Düsseldorfer Wirtschaftsforum: Fernsehen bleibt wichtigstes Massenmedium
Menschen ändern sich langsamer als Technik
Nach Auffassung des Zukunftsforschers Professor Horst Opaschowski vom Hamburger BAT Freizeit-Forschungsinstitut habe die Wirtschaft aus dem Flop der Internetbranche nicht viel gelernt. „Die Medientechnologien ändern sich schneller als die Mediengewohnheiten der Menschen. Auch in Zukunft fährt die Masse der Konsumenten ‚voll auf das TV-Programm ab’. Und die Prognose der Medienbranche ‚Web frisst Fernsehen’ erfüllt sich nicht“, sagte Opaschowski auf dem Wirtschaftsforum „Prominente hautnah“ der DeuKap Unternehmensgruppe vor rund 500 Gästen in Düsseldorf. Das Fernsehen bleibe das wichtigste Leitmedium im Alltagsverhalten der Menschen. „Die Informationsgesellschaft bleibt eine Vision. Auch in Zukunft werden die meisten Bürger lieber konsumieren als sich informieren. Das Internet wird das private Leben nicht revolutionieren, sondern nur ein wenig optimieren helfen. Die Zukunft gehört dem Kommunikationszeitalter. E-Communication bekommt eine größere Bedeutung als E-Commerce“, so Opaschowski.
Selbst Microsoft-Chef Bill Gates beklage, dass die Verhaltensänderungen der Menschen viel langsamer verlaufen als es die Entwickler seines Hauses wahrhaben wollen. „Die Macher in den technischen Abteilungen machen die Rechnung ohne die Mitmacher. Wer glaubt, beispielsweise über UMTS einen Massenmarkt zu erschließen, setze auf die kommenden Insolvenzen. Bei Extragebühren für neue Dienste sperren sich die Konsumenten“, warnte der wissenschaftliche Vordenker. Bei aller Multimedialität, die zu einer Flut von neuen Informationskanälen führe, steige das Bedürfnis nach persönlichen Kontakten. „Es entwickelt sich eine Renaissance der Persönlichkeit“, glaubt Opaschowski. Und hier liegen nach seiner Auffassung die wahren Potentiale für neue Märkte: „Wir müssen uns stärker der Dienstleistungsökonomie zuwenden, denn es findet eine Verlagerung vom Warenexport zum Wissensexport statt. Die Dienstleistungsgesellschaft erschließt neue Märkte und Arbeitsfelder. Europa und vor allen Dingen Deutschland leiden aber bisher unter einer Art Dienstleistungsverspätung: In der Entwicklung einer Dienstleistungskultur stehen wir erst am Anfang. Amerikaner sind nicht von Natur aus bessere Dienstleister, sie sind nur sehr viel früher und länger gezwungen gewesen, sich auf Dienstleistungen umzustellen“.
Mario Ohoven, Präsident des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft (BVMW) forderte in seinem Vortrag einen fundamentalen Wertewandel. „Deutsche haben ein zerrüttetes Verhältnis zum Eigentum und eine gestörte Beziehung zum Risiko. Wir brauchen aber eine Gesellschaft von Teilhabern nach dem Leitbild des ersten Bundeswirtschaftsministers Ludwig Erhard. Wir können die Risiken des Lebens nicht auf den Staat abwälzen. In Deutschland ist man zu sehr problemorientiert und nicht lösungsorientiert wie in den Vereinigten Staaten“, kritisierte Ohoven. Man könne nicht alles über Transferleistungen regeln, die Leistungselite verunglimpfen und die Gleichheit der Lebensverhältnisse predigen. „Diese Rechnung geht in einer globalen Arbeitswelt nicht mehr auf. Gefragt sind neue Selbständige, die mit Beziehungsintelligenz und Talent eine unternehmerische Grundhaltung entwickeln“, betonte Ohoven.
Mehr Leistung und Lebensgenuss müssten nach Ansicht des Zeitmanagementexperten Professor Lothar Seiwert www.seiwert.de allerdings kein Widerspruch sein. Um wirklich leistungsfähig im Berufsleben zu sein, brauche man eine Wohlfühlbalance. „Man darf sich bei der Terminhetze, E-Mail-Überflutung und dem Druck der Arbeit nicht von der Tyrannei der Dringlichkeit leiten lassen. Man muss einen Weg vom Dringenden zum Wichtigen finden. Wer zu viele Aufgaben und Rollen übernimmt, verzettelt sich im Alltag“, empfahl Seiwert den Düsseldorfer Gästen aus Wirtschaft, Verbänden, Medien und Kultur.
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