Peer-to-Peer: Vom Milliardengrab zum Goldesel
Mit Peer-to-Peer (P2P) Geld zu verdienen, ist bislang ein frommer Wunsch der Internet-Ökonomen. Derzeit wird über derartige Systeme eher Geld vernichtet. Illegale Musik-Tauschbörsen, wie das inzwischen abgeschaltete Napster, kosten die Industrie Milliarden.
Im Rahmen des Projekts Premium, das im Schwerpunktprogramm „Internetökonomie“ vom BMBF gefördert wird, erforschen Mitarbeiter des Instituts Multimediakommunikation (KOM) der TU Darmstadt, wie man aus diesem Millionengrab endlich einen Goldesel machen kann.
KOM-Wissenschaftler Nicolas Liebau benennt den Knackpunkt beim Arbeiten mit P2P: „Dezentralisation. Wenn ich keinen zentralen Server habe, dann fehlt auch ein zentraler Punkt, an dem Erlöse erwirtschaftet werden können.“ Und genau diesem Erlös-Punkt sind die Darmstädter Wissenschafter um Liebau auf der Spur.
Ralf Steinmetz, Leiter des Darmstädter Fachgebiets ist sich der Fähigkeiten seines Teams sicher: „Am Ende unserer Forschungen wird ein profitables Accountingsystem für P2P-Netze stehen“. Dieses System soll Aufschluss darüber geben, was eigentlich im Netz geschieht und in der Konsequenz eine Abrechnung der verwendeten bzw. erbrachten Dienste möglich machen. Bislang ist das Utopie, schließlich bestehen P2P-Netze aus einer stetig variierenden Anzahl von Rechnern, die theoretisch über den gesamten Globus verteilt sein können. Jeder Teilnehmer kann Client und Server sein, sowohl Dienste beziehen als auch selber anbieten. „Es ist sogar so, dass P2P eigentlich nur funktioniert, wenn die Teilnehmer auch Dienste leisten. Kein Angebot, kein Dienst. Folglich ist eines der bekanntesten Probleme in P2P-Netzen das ,Free-Riding’ – Teilnehmer wollen nur Dienste nutzen, aber keine selber anbieten“, erklärt Nicolas Liebau eine weitere Herausforderung, die er und sein Forschungsteam mit dem Accountingsystem lösen müssen.
Ist dieser entscheidende Schritt getan, können sich die Darmstädter Internet-Forscher vielfältige Anwendungen für P2P-Netze vorstellen. „Potentielle legale Anwendungsfelder sehe ich persönlich bei öffentlichen Dienstleistungen. Zum Beispiel im Gesundheitssystem, wo sich Ärzte auf diese Weise vernetzen könnten. Und da kein zentraler Server benötigt wird, fallen auch keine zusätzlichen Kosten an. So könnte ein solches System fast ’für umsonst’ betrieben werden“, wirft Liebau den Blick voraus in die nicht mehr allzu ferne Zukunft.
** Hintergrund: Peer-to-Peer (P2P) **
Bekannt geworden ist der Begriff Peer-to-Peer durch illegale Musik- und Filmtauschbörsen wie Napster, Kazaa oder Gnutella. Das Peer-to-Peer-Paradigma will (im Gegensatz zur Struktur Client/Server) verteilte Computeranwendungen komplett dezentral organisieren, also ohne zentralen Server. Die einzelnen beteiligten Einheiten sind komplett autonom. Da kein zentraler Server angeschafft, administriert und gegebenenfalls erweitert werden muss, sind die Grundkosten für ein derartiges System gering. Im Grunde verteilen sie sich auf die Strom- bzw. Internetkosten der Teilnehmer. Außerdem gewährleistet die Dezentralisation einen hohen Grad an System-Stabilität, da es keinen zentralen Server gibt, der ausfallen, angegriffen oder abgeschaltet werden könnte, was den Ausfall des gesamten Systems nach sich ziehen würde. Schließlich sind P2P-Netze einfach zu erweitern. Es treten nämlich einfach neue Nutzer dem System bei. Bislang gibt es keine kommerziellen Anwendungen auf Grundlage von Peer-to-Peer-Netzen.
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