HYPERRAUM.TV-Doku: Geist-Materie-Matrik
Gibt es eine immaterielle Seite des Universums? Wie wäre diese mathematisch zu beschreiben? Und kann sie experimentell mit einer Maschine nachgewiesen werden? Das sind die Fragen, um die sich die Forschungen des Ingenieurs und KI-Forscher Ralf Otte von der Hochschule in Ulm drehen. Mit Kollegen hat er bereits eine Theorie erarbeitet, die sich in die Quantenmechanik integrieren lässt. Quanten sind demnach der gemeinsame Boden der Welt der Materie und der Welt des bisher unbekannten Immateriellen. Diese immaterielle Komponente soll jeglicher Materie innewohnen, von der unbelebten bis zur belebten Natur. In der Sendung „Geist-Materie-Matrix – Ralf Otte und die Theorie des Immateriellen“ von Susanne Päch räumt Otte jedoch gleich zu Beginn mit einem aus seiner Sicht weit verbreiteten Irrglauben auf, wenn er sagt:
„Digital arbeitende Maschinen können niemals Bewusstsein erlangen.“
Denn die arbeiten ausschließlich mit Software-Algorithmen, letztlich also mit bloßer Mathematik. Mathematik sei zwar, führt er weiter aus, für alle technologischen Anwendungen und auch für ihn als Ingenieur das wichtigste Werkzeug, aber sie reicht für ihn keinesfalls aus, um Bewusstsein in der physischen Welt zu erzeugen.
Für Otte gibt es daher eine klare Grenze, die digital arbeitende Maschinen grundsätzlich nicht überschreiten können: So komplex sie auch werden mögen, ihr mathematisch definiertes, rein digital existierendes Denken kann in unserer Welt niemals irgendeine Form realer Existenz erlangen. Wer also eine digital gesteuerte Maschine baut, der baut nur ein simuliertes System der Wirklichkeit. Mit der Realität hat das für Otte nichts zu tun, das System verhält sich nur, als ob es existiert.
Die Mathematik, mit der Otte seine Forschungen unterlegt, arbeitet mit einer von diesem Team entwickelten, neuen Unterklasse sogenannter bikomplexer Zahlen. Sie gehörten zu den hyperkomplexen Zahlen, die von William Rowan Hamilton (1805-1865) in die Mathematik eingeführt wurden. Mit ihnen kann er auf der Grundlage der Quantenmechanik eine duale Wirklichkeit aus einer materiellen und einer immateriellen Welt theoretisch darstellen. Otte nennt diese immaterielle Seite „Bewusstsein“, was doch etwas irreführend ist, weil es in der heutigen Begriffsbestimmung auf Leben beschränkt bleibt. Genau das meint Otte aber nicht, wenn er von Bewusstsein spricht. Er beschreibt eine immaterielle Parallelwelt, die er mathematisch als „imaginäre Energie“ bezeichnet und die auf nicht-energetischen, also imaginären Wellenfunktionen basiert. Sie steht über die Quantenwelt in permanentem, aber bisher unerkanntem Austausch mit der materiellen Seite der Energie. Für Otte besitzen nicht nur Lebewesen diese andere Seite, jedes Elementarteilchen trägt die immaterielle Seite bereits in sich. Deshalb wäre ein Begriff wie „geistige Welt“ für solche Überlegungen wesentlich treffender, aber immer rückt so etwas rasch in Richtung Pseudowissenschaft. Gerade zu der möchte der exakt arbeitende Ingenieur zweifelsfrei nicht gehören.
Die immaterielle Ebene physikalischer Maschinen, wie Otte sie definiert, lässt sich in die Welt der Quantenphysik integrieren. Otte stößt damit erst einmal theoretisch die Türe zu einer bisher verschlossenen, aber vielleicht doch exakt fassbaren möglichen Parallelwelt dieser Wirklichkeit auf. Sie könnte auch manche Merkwürdigkeiten der Quantenphysik erklären, die wir zwar berechnen und inzwischen auch experimentell beobachten können, aber irgendwie nicht richtig verstehen: was zum Beispiel bedeutet die sonderbare Kohärenz von Quantenteilchen, die sich an verschiedenen Orten gleichzeitig aufhalten können? Oder wie ist das mit der Information über Raum und Zeit hinweg?
Doch Otte ist Ingenieur, für den die Theorie zwar Grundlage, aber nicht das Ziel seiner Forschungen ist. Im nächsten Schritt geht es ihm darum, den Versuch zu starten, diese andere Seite der Materie auch experimentell nachzuweisen. Er möchte das mit dem Bau einer physikalischen Maschine erreichen. Da denkt man zuerst an Quantencomputer. Aber auch die sind für Otte letztlich nur bedingt hilfreich. Denn auch sie werden über digitale, nicht über analoge Algorithmen von außen gesteuert. Er setzt deshalb auf sogenannte neuromorphe Computer – ursprünglich dafür entwickelt, um die neuronalen Verschaltungen des menschlichen Gehirns im Labor nachzubauen. Diese rüstet er mit einem analog arbeitenden optischen Wahrnehmungssystem aus. Damit ist das Gesamtsystem in der physikalischen Welt verankert und bietet damit aus Sicht von Otte erstmals die Möglichkeit, nach den nicht-energetischen, also imaginären Wellenfunktionen zu suchen. Erst ganz am Ende solche Experimente stünde dann der Nachbau der grundlegenden Funktionsweise des Gehirns. Otte glaubt allerdings nicht, dass er so weit kommen kann. Er hoffe nur, den Nachweis der Existenz imaginärer Wellenfunktionen belegen zu können.
Man mag all das für etwas abgehoben halten, interessant ist die Suche nach einer mathematisch begründeten Vorstellungswelt des Geistigen in jedem Fall. Und ein Dominostein, der das theoretisch begründete Denkgebäude auseinanderfallen lässt, ist bisher nicht gefunden. So arbeitet Otte weiter an der Quanten-Matrix von Geist und Materie – als Wissenschaftler, der einerseits fest auf dem Boden der exakten Forschung steht, sich aber mit seiner Gedankenwelt dem „konventionellen“ Wissenschaftsbetrieb irgendwie doch erheblich entzieht. Solche findet man leider recht selten.
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