TV-Doku: Leben unter dem Eis des Enceladus

Hat sich Leben nur auf der Erde gebildet oder gibt es auch anderswo im Sonnensystem und dem Weltall Lebensformen? Das ist das Terrain der Astrobiologen, für die neben dem Mars inzwischen auch die Eismonde der Gasriesen Jupiter und Saturn zu interessanten Zielen geworden sind.

Warum, das erklärt Petra Rettberg in der Doku von HYPERRAUM.TV „Leben unter Eis – Astrobiologen suchen auf den Monden von Jupiter und Saturn nach Mikroorganismen“. Sie gibt Susanne Päch Auskunft über den Stand der Forschungen und die Erwartungen der astrobiologischen Community, die interdisziplinär unterschiedliche Forschungsrichtungen vereint.

Vor allem unser Schwesterplanet Mars ist seit vielen Jahren im Visier der Astrobiologen, ein erfolgversprechender Kandidat für die Suche nach extraterrestrischen Lebensformen. Der rote Planet ist von zahlreichen Sonden besucht worden. Sogar  Rover mit chemischen Laboren an Bord fahren über seine Oberfläche, während stationäre Lander mit ihren Messsonden tief in sein Inneres lauschen. Höher entwickeltes Leben war in der öden, wasserlosen Steinwüste bisher nicht nachzuweisen. Doch das lässt für Astrobiologen längst noch nicht den Schluss zu, dass es auf dem Mars keine Lebensformen gibt oder zumindest einst gegeben hat. Die Suche auf dem roten Planeten geht weiter – inzwischen mit dem Rover-Labor Mars 2020 Perseverance der NASA.

Es war schon die Cassini-Mission, mit der der größte Jupiter-Mond Enceladus ebenfalls ins Blickfeld der Astrobiologen rückte. Die Sonde hat auf dem Eismond erstmals Geysire entdeckt, die Eiswasser aus dem Inneren des Mondes in Fontänen in den Raum sprühen. Dieser Kryo-Vulkanismus des Saturnmondes wird – so die derzeitige Theorie – von flüssigem Wasser großer Reservoire tief unter der Eisoberfläche, vielleicht sogar aus einem riesigen Salzwasserozean gespeist. Die Fontänen schießen aufgrund der geringen Anziehungskraft des Mondes bis zu einigen hundert in die Höhe, bevor sich die dabei schnell gefrierenden Eispartikel dann wieder auf der Oberfläche niederschlagen.

In diesen Fontänen wurde nicht nur Wasser nachgewiesen,  sondern es zeigten sich auch Moleküle, die für Mikroorganismen typisch sind. Das elektrisierte Astrobiologen. Aber es braucht einen Vor-Ort-Nachweis. Dafür entwickelt die DLR seit 2012 in einem langfristig angelegten Forschungsverbund den EnEx-IceMole –  EnEx für Enceladus Explorer und IceMole, weil die Sonde mit einem Bohrer wie ein Maulwurf in die Oberfläche eindringen und dank integriertem Radar unter dem Eis navigieren wird. Mit dieser für die Raumfahrt gänzlich neuen, kombinierten dreidimensionalen Ortungs- und Navigations-Technologie kann EnEx-IceMole im Vorfeld  Hohlräume oder eingeschlossenes Meteoritengestein bis zu etwa hundert Metern erkennen und diesen Hindernissen damit autonom weitgehend ausweichen. Die unter dem Eis gesammelten Wasserproben kann der Bohrer dank eines Lab-on-a-Chips sofort auf Mikroorganismen untersuchen. Die Messergebnisse werden anschließend über die auch für die Energieversorgung genutzte Kabelverbindung an die Basisstation an der Oberfläche und von dort weiter zur Erde übertragen.

Praxistests des auf der akustischen Triangulation basierenden Navigationssystems in den Gletschern der Alpen zeigten bereits die Funktionsfähigkeit dieser neu entwickelten Technologie. Und in der Antarktis konnte mit dem Bohrer bereits Flüssigwasser unter dem Eis erfolgreich entnommen werden. Im antarktischen EnEx-Demonstrationsfeldversuch bei den Blood Falls wurde darüber hinaus nachgewiesen, dass die strengen Dekontaminations-Anforderungen der international geltenden Planetary Protection Rules eingehalten sind. Die Wasseranalyse darf einerseits nicht durch mitgeführte irdische Bakterien verunreinigt sein – und andererseits sollen auch keine irdischen Mikroorganismen auf fremde Himmelskörper eingeschleppt werden. Doch wann EnEx-IceMole startet– und mit welcher Mission er zu Enceladus gebracht wird –, das steht heute noch in den Sternen.

