Ein kleiner Sensor macht den großen Unterschied
Ein nur 15 Millimeter langer Sensor kann Reedereien bald viel Geld einsparen. Die Erfindung aus Schleswig-Holstein senkt den Wartungsaufwand bei Schiffsmotoren drastisch: Der Mikrosensor aus Spezialstahl misst den Verschleiß im Motor.
Ein Schiffsdieselmotor wird in der Regel alle 15.000 Betriebsstunden überholt – egal, ob er abgenutzt ist oder nicht. Die Kosten dafür können je nach Umfang der Reparaturarbeiten bis zu 500.000 Euro betragen. Dabei wäre zumindest das komplizierte und teure Zerlegen des Motors gar nicht jedes Mal erforderlich, wenn sich vorab der Verschleiß bestimmen ließe. Die Idee eines Sensors, der genau das kann, hatte Dr. Erhard Giese, Geschäftsführer des Sensorik-Spezialisten FOS Messtechnik aus Schacht-Audorf bei Rendsburg in Schleswig-Holstein, bereits 1994. Seitdem ist er Inhaber eines entsprechenden Patents. Doch die technische Umsetzung der Idee erwies sich als schwierig. „Der Sensor muss unter ziemlich extremen Bedingungen arbeiten: Reibung, hoher Druck und Temperaturen von bis zu 400 Grad Celsius“, erklärt Giese. „Wir haben jahrelang nach einem geeigneten Partner gesucht, der einen solchen Sensor bauen kann.“
EMB verhilft dem Patent zur Umsetzung
Im Februar dieses Jahres kam dann Embedded Microsystems Bremen
(EMB) ins Spiel. Das Applikationszentrum für Mikrosystemtechnik ist darauf spezialisiert, Forschungsergebnisse aus dem Bereich der Mikrosystemtechnik für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) nutzbar zu machen. „Die Leute bei EMB sprechen die Sprache der Industrie. Sie haben unser Problem sofort verstanden, und sie haben das nötige Know-how und die technische Ausstattung, um es zu lösen“, sagt Erhard Giese, der schon befürchtet hatte, dass sein Patent niemals umgesetzt werden würde.
Nun entwickeln EMB und seine Partnerinstitute aus der Forschung und Entwicklung zusammen mit FOS Messtechnik den neuen Verschleißsensor bis zur Serienfertigung. Die ersten Sensoren sollen 2010 auf den Markt kommen.
Wettbewerbsvorteil für Motorenhersteller
Verschiedene Motorenhersteller haben bereits großes Interesse signalisiert, in Zukunft den Verschleißsensor in ihre Motoren einzubauen. Er kann sowohl den Einlaufverschleiß bei der Inbetriebnahme als auch langfristig das weitere Verschleißverhalten überwachen. Da Reedereien wirtschaftlich von der Einsatzbereitschaft ihrer Schiffe abhängig sind, ist es besonders wichtig, die Wartungsintervalle für den Motor möglichst genau vorherzusagen und die Wartungsabläufe optimieren zu können. „Der Wettbewerbsvorteil liegt auf der Hand“, sagt Andreas Sackmann, Geschäftsführer von EMB.
„Anhand der Messwerte des Sensors lässt sich der Wartungsbedarf am laufenden Motor ableiten, ohne dass der Motor gestoppt oder Baugruppen zur Inspektion demontiert werden müssen.“
Um den Verschleiß zu ermitteln, den der Kolbenlauf im Zylinder des Motors verursacht, wird eine Schraube aus Spezialstahl mit zirka acht Millimetern Durchmesser so in die Zylinderwand eingeschraubt, dass sie sich im gleichen Maße abnutzt wie die Lauffläche selber. Ein Mikrochip in der Schraube misst den Materialabtrag in Mikrometer-Schritten (1 Mikrometer = 0,001 Millimeter) und überträgt die Messergebnisse auf elektronischem Wege.
Entwicklung und Fertigung aus einer Hand
Im Reinraum des Bremer Applikationszentrums wird der Sensorchip nicht nur entwickelt, sondern anschließend auch gefertigt. So kann FOS Messtechnik den fertigen Chip von EMB beziehen und weiterverarbeiten. „Der Sensor lässt sich nicht nur in Verbrennungsmotoren, sondern auch in anderen Anwendungen wie zum Beispiel in Spritzgussmaschinen einsetzen“, sagt FOS-Geschäftsführer Giese, der sich gute Vermarktungschancen ausrechnet. Bei der Umsetzung seiner Erfindung bekam er auch finanzielle Hilfe: EMB erhält zur Unterstützung von Projekten für kleine und mittelständische Unternehmen Fördergelder vom Bundesministerium für Bildung und Forschung. So wurde die Entwicklung des Sensors zu einem großen Teil aus Fördermitteln finanziert.
„Wir sind sehr froh, in EMB einen fachkundigen Partner gefunden zu haben“, sagt Erhard Giese. „Mit Hilfe der Mikrosystemtechnik können wir unsere Idee nun auch technologisch umsetzen.“
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