Wetterinfo macht Bhutan glücklich

Ein österreichisches Informationssystem zur genaueren Prognose von Schneefall wird jetzt auch in Teilen des Himalaja genutzt. Das als MetGIS bezeichnete System erlaubt dem Wetterdienst des Königreichs Bhutan erstmals, meteorologische Daten mit geografischen Informationen in Bezug zu setzen.

Bereits seit einiger Zeit wird das mit Unterstützung des Wissenschaftsfonds FWF weiterentwickelte System in einigen Hochgebirgsregionen der Welt eingesetzt. In Bhutan aber überzeugten nicht nur die reine technische Leistungsfähigkeit des neuen Systems, sondern auch der Beitrag, den präzisere Wetterprognosen zum „Brutto-National-Glück“ leisten – einer von Bhutan eingeführten Berechnungsmethode für die Bewertung des immateriellen Lebensstandards der Bevölkerung.

Der Wohlstand einer Nation wird in wirtschaftlichen Erfolgen gemessen – oder auch nicht. Mit der Berechnung des Brutto-National-Glücks (BNG) geht das Königreich Bhutan einen anderen Weg: Es bemisst den Beitrag, den z. B. kulturelle Identität, Umwelt oder sauberes Wasser zum Wohlbefinden leisten. Die Erhöhung des wirtschaftlichen Wohlstands wird dabei auch in engem Zusammenhang mit einer Steigerung des BNG gesehen. Für beides spielen die Transportwege in dem unwegsamen und klimatisch exponierten Gebirgsstaat eine bedeutende Rolle: Sind sie nicht befahrbar, können viele Grundbedürfnisse der Bevölkerung nicht befriedigt werden und das BNG sinkt. Kein Wunder also, dass das Himalaja-Königreich ein nationales Interesse an präzisen Methoden zur Wettervorhersage hat – und seit Neuestem auf Methoden aus dem Alpenraum setzt.

AUF DEM GIPFEL DER PRÄZISION

Dazu Mag. Dr. Gerald Spreitzhofer vom Institut für Meteorologie und Geophysik der Universität Wien: „Vor Kurzem entschied das Königreich Bhutan, das Informationssystem MetGIS zu installieren, das wir seit dem Jahr 2003 entwickelt haben. Denn MetGIS ermöglicht die Vorhersage von Schneefallereignissen mit bisher unerreichter Genauigkeit.“ Der „Trick“ dazu ist eine Verknüpfung von meteorologischen Daten mit Informationen über das Gelände im Vorhersagegebiet. Denn das jeweilige Terrain hat bedeutenden Einfluss auf die Wetterentwicklung – gerade im hochalpinen Raum. Tatsächlich kann dieses regionale Terrain bei global berechneten Wetterdaten aber nur bedingt berücksichtigt werden. So nutzen das European Center for Medium Range Weather Forecasts (ECMWF) und das US-amerikanische National Center for Environmental Prediction (NCEP) Vorhersagemodelle, die auf Oberflächendaten mit einer räumlichen Auflösung von max. 20 x 20 Kilometern basieren. So ein Raster erlaubt die Berechnung globaler Wetterentwicklungen – ist aber zu grob für die Einbeziehung feinerer Details der Erdoberfläche.

GLOBAL WIRD REGIONAL
Dass es auch anders geht, erläutert Dr. Spreitzhofer: „Ein als statistisches Downscaling bezeichnetes Berechnungsverfahren erlaubt es, die Werte der global ermittelten Wetterdaten auf die besondere Oberflächenstruktur eines regional begrenzten Raumes herunterzurechnen. Neben den globalen Wetterdaten und einem Computer benötigt man dazu nur zwei weitere Zutaten: die Daten der regionalen Erdoberfläche und das von uns entwickelte MetGIS-Programm.“ Genau Letzteres kommt nun in Bhutan zum Einsatz. So können dort Wetterprognosen mit einer horizontalen Auflösung von bis zu 100 Metern erstellt werden, was in Vorhersagekarten die präzise Unterscheidung von Gebieten mit Schneefall, Schneeregen und Regen möglich macht.

Die Genauigkeit des u.a. mit FWF-Mitteln entwickelten MetGIS wurde wissenschaftlich in Verifikationsstudien belegt. Praxistests bestand es zusätzlich bei der österreichischen ASFINAG, Tagbauminen und Skiorten in den Anden und Lawinenwarndiensten in den Pyrenäen. Damit MetGIS nun auch in Bhutan seinen Dienst versehen kann, musste es an die dortigen klimatischen Bedingungen und die Topografie angepasst werden – dabei leistete das Projekt „Modernes Know-how für den Bhutanischen Wetterdienst“ der ADA, der Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit, Starthilfe. Der Wert, den MetGIS nun zum Wohlergehen der dortigen Nation beitragen kann, wurde anschließend für gut befunden – vom für das BNG zuständigen Glücksministerium. Ein schöner Beleg wohl auch dafür, dass Grundlagenforschung ein echter Glücksbringer sein kann.

Bild und Text ab Montag, 7. März 2011, ab 09.00 Uhr MEZ verfügbar unter:
http://www.fwf.ac.at/de/public_relations/press/pv201103-de.html
Wissenschaftlicher Kontakt:
Mag. Dr. Gerald Spreitzhofer
Institut für Meteorologie
und Geophysik
Althanstraße 14 (UZA II)
1090 Wien
T +43 / 1 / 4277 – 537 38
E gerald.spreitzhofer@univie.ac.at
Der Wissenschaftsfonds FWF:
Mag. Stefan Bernhardt
Haus der Forschung
Sensengasse 1
1090 Wien
T +43 / 1 / 505 67 40 – 8111
E stefan.bernhardt@fwf.ac.at
Redaktion & Aussendung:
PR&D – Public Relations für Forschung & Bildung Mariannengasse 8 1090 Wien T +43 / 1 / 505 70 44 E contact@prd.at W http://www.prd.at

Media Contact

Maria Fraczek Der Wissenschaftsfonds FWF

Weitere Informationen:

http://www.fwf.ac.at

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Interdisziplinäre Forschung

Aktuelle Meldungen und Entwicklungen aus fächer- und disziplinenübergreifender Forschung.

Der innovations-report bietet Ihnen hierzu interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Mikrosystemforschung, Emotionsforschung, Zukunftsforschung und Stratosphärenforschung.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Wegweisend für die Diagnostik

Forschende der Universität Jena entwickeln Biosensor auf Graphen-Basis. Zweidimensionale Materialien wie Graphen sind nicht nur ultradünn, sondern auch äußerst empfindlich. Forschende versuchen deshalb seit Jahren, hochsensible Biosensoren zu entwickeln, die…

Rotorblätter wiederverwenden

h_da-Team als „Kultur- und Kreativpilot*innen Deutschland“ ausgezeichnet. Rotorblätter von Windkraftanlagen wiederverwenden statt zu entsorgen: Das „Creative Lab rethink*rotor“ am Fachbereich Architektur der Hochschule Darmstadt (h_da) zeigt, dass sich hieraus Schallschutzwände…

Weltweit erstes Zentrum für Solarbatterien

Strategische Partnerschaft zur Optoionik von TUM und Max-Planck-Gesellschaft. Energie von Sonnenlicht direkt elektrochemisch speichern Optoionik als Querschnittswissenschaft zwischen Optoelektronik und Festkörperionik Bayern als internationaler als Innovationsführer bei solarer Energiespeicherung Das…