen, die international hoch angesehen sind, auf diesem Gebiet arbeiten. Die Mehrzahl der europäischen Forschungsverbünde liefen unter deutscher Beteiligung.

„Das Thema BSE mit seinen vielfältigen Folgen birgt noch immer viele Unsicherheiten, denn die Übertragungswege, gerade auch die möglichen Folgen für die Ausweitung der neuen Variante der Creutzfeld-Jacob Krankheit, sind noch nicht geklärt“, so die Parlamentarische Staatssekretärin Schaich-Walch. „Dabei ist die Sicherheit von Arzneimitteln ein hohes Gut. Nachdem wir im März diesen Jahres mit der Arzneimittel-TSE-Verordnung einen wichtigen Schritt nach vorne gemacht haben, führt die koordinierte Forschung und Forschungsförderung weiter in die richtige Richtung.“

„Lebensmittelsicherheit hat oberste Priorität bei den künftigen Arbeiten unserer Forschungseinrichtungen. Denn verlässlicher Verbraucherschutz braucht eine solide Forschungsgrundlage. Dies gilt umso mehr für BSE, eine Krankheit mit vielen Unbekannten. Deshalb haben wir die Erforschung der TSE-Erkrankungen erheblich gestärkt und ausgebaut“, erklärte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesverbraucherministerium, Dr. Gerhard Thalheim.

Das Forschungskonzept orientiert sich an folgenden Leitlinien:

deutliche Intensivierung der Forschungsanstrengungen in Deutschland,
verstärkte Koordinierung der nationalen TSE-Forschungsaktivitäten und ein verbesserter Informationstransfer zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit
sowie die Vernetzung und Einbindung nationaler Maßnahmen in den europäischen Kontext
Die zukünftigen Forschungsprioritäten liegen in folgenden Bereichen:

Prävention, vorsorgender Verbraucherschutz und Epidemiologie
Diagnostik von TSE-Erkrankungen (u. a. empfindlichere Tests, die auch am lebenden Menschen oder Tier einsetzbar sind)
Erregercharakterisierung und Übertragungswege (Grundlagenforschung)
Therapie humaner TSEs
In den letzten Wochen hat das BMBF bereits Forschungsmaßnahmen in folgenden Feldern initiiert:

Therapie humaner TSE-Erkrankungen
Diagnostik von TSE
Klinische Forschung zur Creutzfeldt-Jakob-Krankheit
Darüber hinaus wird ein Netzwerk finanziert, mit dem die Kommunikation von Wissenschaftlern verstärkt, sowie der Austausch von Erkenntnissen und Gewebeproben verbessert wird. Insgesamt plant das BMBF für die nächsten drei Jahre bis zu 20 Millionen Mark jährlich an Fördermitteln für die TSE-Forschung bereitzustellen.

Das Bundesministerium für Gesundheit fördert seit 1993 schwerpunktmäßig Untersuchungen zur Epidemiologie und molekularen Pathologie der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit und wird diese Förderungen künftig intensivieren und den epidemiologischen Gegebenheiten in der Bundesrepublik anpassen. Das Projekt „Labordiagnostische Verfahren zur Früherkennung der transmissiblen spongiformen Enzephalopathien“ wird seit 1997 vom BMG an der Neurologischen Klinik der Universität Göttingen gefördert. Im Geschäftsbereich des BMG befassen sich das RKI (Robert Koch-Institut) und das PEI (Paul-Ehrlich-Institut) teilweise bereits seit 1977 mit Fragen der Diagnostik und Pathogenese von TSE-Erkrankungen. Zudem bearbeitet das PEI im Rahmen seiner Zuständigkeiten Fragestellungen zur der Sicherheit von Arzneimitteln, von Blut und Blutprodukten. Insgesamt planen das BMG, RKI und PEI, von 2001 bis 2006 bis zu 21 Millionen Mark für TSE-Forschungsvorhaben aufzuwenden.

Das Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft hat, aufbauend auf der Arbeitsgruppe „Diagnostik spongiformer Enzephalopatien“ mit dem nationalen Referenzlabor für BSE und Scrapie, das „Institut für neue und neuartige Tierseuchenerreger“ in der Bundesforschungsanstalt für Viruskrankheiten der Tiere (BFAV) eingerichtet. Mit diesem Institut, für das dauerhaft ab 2002 jährlich mindestens zwei Millionen Mark zur Verfügung stehen, wird die TSE-Forschung intensiviert und gebündelt. Hinzu kommen Investitionskosten von mehreren Millionen Mark. Schwerpunkte der Forschungsarbeiten des neuen Instituts liegen in den Bereichen der Ursachen von BSE und Scrapie u. a. mit Hilfe von Infektionsversuchen auf der Insel Riems, der Verteilung und Ausbreitung der BSE-Erreger im Organismus, der Übertragungsmechanismen sowie neuer Testverfahren, insbesondere am lebenden Tier. Nicht allein im Bereich Lebensmittel soll die Forschung intensiviert werden. Im Sinne des Verbraucherschutzes sollen sich die Wissenschaftler verstärkt auch den Erzeugnissen des täglichen Bedarfs widmen, zu deren Herstellung Teile von Wiederkäuern verwendet werden, wie für Kosmetika, Textilien oder Zahnputzmittel. Um der BSE-Forschung den Zugriff auf dringend benötigtes Forschungsmaterial zu erleichtern, wird eine BSE-Gewebeprobenbank an der BFAV eingerichtet. Sie soll Gewebeproben deutscher BSE-Fälle für wissenschaftliche Untersuchungen vorhalten.

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Pressereferat (LS 13) Pressemitteilung Nr. 75/2001

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