Neben den Eismonden der Gasplaneten blicken Astrobiologen verstärkt auch hinaus in den Weltraum, wo immer mehr Exoplaneten entdeckt werden. Auf diesen fernen Welten Leben zu finden, ist jedoch eine besonders schwierige Aufgabe. Denn Atmosphären sind nur unter ganz speziellen Verhältnissen messbar, bei sogenannten Transits: wenn der Planet von der Erde aus betrachtet vor den Mutterstern wandert. Dann ist die Gashülle für kurze Zeit im durchscheinenden Licht des Muttergestirns zu sehen. Doch die Signale sind extrem schwach. Bisher ist es zudem nur gelungen, die Atmosphäre von einigen Gasriesen zu analysieren, nicht aber Atmosphären bei erdähnlichen Planeten.

Bis heute wissen wir also nicht, ob es irgendwo auf den inzwischen zahlreich gewordenen Exoplaneten Leben geben könnte. Wie Leben im Kosmos entsteht, dafür hat die Astrologie bis auf Weiteres also nur ein Anschauungsmaterial: den Kohlenstoff-Chemismus auf der Erde.  Aber genauso gut könnte es sein, dass wir uns der Entstehung von Leben auf anderen Welten aufgrund dieses einzigen uns bekannten Referenzsystems mit einer zu engen, einer zu menschlich fokussierten Betrachtungsweise nähern. Wäre es nicht vorstellbar, dass sich an anderen Orten in den heterogenen evolutionären Prozessen Leben nicht auf Kohlenstoffbasis, sondern mit ganz anderem Chemismus bildet und das dann zu ganz anderen Lebensformen geführt haben könnte? Grundsätzlich weist das die Astrobiologin Rettberg nicht zurück, hebt jedoch hervor, dass Kohlenstoff wegen seiner Bindungseigenschaften schon ein „besonderer“ Stoff ist und daher für die Entstehung von Leben besonders gut geeignet sein könnte.

Auf welchen solcher Exoplaneten ist die Suche nach Biomarkern überhaupt vielversprechend? Das ist heute Gegenstand der astrobiologischen Debatten. Denn längst ist nicht eindeutig geklärt, welche Faktoren die sogenannte habitable Zone definieren, in der sich Leben tatsächlich herausbilden kann. Die Strahlungsintensität des Muttergestirns und eine Atmosphäre sind dabei zweifellos wichtige, aber sicher nicht die einzigen Aspekte, die eine Rolle spielen. Unsere Sonne schleudert beispielsweise immer wieder mächtige Protuberanzen energiereicher und lebensfeindlicher Materiestrahlung in den planetaren Raum – und auch aus dem Kosmos erreicht uns hochenergetische Strahlung. Zum Schutz davor ist die Erde mit einem starken Magnetfeld ausgestattet. Hätte sie dieses nicht, wäre die Bildung von organischen Zellen zumindest an Land unmöglich, da die starke Teilchenstrahlung diese Kohlenstoffmoleküle zerstören würde. Ob sich solche Magnetfelder jedoch auch auf erdähnlichen Exoplaneten entwickelt haben, ist  derzeit völlig offen. Andererseits scheint die Bildung planetarer Magnetfelder nichts ungewöhnliches, denn in unserem Sonnensystem haben auch andere Planeten einen derartigen Schutzschirm entwickelt.

Sind wir allein im Kosmos? Die Astrobiologin macht wenig Hoffnung, dass die Wissenschaft diese Frage bald beantworten kann. Aber wer weiß: Vielleicht endet die mühsame Suche nach Leben im Universum ganz anders. Vielleicht kommt es doch einmal zum close encounter auf der Erde, der von so vielen Regisseuren schon spektakulär in Szene gesetzt wurde. Allerdings: die meisten Wissenschaftler glauben heute nicht, dass die Wahrscheinlichkeit dafür sehr groß ist!

Ansprechpartner:
Dr. Susanne Päch
Chefredaktion HYPERRAUM.TV
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82031 Grünwald
susanne.paech@hyperraum.tv

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