"Integrierte Kommunikation braucht diktatorische Züge"
„Wie mächtig wird Werbung in der Zukunft noch sein?“, fragte Sebastian Vesper, Chefredakteur des PR Report, heute morgen in der Freien Akademie der Künste und eröffnete damit den jüngsten media coffee der dpa-Tochter news aktuell. Vor rund 250 Gästen diskutierten fünf Kommunikationsprofis unter seiner Leitung das Thema „Werbung vs. PR – verschieben sich die Gewichte?“
Dass die klassische Werbung nicht länger die Führungsrolle in der Kommunikation einnimmt, darüber waren sich fast alle fünf Podiumssprecher einig. Bijan Peymani, der Hamburger Büroleiter von werben & verkaufen, analysierte: „Unternehmen sind mehr denn je gefordert, gezielt zu agieren.“ Nur in friedlicher Koexistenz können seiner Meinung nach PR und Werbung ihre Schlagkraft bewahren.
Lediglich Soheil Dastyari von der Hamburger Werbeagentur FCB Wilkens verteidigte den Führungsanspruch seiner Branche: „Wir haben Ideen. PR hat Beziehungen.“ Durch die Ideen der Werber würden Marken- und Erlebniswelten kommuniziert. PR hingegen pflege in erster Linie Beziehungen zu Medien, Institutionen oder Interessengruppen. Dem gegenüber wandte Klaus Holthausen von der Hamburger lighthouse communications holding AG ein, dass es vernetzbare Lösungen für jede Aufgabe geben müsse: „Wir müssen vom Kunden her denken.“ Der Kern jeder guten Kampagne sei zwar die Idee. Aber es sei egal, von wem die Idee komme. „Wenn man alle an einen Tisch bringt, erhält man wesentlich effizientere Ergebnisse“, so Holthausen weiter. Auch Dieter Schulze van Loon von der Hamburger PR-Agentur Kohtes Klewes plädierte für ein Kommunikationsmanagement, das sich nach dem Agentur-Kunden richtet: „Es geht darum, zunächst kommunikative Strategien zu entwickeln und nicht gleich vom Kostenmanagement her zu denken.“
Als Vertreter der Kundenseite bestätigte Rainer R. Winzenried, Sprecher der Deutschen Shell AG aus Hamburg, dass die Trennung von PR und Werbung für ein international agierendes Unternehmen nicht sinnvoll ist: „Es ist unsere Aufgabe sicherzustellen, dass unser Unternehmen, das in die Natur und die Gesellschaft eingreift, Anerkennung und Zustimmung findet.“ Für dieses Ziel würden Werbung und in immer stärkerem Maße auch PR „in einem komplexen Gefüge“ eingesetzt. Winzenried stellte klar, dass es nicht Aufgabe einer Agentur sein könne, Strategien zu entwickeln. „Die Strategie muß aus dem Unternehmen kommen. Sie muss aus dem Herzen kommen und muss gelebt werden.“ Agenturen könnten eine Strategie lediglich verbessern helfen.
Dem Zusammenspiel von PR und Werbung stünden oft genug die gewachsenen Strukturen im Weg. Peymani dazu: „Die wenigsten Agenturen sind in der Lage, integrierte Kommunikation anzubieten.“ Mit jedem neuen Kommunikationskanal seien neue Disziplinen entstanden, um die sich in neue Abteilungen kümmerten. Weil diese Units profitabel arbeiten müssen, sei eine effektive, abteilungsübergreifende Zusammenarbeit erschwert. Peymani folgerte: „Integrierte Kommunikation braucht diktatorische Züge.“ Es reiche nicht, alle an einen Tisch zu bringen, jemand müsse von außen koordinieren und lenken.
Klaus Holthausen konterte: „Die PR- und Werbeabteilungen in den Unternehmen müssen sich oft gegeneinander abgrenzen.“ Wenn dort um Budgets und Status konkurriert werde, könne die Agentur auch nicht viel ausrichten.
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