TV-Vermarkter analysiert Entwicklung der Festplattenrekorder

DVR sind keine substanzielle Gefahr für das werbefinanzierte Free-TV / Verbreitung und Nutzung stark überschätzt / DVR ermöglichen sogar neue Geschäftsmodelle für das Privatfernsehen

Die digitalen Videorekorder (DVR) stellen keine substanzielle Gefahr für den klassischen Werbeblock und das werbefinanzierte Free-TV dar. Auch wenn bis zum Jahr 2010 in jedem zehnten deutschen Haushalt ein DVR steht, wird sich die tägliche Sehdauer der Werbung nach Berechnungen des ProSiebenSat.1-Vermarkters SevenOne Media kaum verändern. In diesem „realistischen Szenario „, das SevenOne Media am heutigen Mittwoch auf einer Pressekonferenz in München vorstellte, werden die Sehgewohnheiten auch in Zukunft weitgehend stabil bleiben – trotz der technischen Möglichkeit des DVR, zeitversetzt fernzusehen („Time Shifting“) und Werbung zu überspringen („Ad Skipping“). So wird sich das Volumen der täglich gesehenen Werbung bis 2010 auf 13,6 Minuten (2004: 13,3 Minuten) erhöhen, während das Volumen der vermiedenen Werbung auf 4,0 Minuten (2004: 3,3 Minuten) wachsen wird.

Darüber hinaus werden sich die digitalen Festplattenrekorder wesentlich langsamer verbreiten als noch vor wenigen Jahren prognostiziert. So gingen bis heute rund 160.000 DVR über den Ladentisch. Das heißt, dass derzeit in rund 0,5 Prozent der deutschen TV-Haushalte ein DVR genutzt wird. Außerdem wenden die Zuschauer, die bereits einen DVR besitzen, die technische Möglichkeit des „Time Shifting“ und „Ad Skipping“ wesentlich weniger an als bisher angenommen. Zu diesem Ergebnis kommt eine tiefenpsychologische Studie des Kölner Forschungsinstituts IFM. Die Mehrheit der Nutzer behält demnach trotz DVR ihr gelerntes Fernsehverhalten bei und nutzt den Festplattenrekorder nur als besseren Videorekorder.

Aufgrund der langsamen Verbreitung und geringen Nutzung ist der DVR kein „Werbekiller“, sondern eröffnet dem Free-TV sogar neue Geschäftsmodelle im Bereich des elektronischen Direct Marketings. Denn durch die Rückkanalfähigkeit der Geräte kann das Free-TV seinen Werbekunden künftig interaktive Marketinglösungen anbieten. Dazu zählen beispielsweise personalisierte und regionalisierte Werbung oder das Ausstrahlen von langformatigen Werbefilmen auf Abfrage.

Prognosen zur DVR-Verbreitung meilenweit von der Realität entfernt

Die Zuschauer nehmen die neue Technik nicht in dem Maß an wie in der Vergangenheit erwartet. Das ist einer der Gründe, warum verschiedene Prognosen zur Verbreitung von DVR grundsätzlich korrigiert werden mussten. Festplattenrekorder werden im Jahr 2006 nicht in 6 Prozent aller deutschen Haushalte stehen, wie 2002 beispielsweise vom Markt- forschungsinstitut Jupiter vorhergesagt, sondern – so die aktuelle Prognose von Jupiter – in lediglich 2 Prozent.

Auch die längerfristigen Prognosen über die Verbreitung mussten an die geringeren Abverkaufzahlen des letzten Jahres angepasst werden. Bis zum Jahr 2010 rechnet Jupiter heute mit einer Verbreitung von 9 Prozent – noch vor zwei Jahren hatte das Marktforschungsinstitut eine DVR-Verbreitung von 28 Prozent prognostiziert (siehe Chart). Quelle: Jupiter Forecasts 07/02, 11/04

Szenarien zur Verbreitung von DVR – Werbesehdauer nicht gefährdet

Um auf künftige Entwicklungen vorbereitet zu sein, hat SevenOne Media die möglichen Auswirkungen unterschiedlicher Szenarien der DVR- Verbreitung auf das täglich gesehene Werbevolumen berechnet: Wenn im Jahr 2010 in jedem zehnten Haushalt ein Festplattenrekorder steht („Realistic Case“), werden 4 Minuten Werbung pro Tag vermieden, 13,6 Minuten werden dagegen gesehen. 2004 wurden 3,3 Minuten Werbung via Zapping vermieden und 13,3 Minuten gesehen. Selbst im schlechtesten Fall („Worst Case“), also bei einer DVR-Verbreitung von 30 Prozent, sind keine signifikanten Veränderungen zu erwarten. Dann würden zwar 4,9 Minuten Werbung durch Ad-Skipping vermieden, aber immer noch 12,8 Minuten gesehen. Das entspricht dem Niveau von 2001 (siehe Chart). Quelle: AGF / GfK Fernsehforschung / pc#tv / Eigene Berechnungen SevenOne Media

