TV-Doku: Blick ins Hirn
Mit der funktionellen Magnetresonanztomographie sowie Elektroenzephalogrammen kann die Hirnforschung Denkprozesse analysieren. Die Auswertung der Daten ist komplex, ermöglicht heute aber mit Hilfe von KI-Methoden bereits erste Ansätze, nicht nur sagen zu können, wo das Denken im Hirn gerade stattfindet, sondern auch an was der Proband gerade denkt.
Susanne Päch spricht in ihrer HYPERRAUM.TV-Doku „Blick ins Hirn – die Neurowissenschaften beobachten den Menschen beim Denken“ mit John-Dylan Haynes über die Methode, ihre Grenzen aber auch den Stand der Kognitionsforschung. Haynes arbeitet an der Charité in Berlin und forscht zudem als Mitglied des Bernstein-Netzwerks im Bereich der Computational Neuroscience.
Um zu verstehen, wie das menschliche Denken funktioniert, ist es erst einmal wichtig zu verstehen, was es bedeutet, dass das Gehirn ein offenes System ist. Es nimmt nur einen geringen Teil der laufend auf die Sensoren der Wahrnehmung einprasselnden Einflüsse bewusst wahr, das meiste bleibt im Unbewussten. Im Lauf des Lebens bilden sich individuell ganz unterschiedliche Denkstrukturen im neuronalen Netz heraus. Das Phänomen bezeichnet der Hirnforscher als „Lernen“.
Wer lernt, weiß zuerst einmal mehr als vorher, die Person kann dieses Wissen aber auch für das eigene Verhalten in der Welt anwenden. Lernen und Verhalten sind also eng verzahnt und wechselwirken. Für den Hirnforscher stellen sie dennoch ganz unterschiedliche Kategorien des menschlichen Geistes dar. Denn nicht alles, was der Mensch erlernt, setzt er auch in Verhalten, also in Handlungen um. Der Raucher weiß, dass Rauchen schädlich ist – und greift dennoch weiter zur Zigarette …
Das Verhalten wiederum wirkt auf das Lernen zurück, denn: Wie wir uns verhalten, steuert im Gegenzug, was wir lernen können und was außerhalb unseres Wahrnehmungsbereiches liegt. Denn unser Hirn filtert die zahllosen Daten, die laufend auf uns einprasseln. Wem oder was wir unsere bewusste Aufmerksamkeit zuwenden, das wird vor allem durch unbewusste emotionale Filter gesteuert. Was uns gefällt, was Freude macht, dem wenden wir uns gern zu, was wir als unangenehm oder gar abstoßend wahrnehmen, das versuchen wir zu vermeiden oder zu ignorieren. Es gibt bei der Aufmerksamkeit aber auch Faktoren, die im Bewusstsein eine Rolle spielen: beispielsweise wenden wir uns auch dem zu, was wir als „wichtig“ einstufen.
Für den Psychologen gehören Entscheidungen zu den kognitiven Prozessen im Gehirn. Sie basieren stets auf einem mehr oder weniger komplexen Geflecht aus unbewussten Emotionen, Erfahrungen und Wissen. Zwar gibt es Entscheidungen, die wie beim Autofahren in Sekundenschnelle und daher „intuitiv“ getroffen werden müssen. Aber längerfristige Entscheidungen wie die beim Kauf von Waren sind ein Prozess, der sich in der Regel im Bewusstsein abspielt. Hirnforscher befassen sich mit Experimenten, wie der Mensch solche Entscheidungen fällt – und blicken dem Probanden dabei inzwischen auch mit maschineller Hilfe direkt ins Gehirn.
In dieser Reportage berichtet Susanne Päch auch über die Funktionsweise des Hirnscanners, mit dem das Denken inzwischen digital erfassbar wird. Mit ihm wurde es möglich zu zeigen, wo das Denken im Gehirn stattfindet – aber längst noch nicht, „was“ der Proband tatsächlich denkt. Zwar kann die Psychologie die unterschiedlichen Einzelprozesse für eine Entscheidungsfindung modellhaft darstellen, dennoch ist die Forschung ganz weit davon entfernt, detaillierte Vorhersagen über individuelle Entscheidungsprozesse machen zu können. Denn wie die zahlreichen Parameter, die diese im Gehirn steuern, sind individuell höchst verschieden. Denn: Neuroforscher sind auf der Suche nach den Grundlagen solcher kognitiven Prozesse, die in typischen Mustern der digitalen Daten kenntlich werden. Mit maschinellem Lernen und Künstlicher Intelligenz beginnen die Neuroforscher die Bedeutung dieser Muster allmählich zu entschlüsseln. Noch steht die Wissenschaft ganz am Anfang des Weges zur Simulation kognitiver Prozesse. Doch weit entfernt am Horizont taucht schon die Entschlüsselung des digitalen Codes menschlichen Denkens in einem Modellhirn auf.
Ansprechpartner:
Dr. Susanne Päch
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