2006 wird das digitale Kabel-Jahr !
12. EUROFORUM-Jahrestagung “Die Zukunft der Kabel-TV-Netze”, 21. und 22.02.2006, Frankfurt am Main
„Die Konsolidierung auf dem Breitbandkabel-Markt ist im Jahr 2005 deutlich vorangekommen“, stellte Prof. Dr. Torsten Gerpott (Universität Essen-Duisburg) zum Auftakt der 12. EUROFORUM-Jahrestagung „Die Zukunft der Kabel-TV-Netze“ (21. und 22. Februar 2006) fest. Vor den rund 150 Teilnehmern des etablierten Kabel-Treffs zog er eine positive Bilanz nach der Übernahme des Kabelnetzbetreibers ish durch iesy und dem Zusammenschluss des Netzebene 4-Betreibers Tele Columbus mit iesy/ish zu Unity Media. Diese Anbieterkonzentration könne dazu beitragen, dass Kundenzahl- und Umsatzwachstum in deutschen Kabelmarkt künftig weniger deutlich hinter dem westeuropäischen Durchschnitt zurückblieben, sagte er. Trotz des gewaltigen Rückstandes des Kabel zu DSL, habe sich in 2005 die Zahl der Kabel-Internetkunden um 66 Prozent erhöht. Allerdings konnte DSL um 53 Prozent auf ungefähr 10,4 Millionen DSL-Anschlüsse zulegen.
Im digitalen Fernsehen sah der Telekommunikationsexperte für die Kabel-Branche neben der Programmvermehrung noch weitere Möglichkeiten zur Angebotserweiterung. Er erwarte positive Impulse durch die digitale Verbreitung der beiden großen privaten TV-Sendergruppen ab Anfang 2006. Durch die beschlossene Grundverschlüsselung der privaten Free-TV-Programme bei der digitalen Verbreitung werde der Absatz von Set-Top-Boxen und anderen Digitalendgeräten deutlich zunehmen, wenn die Kabelnetzbetreiber von einer monatliche Digital-Grundgebühr weiter absehen. Positiv wirke sich die Grundverschlüsselung auch auf die weiteren Ausweitungschancen von Pay-TV-Angeboten aus, sagte Gerpott. Durch die sich jetzt abzeichnende weitere Vervielfachung der Digital-Kanal-Angebote verstärke sich die Kapazitätsknappheit insbesondere auf der Netzebene 4 der Kabelnetze. Um allerdings im Pay-TV-Markt erfolgreich zu sein, könne auf Aktualität, Qualität, Exklusivität und Massenwirksamkeit nicht verzichtet werden, betonte er. Zum Erwerb der Bundesligarechte durch die Arena/Unity Media für die Jahre 2006 bis 2008 sagte Gerpott, dass dies den Kabelnetzbetreibern zwar helfe, sich zu Veranstaltern attraktiver Pay-TV-Programme zu entwickeln, allerdings dürfe es schwer sein, den hohen Rechtepreis allein durch Pay-TV-Einnahmen zu amortisieren. Eingeschränkt würden die Wachstumspotenziale für attraktive Pay-TV-Angebote auch durch die zunehmende Diffusion breitbandiger Internet-Zugänge und Heimnetze, die die Filmbeschaffung zuhause deutlich erleichterten.
Als eine zu beobachtende Bedrohung des Kabel-TV-Geschäfts schätzte Gerpott die von der Deutschen Telekom angekündigten VDSL-Angebote ein, mit dem bis Ende 2007 etwa 43,5 Prozent aller Festnetzanschlüsse mit Downstream- bzw. Upstream-Bandbreiten von bis zu 52 Megabits beziehungsweise 13 Megabits versorgt werden sollen. Hier könne auch Konkurrenz im HDTV für die Kabel-Netzbetreiber entstehen. Auch im Telefon- und Internetbereich wachse die Konkurrenz durch DSL weiter, stellte Gerpott fest. Hier könnten sich die Kabel-Netzbetreiber zwar behaupten, allerdings entscheide hier nur der Preis. Mit ihren Paketangeboten sei die Branche im Triple Play aber auf einem guten Weg.
