Auf dem Tandem zur Interdisziplinarität

Im Zeichen von Innovation und wissenschaftlichem Nachwuchs: VolkswagenStiftung richtet zwei neue Förderinitiativen ein

Die VolkswagenStiftung hat in der Vergangenheit immer wieder der Wissenschaft mit neuen Initiativen Impulse gegeben und gleichsam verkrustete Strukturen an den Hochschulen zu durchbrechen versucht – etwa mit ihrem erfolgreichen Programm zu den Nachwuchsgruppen an Universitäten (siehe auch Pressemitteilung vom 2. Juli 2001). In dieser Tradition stehen die beiden neuen Förderinitiativen, die das Kuratorium der Stiftung in seiner Sommersitzung beschlossen hat: das „Tandem-Programm zur Förderung der fachübergreifenden Zusammenarbeit von Postdoktoranden“ und der Schwerpunkt „Innovationsprozesse in Wirtschaft und Gesellschaft“.

Das Tandemprogramm trägt der Erkenntnis Rechnung, dass im deutschen Wissenschaftssystem derzeit der Reformbedarf in der Phase nach der Promotion am größten ist. Zu diesem Zeitpunkt werden die entscheidenden Weichen gestellt. „Strukturelle Fehlentwicklungen lassen sich ab dann nur noch schwer korrigieren“, meint Dr. Wilhelm Krull, Generalsekretär der VolkswagenStiftung. „Insbesondere ist es fatal, dass viele Nachwuchswissenschaftler nach der Promotion mangels entsprechender Chancen ins Ausland abwandern, ganz aus dem Wissenschaftsbetrieb aussteigen – oder in ungesicherter beruflicher Position versuchen, ihre wissenschaftliche
Karriere weiterzuverfolgen.“

Mit dem Programm möchte die VolkswagenStiftung herausragenden Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern die Möglichkeit eröffnen, sich unmittelbar nach der Promotion einer interessanten, interdisziplinär ausgerichteten Aufgabe zu widmen. Dabei soll ein Team von zwei, gegebenenfalls auch drei Nachwuchsforschern – angesprochen sind alle Fachrichtungen – gemeinschaftlich an einem fachübergreifenden Projekt arbeiten. Gefördert wird die enge Zusammenarbeit zu Fragestellungen, denen bislang in etablierten fachübergreifenden Kooperationen nicht nachgegangen wird. Ziel des Programms ist es, jungen promovierten Wissenschaftlern auf diese Weise frühzeitig Gelegenheit zu geben, gemeinsame Erfahrungen in selbstständiger, disziplinenübergreifender Forschung zu sammeln. So könnten sie sich für Leitungsaufgaben in der Wissenschaft qualifizieren – etwa für die Übernahme einer Juniorprofessur oder einer Nachwuchsgruppe.

In der öffentlichen Debatte um die Zukunft moderner Gesellschaften spielt die Forderung nach Innovationsfähigkeit eine Schlüsselrolle. Dabei wird der Begriff „Innovation“ ebenso häufig wie unbestimmt benutzt, um den Bedarf an technischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Neuerungen anzuzeigen oder auch nur zu erklären. Jene Neuerungen sollen es erlauben, mit den immer schneller voranschreitenden Veränderungen in nahezu allen gesellschaftlichen Bereichen Schritt zu halten. Sie sind zugleich selbst
Bestandteil und Motor umfassender Veränderungsprozesse. Unabhängig davon besteht Konsens, dass die Innovationsfähigkeit einer Gesellschaft davon abhängt, wie gut das Zusammenspiel staatlicher, gesellschaftlicher, unternehmerischer und wissenschaftlicher Akteure funktioniert. So wird
Innovationspolitik in steigendem Maße als eine zentrale politische Aufgabe angesehen und die Entwicklung der Innovationspolitik selbst als Entstehen eines Politikfeldes neuen Zuschnitts, in dem sich Initiativen in Forschung
und Entwicklung, Bildung und Wissenschaft sowie Aspekte der Wirtschafts-, Umwelt-, Sozial- und Arbeitsmarktpolitik verbinden.

Eine solche Entwicklungen und Prozesse begleitende Innovationsforschung als wissenschaftliche Disziplin im engeren Sinne existiert weder in Deutschland noch international. Die VolkswagenStiftung richtet den Schwerpunkt „Innovationsprozesse in Wirtschaft und Gesellschaft“ vor dem Hintergrund ein, dass die gegenwärtig geführten politischen Debatten um die gesellschaftliche Zukunft(sfähigkeit) – Stichworte: Standortfrage, Informations- und Wissensgesellschaft, Globalisierung, um nur einige zu nennen – durchaus Bedarf an wissenschaftlich fundierten Analysen über die Formen, Voraussetzungen und Folgen von technischen und sozialen Innovationen erkennen lassen. Im Mittelpunkt der Forschungsanstrengungen soll dabei vor allem der Prozess stehen, der Innovationen hervorbringt. Dabei sind die technischen, sozialen, politischen und kulturellen Voraussetzungen eben dieser Innovationsprozesse genauso zu untersuchen wie die Folgen dieser Prozesse in Kultur, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft – einschließlich etwaiger nicht gewollter Nebenwirkungen.

„Mit dem Thema Innovationsforschung wird nunmehr ein in Deutschland zugleich defizitäres wie entwicklungsfähiges Forschungsfeld der interessierten Wissenschaft neu erschlossen“, sagt Krull. Denn es zeige sich immer deutlicher, dass die Vernetzung von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft als Rahmenbedingung für technische und soziale Innovationen zunehmend von Bedeutung sein werde. Krull: „Nicht mehr ein zuvor vielfach diagnostizierter linearer Prozess – von der Erfindung oder Entdeckung über die Entwicklung bis zur Durchsetzung am Markt – steht im Blickfeld, sondern das Zusammenspiel von Wissen unterschiedlicher Akteure auf unterschiedlichen Ebenen.“

Vor dem Hintergrund der Komplexität der Zusammenhänge sieht die Stiftung ein großes Potenzial für Förderanträge zum Thema Innovationsforschung. – Und für wissenschaftliche Innovationen an den Grenzen der etablierten Disziplinen steht ja ab sofort das Tandemprogramm zur Abfahrt bereit.

Kontakte in der VolkswagenStiftung:

1) Presse- und Öffentlichkeitsarbeit: Christian Jung
Tel.: 0511/8381-380; Mail: jung@volkswagenstiftung.de

2) Tandemprogramm: Dr. Marcus Beiner
Tel.: 0511/8381-289; Mail: beiner@volkswagenstiftung.de

3) Innovationsforschung: Dr. Alfred Schmidt
Tel.: 0511/8381-237; Mail: schmidt@volkswagenstiftung.de

Media Contact

Dipl.Biol. Christian Jung idw

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