Zuschauer nutzen DVR wie einen herkömmlichen Videorekorder

Die Gründe für die schleppende Verbreitung von Festplattenrekordern sind vielschichtig. Vor allem die Tatsache, dass mit dem DVR keine völlig neue Technologie, wie beispielsweise das Handy, in den Markt kommt, verhindert eine größere Kaufbereitschaft. Denn oft entscheiden sich die Verbraucher für einen DVR lediglich als Ersatz für den herkömmlichen VHS-Rekorder. Die Möglichkeit, Werbung zu überspringen, nennen nur 4,2 Prozent der Kaufinteressenten als Motiv (siehe Chart). Quelle: TimeBudget 11 / SevenOne Media / forsa

Tiefenpsychologische Studie über DVR-Nutzung relativiert Euphorie

DVR werden auch künftig zu keiner Revolution der TV-Gewohnheiten führen. Zu diesem Ergebnis kommt eine tiefenpsychologische Studie des Kölner Forschungsinstituts IFM, die im Auftrag von SevenOne Media und RTL-Vermarkter IP Deutschland durchgeführt wurde. Die insgesamt 50 tiefenpsychologischen Interviews mit DVR-Nutzern zeigen, dass Fernsehzuschauer im Alltag nicht immer ihr eigener Programmdirektor sein wollen. Nach anfänglicher Begeisterung, sich von der vorgegebenen Programmstruktur und der Werbung zu emanzipieren, kehrt die große Mehrheit der Nutzer rund zwei bis drei Monate später wieder zu den gelernten Sehgewohnheiten zurück. Denn durch die vielfältigen Auswahlmöglichkeiten fühlen sich viele Zuschauer überfordert. Zudem vermissen sie schnell die klare Tagesstruktur, die das Fernsehen durch feste Sendeplätze wie den Beginn von Nachrichten oder Spielfilmen vorgibt. Auch die Funktion des Fernsehens als Mittel zum Stressabbau und zum Entspannen verhindert eines stärkere Nutzung des DVR. Der DVR spielt dann bestenfalls noch die Rolle eines herkömmlichen Videorekorders. Die tradierten TV-Gewohnheiten sind letztlich stärker als die neue Technologie. Werbung wird meistens doch geschaut, weil sie als unterhaltend, informativ und anregend empfunden wird. Lediglich der Nutzen des zeitversetzten Fernsehens wird bisweilen als positiv dargestellt, zum Beispiel in Situationen, wenn zu Spielfilmbeginn die Kinder noch nicht im Bett sind.

Free-TV baut seine Leuchtturmfunktion weiter aus

Die Deutschen nutzen das Fernsehen heute im Schnitt 20 Prozent mehr als noch vor zehn Jahren. Besonders auffällig ist der Anstieg der TV-Nutzung in den „Premium-Zielgruppen“ (Zuschauer mit Abi/Studium: + 24 Prozent; Zuschauer mit HHNE 3.000 Euro und mehr: + 29 Prozent; siehe Chart). Quelle: AGF / GfK Fernsehforschung / pc#tv

Free-TV der Zukunft: Verknüpfung von Massenkommunikation und Direct Marketing

Als Agenda-Setter in stark fragmentierten Märkten wird Free-TV weiterhin eine herausragende Rolle spielen. Daraus ergeben sich Chancen, die technischen Möglichkeiten des DVR zu nutzen und völlig neue Geschäftsmodelle in Richtung elektronisches Direct Marketing zu entwickeln. In den USA und Großbritannien sind neue interaktive und personalisierte Vermarktungsformen via TV bereits Realität. Die Zuschauer können künftig direkt auf Werbethemen reagieren und mit speziell auf ihre Konsum- und Sehgewohnheiten zugeschnittenen Werbebotschaften angesprochen werden (personalisierte Werbung). Neue Märkte können die Free-TV Sender außerdem durch regionalisierte Werbung erschließen. Damit haben auch regional tätige Unternehmen künftig die Möglichkeit, ohne große Streuverluste im Fernsehen zu werben. Mit der Ausstrahlung von zeitlich unabhängig abrufbaren Langformaten („Timeshifted Advertising“) wie Industriefilme oder Unternehmensdarstellungen kann Free-TV ein weiteres neues Geschäftsfeld erschließen.

Andrea Malgara, Geschäftsführer Marketing & Research SevenOne Media: „Mit dem DVR verhält es sich wie mit der Digitalisierung des Fernsehens insgesamt: Die Chancen überwiegen die Risiken. Der DVR hat eben nicht nur ein grimmiges Gesicht. Ganz im Gegenteil: Er kann für die Werbung auch hochproduktiv sein und Werte schaffen. Durch die Rückkanalfähigkeit der Geräte ergeben sich völlig neue Geschäftsmodelle. Der Traum der Werbewirtschaft kann Realität werden: Push- und Pull- Funktionen ohne Medienbruch zu verbinden. Wir werden eines Tages die Möglichkeit haben, Massenwerbung und Direct Marketing bis hin zur Bestelloption auf einer TV-Plattform anbieten zu können.“

Media Contact

Andreas Kühner presseportal

Weitere Informationen:

http://www.sevenonemedia.de

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