Die Initiativen des größten deutschen Kabelnetzbetreibers Kabel Deutschland GmbH (KDG),die Digitalisierung der Netze voranzutreiben, beschrieb der KDG-Geschäftsführer Christof Wahl. Nach den erfolgreichen Vermarktungs-Offensiven für Triple-Play-Pakete in 2005, setze KDG auch weiter auf die Telefon- und Internetdienste. Seit November 2005 seien mehr als 40.000 neue Kunden gewonnen worden, die auch Internet und Telefonie nutzten, stellte Wahl zufrieden fest. Als Erfolgsfaktoren nannte er attraktive Paketangebote, eine hohe Programmqualität, hochwertige Netze sowie den Kundenservice vor Ort.
Wahl kündigte an, in den nächsten drei Jahren 500.000 Euro in die Aufrüstung der Netze zu investieren, um die sogenannte Rückkanalfähigkeit herzustellen. Ziel sei es, dann in 90 Prozent der KDG-Netze Triple-Play anbieten zu können. Wahl betonte die Bedeutung dieser beträchtlichen Investitionen vor dem Hintergrund eines Jahresumsatzes von rund 1 Milliarde Euro. Da allerdings bis 2010 mit einer Verdopplung des Breitbandmarktes von derzeit 10 auf 20 Millionen Kunden erwartet wird, seien noch 50% des erwarteten Marktes zu verteilen. Dies rechtfertige auch die enormen Investitionen von Kabel Deutschland.
„Die digitale Einspeisung der privaten Fernsehsender ist ganz wichtig für uns“, sagte Wahl mit Blick auf das weitere TV-Geschäft. Durch die Einigung mit den privaten Sendergruppen könne KDG seit Januar 2006 nun auch die Programme der beiden großen privaten Sendergruppen sowie zahlreiche kleine private Sender verbreiten. Insgesamt seien heute schon rund 200 Fernsehsender über das Kabel empfangbar -analog oder digital, frei oder im Abonnement. Wahl freute sich über die mehr als 400.000 neuen Kunden, die seit der Einführung eines eigenen Abo-Angebotes bei der KDG gewonnen worden seien. In Zukunft sollen weitere Kanäle das Abo-Anbebot ergänzen, unter anderem sei bereits mit der ProSiebenSat1 Media AG einen entsprechende Vereinbarung über zwei neue Pay-Kanäle getroffen worden.
Optimistisch zeigte sich Wahl über die weiteren Entwicklungen im digitalen Fernsehen: „Im Kabel wird es bis zu 500 Kanäle im digitalen Bereich geben und die Pay-Per-View-Angebote werden zunehmen“, prognostizierte er. Auch auf HD-TV sei man bereits vorbereitet und die Interaktivität sei das nächste große Ziel. Abschließend stellte der KDG-Chef fest, mit den Entwicklungen im letzten Jahr das Kabel wieder auf Erfolgskurs gebracht zu haben.
„Wichtig ist die Entwicklung vom Betreiber zu einer marktorientierten Retail-Organisation“, betonte Georg Hofer von Kabel Baden-Württemberg GmbH & Co. KG. Die Trennung zwischen der Netzebene 4 und 3 werde sich seiner Meinung nach zugunsten integrierter Unternehmen auflösen. Die hohe Bandbreite des Kabels biete viele Optionen, um im TV- und im Breitbandinternetmarkt erfolgreich arbeiten zu können, führte Hofer weiter aus. Er verwies auf das enorme Potenzial des Breitbandkabels, da gegenwärtig nur zehn Prozent der Übertragungskapazität für IP-Dienste und rund neunzig Prozent der Kapazität für Broadcast verwendet werde. „Eine Erweiterung in Richtung IP ist jederzeit möglich“, so Hofer. Potenziale für das weitere Geschäft machte er in der zunehmenden Individualisierung der Kunden aus. Hier biete das Kabel deutliche Wettbewerbsvorteile gegenüber DSL. Mit 400 Kanälen biete Kabel Baden-Württemberg schon heute das größte Angebot an TV- und Radioprogrammen an. Ergänzt würde dieses durch Gaming-Portale und Triple-Play-Angebote.
