Forscher wollen das menschliche Gehirn simulieren

– Die biologisch detailgetreue Simulation des gesamten menschlichen Gehirns – das ist das Ziel des „Human Brain Projects“. In Berlin präsentierten heute Wissenschaftler aus Lausanne, Jülich, München und Heidelberg ihren Beitrag zu dem ambitionierten Vorhaben. Das Projekt ist mit weiteren fünf Bewerbern im Rennen um die sogenannten EU-FET-Flagships – großangelegte wissenschaftliche Projekte, die visionäre technologische Ziele erreichen sollen. Zwei dieser Flagships will die EU im nächsten Jahr auswählen und jeweils über zehn Jahre mit bis zu einer Milliarde Euro fördern.

„Das menschliche Gehirn ist leistungsfähiger als jeder Rechner“, sagt der Koordinator des Projekts, Prof. Henry Markram von der École Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL). „Es ist energieeffizient, kann mit unvollständigen Daten arbeiten, selbst lernen und sich selbst reparieren. Diese Fähigkeiten nachzuahmen, würde die Informationstechnologie, die Medizin und die Gesellschaft revolutionieren.“

Im „Human Brain Project“ haben sich zu diesem Zweck 13 Partner aus neun EU-Staaten zusammengeschlossen. Sie beleuchten das Thema in all seinen Facetten: von Neurowissenschaften über Genetik, Höchstleistungsrechnen, Informationstechnologie und Robotik bis hin zu sozialwissenschaftlichen und ethischen Aspekten. Seit vergangener Woche sind sie und fünf weitere Projekte in der Endrunde um die FET-Flagship-Förderung. Bis Mitte 2012 haben die Wissenschaftler Zeit, mit 1,5 Millionen Euro EU-Förderung Machbarkeitsstudien durchzuführen und ihr Vorhaben mit all seinen Aspekten in einem detaillierten Antrag zusammenzufassen.

Ein Ziel der FET-Flagships ist es, Türen für neue Technologien aufzustoßen. Das sehen die Projektpartner für das „Human Brain Project“ gegeben: „Der Informationstechnologie wird das „Human Brain Project“ einen gewaltigen Schub geben“, sagt Prof. Thomas Lippert, Leiter des Jülich Supercomputing Centre (JSC) und einer der Kodirektoren im „Human Brain Project“. „Wir werden schnellere und leistungsstärkere Rechner entwickeln, um zunehmend detaillierte Modelle des Gehirns zu berechnen. Die neuen Erkenntnisse zur Funktion des Gehirns können dann wiederum neue Wege in der Datenverarbeitung inspirieren.“ Weiterhin erwarten die Wissenschaftler von dem Projekt Fortschritte in der Medizin, etwa bei Diagnose und Therapie neurologischer Krankheiten. Auch die Robotik und das sogenannte Neuromorphic Computing sollen von der Simulation des Gehirns profitieren.

Darüber hinaus möchte das „Human Brain Project“ die ständig wachsenden Datenmengen in den Neurowissenschaften bündeln, sie organisieren und standardisieren, um sie in Simulationen zu nutzen. Bereits heute werden in dem Forschungsgebiet jährlich rund 60.000 Dokumente zur Funktion bestimmter Gene, zu Molekülen und neurologischen Erkrankungen veröffentlicht. Auch Jülicher Neurowissenschaftler sind hier aktiv. „Wir arbeiten unter anderem an einem virtuellen menschlichen Gehirn, in dem die räumliche Organisation von der Ebene des Moleküls bis zum komplexen Funktionssystem erfasst wird. Dieser multimodale Gehirnatlas kann im ,Human Brain Project' eine Art Navigationssystem werden“, sagt Katrin Amunts, die Leiterin des Jülicher Projektes.

Dass die FET-Flagship-Finalisten das Potenzial zum Schrittmacher für neue Technologien haben, davon ist die EU-Kommission überzeugt. So bescheinigte deren Vizepräsidentin, Neelie Kroes, den sechs Projekten bei der Bekanntgabe der Finalisten, dass „sie den Grundstein für die Innovationen von morgen legen“ werden.

Weitere Informationen zum Human Brain Project:
http://www.humanbrainproject.eu/
Weitere Informationen zu den Jülicher Supercomputern:
http://www.fz-juelich.de/portal/DE/Forschung/Informationstechnologie
/Supercomputer/_node.html
Weitere Informationen zur Jülicher Hirnforschung:
http://www.fz-juelich.de/portal/DE/Forschung/Gesundheit/_node.html
Pressekontakt:
Barbara Schunk / Erhard Zeiss
Tel.: 02461 61- 8031 / -1841
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Das Forschungszentrum Jülich…
… betreibt interdisziplinäre Spitzenforschung, stellt sich drängenden Fragen der Gegenwart und entwickelt gleichzeitig Schlüsseltechnologien für morgen. Hierbei konzentriert sich die Forschung auf die Bereiche Gesundheit, Energie und Umwelt sowie Informationstechnologie. Einzigartige Expertise und Infrastruktur in der Physik, den Materialwissenschaften, der Nanotechnologie und im Supercomputing prägen die Zusammenarbeit der Forscherinnen und Forscher. Mit rund 4 600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gehört Jülich, Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, zu den großen Forschungszentren Europas.

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