Ein WWW, viele Sprachen
Das World Wide Web Consortium (W3C) startete gestern die Arbeitsgruppe für neue Standards, mit denen automatische und manuelle Übersetzung und Lokalisierung von Webinhalten wesentlich erleichtert werden. Geleitet wird die Gruppe vom Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI), dem Trinity College Dublin und der University of Limerick.
Immer mehr Kunden erwarten Webinhalte in ihrer Sprache. Zudem wollen sie schnell und unkompliziert Inhalte in anderen Sprachen erschließen. Unternehmen nutzen das Internet, um Kunden global zu erreichen; die Bereitstellung von Informationen in der jeweiligen Landessprache spielt dabei eine entscheidende Rolle für das Geschäft.
Die Reaktion: Das World Wide Web Consortium W3C hat gestern die Gründung der Arbeitsgruppe MultilingualWeb–Language Technologies (MLW-LT) bekannt gegeben. Durch das Projekt wird die Erstellung von Webinhalten in Weltsprachen vereinfacht. Die neue Arbeitsgruppe MLW-LT wird Standards entwickeln, um automatische und manuelle Übersetzung sowie die Anpassung von Webinhalten an lokale Bedürfnisse zu unterstützen. Geleitet wird sie vom Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz, dem Trinity College Dublin und der University of Limerick.
Übersetzung: Ein wachsendes Milliardengeschäft
Marktanalysen zeigen, dass der Jahresumsatz kommerzieller Übersetzungen 21-26 Milliarden Dollar beträgt, wodurch weltweit milliardenschwere Geschäfte über Landesgrenzen hinweg ermöglicht werden. Multinationale Unternehmen sind darauf angewiesen, Webcontent simultan in viele Sprachen zu übersetzen. Öffentliche Stellen in Europa und Indien müssen mit Bürgern in verschiedensten Sprachen kommunizieren.
Die Vermutung liegt nahe, dass der Mangel an Standards, die den Austausch von Informationen über Übersetzungen regulieren, dazu führt, dass bis zu 20% mehr Kosten für Übersetzungen entstehen. Können Sprachbarrieren nicht überwunden und Webinhalte nur in einer Sprache veröffentlicht werden, ist außerdem davon auszugehen, dass so manche Anbieter im Web scheitern werden. So geht aus einer Studie hervor, dass 51% der europäischen Einzelhändler ihr Geschäft über das Internet abhandeln, aber nur 21% grenzübergreifende Übersetzungen anbieten. Während 30% der europäischen Bürger über das Internet kaufen, sind es nur 7 %, die Produkte von Händlern aus anderen EU-Mitgliedstaaten erwerben. Die gleiche Studie zeigt auch, dass sogar mehrsprachige Internetnutzer davon absehen, von einer Internetseite zu kaufen, die nicht in ihrer Muttersprache verfasst ist.
Der Bedarf an Übersetzungen steigt mit wachsender Sprachenvielfalt im Netz. Chinesisch, Russisch und Arabisch zählen zu jenen Sprachen, deren Repräsentanz in den letzten zehn Jahren am stärksten gewachsen ist. Derzeit spricht weniger als ein Drittel der Internet-Benutzer Englisch als Muttersprache – ein Größenverhältnis, das mit der Erweiterung des Webs weiter abnehmen wird. Viele nutzen bereits online Übersetzungsmaschinen, die On-Demand-Übersetzungen unterstützen. Für Online Producer ist es besonders wichtig, sich dieser Anwendungen und deren Auswirkungen auf die ursprünglichen Inhalte bewusst zu sein.