Als Voraussetzung für den weiteren Erfolg der Kabel-Netze hob Hofer die Modernisierung und Optimierung der Netze durch neue Glasfaseranbindungen hervor. Kabel BW beabsichtige bis 2010 die hundertprozentige Netzmodernisierung in Baden-Württemberg. Vor allem durch die Glasfaserinfrastruktur ergäben sich Distanzvorteile, die es ermöglichten, auch den ländlichen Raum schnell zu modernisieren. Schon wegen der physikalischen Einschränkungen könne DSL diese Abdeckung nicht erreichen, stellte Hofer fest.
„Die Zukunft sind Nischenprogramme“, sagte er weiter. Um Platz für diese Angebote im Kabel zu schaffen, müssten die Netze modernisiert werden. Zunehmend sei zu beobachten, dass Sender nicht mehr über Satellit ausstrahlen, sondern lieber das Kabel nutzten. Schon heute werden 76 Programme exklusiv bei im Netz von Kabel BW verbreitet. Als interessante Option für Spartenangebote verwies Hofer auf das von Kabel Baden-Württemberg angebotene „Kabel Digital Playout“. Dies sei eine technische Plattform, die es beispielsweise Sportvereinen oder Kommunen ermögliche, eigene Mediendienste zu schaffen und diese dann über das Kabel digital auszustrahlen.
„Wir glauben, dass bis 2012 das analoge Fernsehen verschwunden sein wird“, stellte Hofer mit Blick auf den erreichten Simulcast fest. Seine Prognose ging dabei noch weit über die Erwartungen von Christof Wahl hinaus. Hofers Ansicht nach werde es über 700 digitale Programme und über 500.000 Video-On-Demand-Angebote geben. Um diese Programmvielfalt zu ermöglichen und damit auf die künftigen heterogenen Zielgruppenbedürfnisse eingehen zu können, plädierte er für den Ausbau der Netze auf eine Bandbreite von 862 Megahertz mit Rückkanal um volle Interaktivität zu gewährleisten.
Zufrieden mit den Entwicklungen im Kabel-Markt zeigte sich auch der Präsident des Verbandes der Kabelnetzbetreiber, Rüttger Keienburg. Im Rahmen der von Werner Lauff moderierten Podiumsdiskussion sagte er: „Die Power des Investments in den letzen Jahren ist schon gewaltig“. Keienburg stellte ein wachsendes Bewusstsein für das Kabel als attraktiver Infra-Struktur fest und auch politisch werde das Kabel stärker wahrgenommen. Wie schon auf der EUROFORUM-Jahrestagung im letzten Jahr wünschte sich Keienburg aber eine stärkere bundeseinheitliche Vermarktung des Kabels, insbesondere nach den jetzt erreichten Einigungen über den Simulcast und die Grundverschlüsselung. Christof Wahl versicherte, dass KDG die erreichte Einigung mit den privaten Sender-Gruppen intensiv vermarkten werde. Gemeinsam mit Georg Hofer rief Wahl aber auch die Endgeräte-Hersteller auf, das attraktive Angebot der digitalen Kabelnetze zu bewerben. Dr. Peter Charissé vom ANGA Verband privater Kabelnetzbetreiber e.V. wunderte sich auch über die Zurückhaltung der TV-Sender, ihre erweiterte digitale Zuschauerreichweite nicht deutlicher zu kommunizieren.
Den Erwerb der Bundesliga-Rechte bewerteten Keienburg und Charissé als eine „Riesenchance“ für das Kabel. Mit dieser Option könnten die Kabelbetreiber ihren Kunden einen großen Mehrwert anbieten, sagte Keienburg. Für Charissé bedeutet der Erwerb der Bundesliga-Rechte Emanzipation. „Bis jetzt sind immer wir hinter den Anbietern hergelaufen. Mit den Bundesliga-Rechten ist das Content-Monopol aufgebrochen worden“, stellte er fest.
Der beste und einzige Weg in die Medienzukunft ist der analoge Switchoff“, betonte der Medienexperte Werner Lauff in seinem Plädoyer für eine baldige Migration von analog zu digital. Ein „harter Umstieg“ zum Stichtag 31.12.2008 könne seiner Meinung nach entscheidend dazu beitragen, die Digitalisierung voranzutreiben. Lauff erwartet nach der Einigung über Simulcast und Grundverschlüsselung zwar schon bald eine breite Kampagne für das digitale Fernsehen und damit eine weitere Penetration der Set-Top-Boxen. Diese Entwicklungen werde ach dazu führen, dass weitere Fre-TV- und Pay-TV-Sender entstehen. Damit nähmen aber die Verteilungskämpfe um Programmplätze im ohnehin schon „vollen“ Kabel weiter zu. Mit einem raschen und endgültigen Wechsel würde wieder Platz für neue Kanäle im Kabel entstehen und der Pay-TV-Markt belebt werden.
