TV-Doku: Klimaforschung: Die Beherrschung des Chaos
Die öffentliche Debatte über die komplexe Klimaforschung wird von Zweifeln getragen, ob Prognosen anhand der vielfach noch nicht modellierbaren kleinskaligen Prozesse auf globaler Basis genügend korrekt gegeben werden können. Dieses Thema steht im Zentrum der TV-Doku „Beherrschung des Chaos – das Klimasystem zwischen chaotischen lokalen Phänomenen und deterministischem globalen Antrieb der Kohlendioxid-Emissionen“ von HYPERRAUM.TV.
Susanne Päch befragte dazu Detlef Stammer, Direktor des Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit und Sprecher des Hamburger Exzellenzclusters und Peter Braesicke, der am KIT-Institut für Meteorologie und Klimaforschung in Karlsruhe eine Professur zur Modellierung der Atmosphäre in Erdklimasystemen hat, sowie Almut Arneth, die am KIT-Zentrum Klima und Umwelt Sprecherin Topic Ökosysteme ist.
Tatsächlich gibt es heute noch unbekannte, oder jedenfalls nicht gänzlich quantifizierbare kleinskalige Prozesse in Klimamodellen. Dazu zählt beispielsweise die Frage, wie genau das Abtauen großer Eismengen die Strahlungsbilanz der Erde beeinflusst. Susanne Päch berichtet in der Sendung zudem von weiteren Beispielen aus der Atmosphärenmodellierung. Denn etliche Bestandteile, sogar die beiden Treibhausgase Methan und Lachgas, können heute zum Teil auch aufgrund der mangelnden Validierungsmöglichkeiten mit historischen Daten derzeit nur bedingt oder kaum modelliert werden. Unstrittig ist dabei, dass solche Prozesse zu teils starken regionalen Abweichungen vom globalen Temperatur-Durchschnitt führen können.
Die Unschärfe von Klimaberechnungen hat neben dieser noch unzureichenden Modellierung regionaler Prozesse eine weitere, quasi systemimmanente Ursache: Klimamodellierung fußt stets auf mathematisch beschriebenen Vereinfachung der Prozesse und deren zeitlicher wie räumlicher Datenberechnung in Rastern. Das führt zwangsläufig zu einem Unschärfe-Korridor. Daneben gibt es zuletzt noch eine Unschärfe, die dadurch entsteht, dass solche chaotischen Mikroprozesse auf atomarer und molekularer Ebene für die Wissenschaft in Algorithmen sowieso nur grundsätzlich statistisch erfassbar sind.
Wie aber kann die Wissenschaft dann überhaupt annehmen, dass die mit zahlreichen Unsicherheitsfaktoren belegten Detailprozesse unter vorgegebenen Annahmen für das menschliche Wirken dennoch Projektionen ergeben, die über den vom Menschen verursachten globalen Temperaturanstieg relevante Aussagen treffen? Die Antwort ist: ja – und sie ist trotz der Komplexität des Systems und der genannten Unschärfen darin weniger kompliziert zu erklären als vermutet: Gerade das wichtigste Treibhausgas Kohlendioxid wird seit mehr als hundert Jahren detailliert untersucht. Die globale Modellierung kann mit zahlreichen historischen Messdaten auch belegt werden.
Die bestehenden Unsicherheiten spielen sich bei der Modulierung des oft abweichenden regionalen Geschehens ab. Fest steht aber für die globale Betrachtung: Die extrem großen Mengen an Kohlendioxid, die der Homo Sapiens in erdgeschichtlich kürzester Zeitspanne in die Atmosphäre bläst, verändern das klimatische Geschehen mit so großer Wucht, dass für den Forscher aus dem Klimachaos im Kleinen dann doch ein weitgehend deterministisch berechenbares System im globalen Maßstab hervorgeht.
Ansprechpartner:
Dr. Susanne Päch
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