Gemeinschaft bringt vielseitige Erfahrung in das W3C ein
Die entstehende Open Web Platform (aufbauend auf HTML5) wird diesem Trend folgen und die Verbreitung vielsprachiger Inhalte unterstützen und die Übersetzung vereinfachen. Zehn Organisationen sind bereits W3C-Mitglieder geworden, um vor allem neue Standards für die Übersetzung und Anpassung von Webinhalten an lokale Bedürfnisse anzupassen. Sie repräsentieren sowohl geographische Vielseitigkeit als auch professionelle Übersetzungsdienste und Verkäufer maschineller Übersetzungstechnologien: Schlüsselfaktoren für die Vermittlung Standard basierter Lösungen. Die Arbeitsgruppe stellt eine Gemeinschaft von Online-Producer, Lokalisierungsunternehmen, Sprachtechnologie-Experten, Browser-Anbieter, Tool-Entwickler und -Benutzer dar, die zusammen Lösungen für schnelle, qualitativ hochwertige Übersetzungen im Web entwickelt. Diese Arbeit innerhalb des W3C wird die Integration von Lösungen mit der Open Web Platform und mehrsprachiger Linked Data gewährleisten und kleine Übersetzungsagenturen und große Language Service Provider ermöglichen.
Die Arbeitsgruppe wird mit anderen Organisationen, die sich aktiv mit Mehrsprachigkeit beschäftigen, zusammenarbeiten; dazu zählen das Unicode Consortium, ETSI, ISO und OASIS.
Die neu entstandene Arbeitsgruppe wird durch das Projekt MultiLingualWeb-LT, das auf dem W3C-Projekt MultilingualWeb aufbaut, unterstützt. Beide Projekte werden von der Europäischen Union gefördert, deren Schwerpunkt die Erstellung eines digitalen Binnenmarkts im Web ist. Als Schlüssel zu diesem Ziel gilt Studien zufolge vor allem das Überbrücken von Sprachbarrieren.
Über das World Wide Web Consortium (W3C)
Das World Wide Web Consortium (W3C) ist ein internationales Konsortium, in dem alle Mitgliedsorganisationen, ein fest angestelltes Team und die Öffentlichkeit gemeinsam daran arbeiten, Web-Standards zu entwickeln. W3C verfolgt seine Ziele vor allem durch die Entwicklung von Web-Standards und Richtlinien für das langfristige Wachstum des World Wide Web. Mehr als 300 Organisationen sind Mitglieder des Konsortiums. Die Arbeiten werden gemeinschaftlich vom MIT Computer Science and Artificial Intelligence Laboratory (CSAIL) in den USA, dem European Research Consortium for Informatics and Mathematics (ERCIM) mit Hauptsitz in Frankreich und der Keio University in Japan gesteuert. Daneben unterhält W3C eine Reihe von World Offices in 14 Regionen rund um die Welt.
Über das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz GmbH (DFKI)
Das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz GmbH (DFKI) mit Sitz in Kaiserslautern, Saarbrücken und Bremen sowie einem Projektbüro in Berlin hat sich seit der Gründung 1988 zum weltweit größten Forschungszentrum auf diesem Gebiet entwickelt. Das Finanzierungsvolumen lag 2010 bei ca. 36 Millionen Euro. DFKI-Projekte adressieren das gesamte Spektrum von der anwendungsorientierten Grundlagenforschung bis zur markt- und kundenorientierten Entwicklung von Produktfunktionen. Aktuell forschen mehr als 400 Mitarbeiter aus 60 Nationen an innovativen Software-Lösungen mit den inhaltlichen Schwerpunkten Wissensmanagement, Cyber-Physical Systems, Robotics Innovation Center, Innovative Retail Laboratory, Institut für Wirtschaftsinformatik, Eingebettete Intelligenz, Agenten und Simulierte Realität, Erweiterte Realität, Sprachtechnologie, Intelligente Benutzerschnittstellen, Innovative Fabriksysteme. Der Erfolg: über 50 Professoren und Professorinnen aus den eigenen Reihen und 57 Spin-Off-Unternehmen mit mehr als 1.300 hochqualifizierten Arbeitsplätzen. Weitere Informationen: www.dfki.de
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