TV-Doku: Laserkommunikation im All
Das letzte Jahrzehnt hat für die Satellitentechnologie zwei gravierende Veränderungen gebracht: Tonnenschwere geostationäre Satelliten sind ziemlich aus der Mode gekommen, jetzt sind vernetzte Kleinsatelliten auf niedrigen Umlaufbahnen in. Und im Bereich der Datenkommunikation wird die altgediente Funktechnologie von der optischen Übertragung via Lasern abgelöst. Das derzeit führende deutsche Know how ist gerade weltweit gefragt, doch ob diese Marktführerschaft Bestand haben kann, ist fraglich. Über Märkte und Technologien sprach Susanne Päch in der HYPERRAUM.TV-Doku „Laserkommunikation – Die optische Nachrichtenübertragung im All und die Zukunft von Nano-Satelliten“ mit Matthias Motzigemba. Der Nachrichtentechniker ist ein Urgestein bei Tesat, einem mittelständischen Unternehmen im schwäbischen Backnang. Auf das stößt man unweigerlich, wenn man sich für die avantguardistische Laserkommunikation im Weltraum interessiert.
Motzigemba hat die Geschichte der weltraumgestützte Lasertechnologie bei Tesat, heute Teil des Airbuskonzerns, seit 1988 mit wenigen Jahren „Auszeit“ aktiv mitgestaltet, die, wie er sagt, vor 25 Jahren noch „ein Traum der Ingenieure“ war.
EDRS – für European Data Relay System – brachte dann 2017 die Weltneuheit in den Markt. Mit dem Start des ersten Hochleistungssatelliten begann die lasergestützte optische Datenkommunikation aus dem Orbit kommerziell. Über die Satelliten in geostationärer Umlaufbahn können Nachrichten mit 1,8 Gigabit pro Sekunde über eine Entfernung von mehr als 40.000 km via Laserlicht ausgetauscht werden. Das allerdings nur zwischen Objekten oberhalb der Atmosphäre, nicht jedoch zur oder von der Erde. Denn die Wetterzone mit Wolken und Niederschlag ist für Laserlicht ein erheblicher Störfaktor, eine technologische Aufgabe, an deren Lösung Tesats Ingenieure noch entwickeln. Heute kommen die beiden im geostationären Orbit fliegenden EDRS zum orbitalen Nachrichtenaustausch mit Erderkundungs-Satelliten zum Einsatz, sowie für einige militärische Anwendungen. Denn der Laser-Pointer kann nicht nur mit Satelliten kommunizieren, sondern auch andere sich bewegende Objekte wie Flugzeuge erfassen, heute die beiden wichtigsten Arbeitsfelder der orbitalen Laserkommunikation.
Doch eigentlich hatte Airbus 2017 noch höher fliegende Pläne mit EDRS. Beim Start wollten die Macher aus der geostationären Umlaufbahn ein lasergestütztes weltumspannendes mobiles Kommunikationsnetz für den breiten Markt aufbauen. Diese Ideen bei der Weltpremiere wurden allerdings sehr schnell von einer neuen Systemkonzeption für das Internet aus dem All geradezu überholt. In den USA haben sich sowohl die privaten Weltraumdienste-Anbieter im News Space als auch die Regierung samt Militär inzwischen vom geostationären Orbit und seinen tonnenschweren Einzel-Satelliten weitgehend verabschiedet. Alle schwärmen seither von der niedrigen Umlaufbahn mit untereinander vernetzten Konstellationen aus Kleinsatelliten.