Optimistisch verlief auch die zweite Podiumsdiskussion, an der unter anderem die Vizepräsidentin der Bundesnetzagentur, Dr. Iris Henseler-Unger, sowie Dr. Oliver Werner (ARD), Wolfgang Wagner (ZDF) und Dietmar Schickel als Vertreter des Kabelnetzkonsortiums Unity Media (Unity Media) teilnahmen.
Aus Sicht der Bundesnetzagentur gibt es keine Alternative zur Digitalisierung der Netze. Der zunehmende Wettbewerb im Kabel-Markt zeige, dass man auf dem richtigen Weg sei, um die darin liegenden Chancen zu nutzen, stellt Iris Henseler-Unger fest. Die Zukunft werde von der Konvergenz der Inhalte und Technik geprägt sein. Problematisch sei jedoch, dass die heutigen Gesetze die moderne Welt der Konvergenz nicht abbilden würden. In Bezug auf die Ambitionen der Deutschen Telekom eine regulatorische Sonderregelung für den Ausbau des VDSL-Netzes zu bekommen, stellt Henseler-Unger fest, dass es solche pauschale Regelungen für VDSL nicht gäbe. Die Telekom sei aufgefordert nachzuweisen, dass sie wirklich einen neuen Markt aufbaue
„2006 wird das digitale Kabeljahr!“ Unter diesem Vorsatz zeigte sich Dietmar Schickel optimistisch. Das Kabelnetzkonsortium Unity Media „ist die Mutter von vier schönen Töchtern“, erklärte der Unity Media-Vertreter. Der Erwerb der Bundesligarechte durch Unity Media stimme einerseits optimistisch, stelle aber auch einige Herausforderungen dar. Darum stehe jetzt für sein Unternehmen die Frage nach Partnerschaften im Vordergrund. Schickel kündigte bereits für März an, dass Unity Media die offenen Fragen um die Bundesligarechte beantworten werde.
Weiter Informationen:
Dr. phil. Nadja Thomas
Pressereferentin
EUROFORUM Deutschland GmbH
Prinzenallee 3
40549 Düsseldorf
Tel.: +49 (0)211/9686 – 3387
Fax:+49 (0)211/9686 – 4387
E-Mail: nadja.thomas@euroforum.com
Media Contact
Weitere Informationen:
http://www.euroforum.de/presseAlle Nachrichten aus der Kategorie: Kommunikation Medien
Technische und kommunikationswissenschaftliche Neuerungen, aber auch wirtschaftliche Entwicklungen auf dem Gebiet der medienübergreifenden Kommunikation.
Der innovations-report bietet Ihnen hierzu interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Interaktive Medien, Medienwirtschaft, Digitales Fernsehen, E-Business, Online-Werbung, Informations- und Kommunikationstechnik.
Neueste Beiträge
Lichtmikroskopie: Computermodell ermöglicht bessere Bilder
Neue Deep-Learning-Architektur sorgt für höhere Effizienz. Die Lichtmikroskopie ist ein unverzichtbares Werkzeug zur Untersuchung unterschiedlichster Proben. Details werden dabei erst mit Hilfe der computergestützten Bildverarbeitung sichtbar. Obwohl bereits enorme Fortschritte…
Neue Maßstäbe in der Filtertechnik
Aerosolabscheider „MiniMax“ überzeugt mit herausragender Leistung und Effizienz. Angesichts wachsender gesetzlicher und industrieller Anforderungen ist die Entwicklung effizienter Abgasreinigungstechnologien sehr wichtig. Besonders in technischen Prozessen steigt der Bedarf an innovativen…
SpecPlate: Besserer Standard für die Laboranalytik
Mehr Effizienz, Tempo und Präzision bei Laboranalysen sowie ein drastisch reduzierter Materialverbrauch: Mit der SpecPlate ersetzt das Spin-off PHABIOC aus dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) durch innovatives Design gleich…