Verständlichkeit in Unternehmenskommunikation: Produktbeschreibungen von Apple landen auf Platz 1

Wie verständlich präsentieren sich die Anbieter von Unterhaltungselektronik? Wie reagieren Unternehmen der Branche auf direkte Kunden-Anfragen?

Diese und weitere Fragen untersucht eine neue Studie der Universität Hohenheim, H&H Communication Lab und Iskander Business Partner. Das Ergebnis: durchwachsen. Produktbeschreibungen und Pressemitteilungen lassen zu wünschen übrig. Nur die E-Mail-Kommunikation schneidet insgesamt sehr verständlich ab.

Die Studie analysiert drei typische Textsorten in der Kommunikation von Unternehmen: Produktbeschreibungen, Pressemitteilungen und E-Mails. Die Texte von neun Unternehmen wurden mit der Sprach-Software TextLab auf ihre formale Verständlichkeit untersucht. Bewertet wurden sie mit dem Hohenheimer Verständlichkeits-Index. Auf einer Skala von 0 (sehr schwer verständlich) bis 20 (sehr leicht verständlich) misst dieser Index die Verständlichkeit. Wichtige Kriterien sind unter anderem: kurze Sätze, aktiver Sprachstil oder Vermeidung von Anglizismen und langen, zusammengesetzten Begriffen.

Größte Bandbreite bei Produktbeschreibungen
Produktbeschreibungen weisen die größte Bandbreite an Verständlichkeits-Werten auf: Den ersten Platz erzielt Apple, auf dem letzten Platz findet sich Lenovo. Mit 18,70 Punkten liegt der Spitzenreiter fast zehn Punkte vor dem Letzten mit 8,71 Punkten. Insgesamt erreichen die Produktbeschreibungen 13,83 Punkte und verpassen damit knapp den Zielwert von 14 Punkten. „Offenbar sehen einige Unternehmen Produktbeschreibungen immer noch nicht als wichtigen Teil ihres Produkts an“, kommentiert Prof. Dr. Frank Brettschneider von der Universität Hohenheim das Ergebnis. „Unverständliche Produktbeschreibungen können bei Verbraucherinnen und Verbrauchern aber Frustrationen auslösen“, sagt Brettschneider.

Den besten Verständlichkeitswert der Studie erzielt eine E-Mail von Microsoft
Die beste Pressemitteilung liegt dafür nur bei 10,02 Punkten und damit unter dem Zielwert von 12 Punkten. Alle anderen Pressemitteilungen erzielen einstellige Werte. Durchschnittlich liegen sie gerade einmal bei 6,62 Punkten. Den geringsten Verständlichkeits-Wert der gesamten Studie erreicht eine Pressemitteilung von Microsoft. Sie kommt lediglich auf 3,11 Punkte.

Um die E-Mail-Kommunikation zu testen, wurden an die Unternehmen typische Kunden-Anfragen mit einem Online-Formular geschickt. Den besten Verständlichkeits-Wert der gesamten Studie erzielt die E-Mail-Antwort von HP mit 19,82 Punkten (sehr verständlich). Auch die E-Mail auf dem letzten Platz erreicht immerhin noch 15,30 Punkte. Im Schnitt erzielen die E-Mail-Antworten 16,73 Punkte. Aufschlussreich sind nicht nur die Ergebnisse zur Verständlichkeit, sondern auch zur allgemeinen Kundenorientierung.

Verbesserungsbedarf besteht noch bei den Reaktionszeiten und bei den Kontaktmöglichkeiten einiger Unternehmen: So antworteten zwei der Unternehmen im Untersuchungszeitraum auf die Frage nicht; Apple bietet trotz Ankündigung überhaupt kein Kontaktformular für Kundenanfragen an. Bei manchen Unternehmen ging die Antwort an der Frage vorbei. Besonders positiv fiel die Bewertung für Samsung und LG aus. Sie sind sowohl durch verständliche Antworten als auch durch besonders schnelle Reaktionen aufgefallen.

Barrieren der Verständlichkeit sind Mammut-Sätze und Wort-Ungetüme
Ein generelles Problem erklärt Ben Hagelauer von Iskander Business Partner: „In der Consumer-Electronics-Branche wird der Kunden-Kommunikation zu wenig Beachtung geschenkt, da der Fokus stark auf den Produkten und dem Vertrieb liegt.“

Häufig werden Texte mit Mammut-Sätzen und Wort-Ungetümen gespickt. Beispiele nennt Oliver Haug vom Communication Lab: „Produktbeschreibungen voll mit Wörtern wie Echtzeit-Kontrastoptimierung, Ultra-High-Definition-Videoaufnahme, 10-Punkt-Multitouch-Funktion oder Hochgeschwindigkeits-Bohrfräse, dazu noch teilweise mit Anglizismen gepaart, strengen an und machen nicht gerade Lust auf mehr. Kommen dazu noch endlose Sätze, verabschiedet sich der Leser schnell.“ Wie zum Beispiel bei diesem verschachtelten Satz mit 39 Wörtern aus einer Pressemitteilung:

„Eine Reihe von Initiativen und Programmen werden für diese globale Community bereitgestellt, die kommerzielle, kulturelle und informative Aktivitäten für Fotografen in den vielen verschiedenen Bereichen der Branche ebenso beinhalten wie kulturelle Veranstaltungen, an denen die breite Öffentlichkeit teilnehmen kann.“
Auch komplexe Sachverhalte ließen sich verständlich kommunizieren, wenn bestimmte Regeln eingehalten würden, sagt Oliver Haug. Neben einer hohen Nutzerfreundlichkeit werde die Produktkommunikation auch weiterhin eine wichtige Rolle spielen – denn Kunden kaufen am liebsten Produkte, die sie verstehen.

Über den Lehrstuhl für Kommunikationswissenschaft der Universität Hohenheim
Der Lehrstuhl für Kommunikationswissenschaft, insbesondere Kommunikationstheorie, untersucht die Verständlichkeit der Kommunikation von Parteien, Unternehmen und Massenmedien. In zahlreichen Studien wurde die formale Verständlichkeit von Wahlprogrammen, Pressemitteilungen, Kundenkommunikation, Produktinformationsblättern (PIB), CEO-Reden, Mitarbeiterzeitschriften, Broschüren, Homepage-Texten und Medienberichterstattung analysiert. Der Lehrstuhl untersucht auch die häufigsten Verständlichkeitshürden sowie die Wirkung unverständlicher Kommunikation auf die Adressaten der Kommunikation.

Die nun veröffentlichte Studie ist in Zusammenarbeit mit H&H Communication Lab GmbH und Iskander Business Partner entstanden. Die H&H Communication Lab GmbH ist ein inhabergeführtes Institut für Verständlichkeit und entwickelt seit 2006 Lösungen zur Verbesserung der Kommunikation von Unternehmen. Die Iskander Business Partner GmbH wurde 2005 gegründet und ist eine internationale Unternehmensberatung mit dem Fokus auf Marketing, Vertrieb und CRM sowie Customer Service.
Text: Claudia Leihenseder / Töpfer

Kontakt für Medien:
Prof. Dr. Frank Brettschneider, Universität Hohenheim, Institut für Kommunikationswissenschaft, Tel.: 0711/459-24030, E-Mail: frank.brettschneider@uni-hohenheim.de

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