Während also die geostationären Satelliten à la EDRS im Bereich der Kommunikation weitgehend ausgedient haben, ist das mit der Lasertechnologie ganz anders. Tesat kann sich rühmen, heute mit weltweit rund 60 Prozent Marktanteil Technologie- und Marktführer zu sein – und ist über die Airbus-Mutter natürlich auch gut in den militärischen Komplex integriert. Das ist bedeutsam, denn auch das Militär sieht die Zukunft in solchen vernetzten Systemen, da sie vom Feind weniger gut gestört werden können als ein einziger, fest stehender Satellit in geostationärer Bahn. Die Space Development Agency SDA hat gerade ein Netz mit 150 solcher niedrig fliegenden Kleinsatelliten ausgeschrieben, die natürlich die großen US-Hersteller bauen. Für das ausgelobte Marktsegment der optischen Datenkommunikation zwischen den Netzsatelliten soll nun erstmals optische Lasertechnik zum Einsatz kommen. So kauft das US-Militär jetzt deutsches Know how ein und Tesat darf sich heute schon gute Chancen auf einen kurz bevorstehenden Großauftrag von 600 Terminals aus Übersee freuen.
Doch bei aller heute noch geschwellter Brust des Weltmarktführers ist klar: Die klingelnde Kasse wird vielleicht nicht sonderlich nachhaltig sein. Denn schon stehen amerikanische Unternehmen in den Startlöchern, um den von deutschen Ingenieuren erbrachten Nachweis, dass Laserkommunikation im Weltraum ausgezeichnet funktioniert, nun in kommerziell erfolgreiche Produkte für den US-Markt umzusetzen – allen voran Elon Musk, der die Früchte deutscher Ingenieurskunst erntet und auch seine Starlink Constellation im Orbit bald über Laserkommunikation vernetzen will – und das mittelfristig wohl kaum mit einem Produkt „made in Germany“. So könnte die heutige Position des Weltmarktführers bald ins Wanken geraten – ohne Abfederung aus dem heimischen Markt.
Das kleinste Terminal der Produktpalette von Tesat, das Cube LCT, ist das weltweit kleinste Laserterminal. Schon vor etlichen Jahren startete im DLR-Institut für Kommunikation und Navigation in Oberpfaffenhofen die Entwicklung für eine neue Generation von Laser-Terminals. Sie sollte die optische Übertragung nicht nur auf Objekte im Orbit beschränken, sondern die Daten durch die Atmosphäre bis auf den Erdboden bringen. Schon früh wurde die Entwicklung an Tesat lizenziert, im Gegenzug verpflichtete sich Tesat zur Finanzierung des Forschungsprojektes. Im Januar 2021 startete der Nanosatellit Pixl, mit dem dieses die Weltraum-gestützte Laserkommunikation zum Boden erstmals demonstriert wird. Auf dem Satelliten fliegt eine Digitalkamera, die Bilder der Erde aus dem Orbit aufnimmt und via Laserlicht zur Erde überträgt. Die Fehlerkorrekturen fußen dabei auf Standards, die für die konventionelle Funkübertragung genutzt und an die Laserübertragung angepasst wurden.
Erst allmählich erkennen die Raumfahrtverantwortlichen in Europa die über solche Forschungsanwendungen weit hinaus reichende strategische Bedeutung der Nanosatelliten und der optischen Nachrichtentechnik. Aber wie und vor allem ob überhaupt der Weltraum mit einer vernetzten europäischen Satelliten-Konstellation für den Massenmarkt erschlossen werden kann, steht heute in den Sternen. Motzigemba klagt, dass es den Europäern fehle, so dass sie die theoretisch vorhandene Wirtschaftskraft Europas eben nicht auf die Straße bringen. Er sieht die Gefahr, dass Europa in der Information und Kommunikation zunehmend von den USA abhängig wird.
Aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt – und so ist im schwäbischen Backnang sogar schon die Quantenkryptographie zu einem interessanten Forschungsspielfeld der Ingenieure geworden – mit der weltraumlaser-gestützten Übertragung von Quantenschlüsseln. Tesat ist selbstverständlich auch in diesem inzwischen ziemlich gehypten Feld an der Front der Entwicklung mit dabei.
Ansprechpartner:
Dr. Susanne Päch
Chefredaktion HYPERRAUM.TV
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