Scharfmacher für Werkzeuge sind gefragt
Vorwiegend kleine Werkzeugschleifbetriebe machen hierzulande verschlissene Werkzeuge wieder fit für den Einsatz in der Fertigung. Von den rund 1200 Werkzeugschleifbetrieben beschäftigen mehr als zwei Drittel bis zu fünf Mitarbeiter, 20% der Betriebe haben zwischen 6 und 15 Mitarbeiter und 13% haben mehr als 15 Beschäftigte. Insgesamt erwirtschaftet die Branche jährlich etwa 1 Mrd. Euro Umsatz, so das Ergebnis einer statistischen Hochrechnung des Fachverbandes Deutscher Präzisions-Werkzeugschleifer (FDPW) in Brühl.
Werkzeugschleifbetriebe bleiben von konjunkturellen Wechselbädern nahezu verschont, wie Prof. Dr.-Ing. Wilfried Saxler, Geschäftsführer des FDPW, erläutert: „Grundsätzlich ist das Nachschärfgeschäft nicht so sehr von der Konjunktur abhängig. In Konjunktur-Hochphasen werden viele neue Werkzeuge benötigt, die auch nachgeschärft werden müssen. Außerdem werden dann auch viele Sonderwerkzeuge benötigt, die zunehmend durch unsere Betriebe angefertigt werden, denn deren Vorteil ist die schnelle Reaktionszeit auch bei sehr kleinen Losgrößen bis zu fünf Stück.“ In konjunkturschwachen Zeiten sei das Nachschärfen von Werkzeugen sehr gefragt, weil für neue Werkzeuge weniger ausgegeben werde.
Für nicht wenige Werkzeugschleifbetriebe ist die Herstellung von Sonderwerkzeugen ein zweites Standbein. Und in diesem Geschäftsfeld liegt noch Wachstumspotenzial. „Die Werkzeugschleifereien müssen sich deshalb unbedingt stärker damit auseinandersetzen, wie Sonderwerkzeuge in kleinen Losgrößen bis zu fünf Stück wirtschaftlicher hergestellt werden können“, fordert Saxler.
Denn dabei kommen neue Aufgaben auf die Betriebe zu, weil als Auftrag nur eine Werkstückzeichnung übergeben wird. Aus dieser Information muss nun ein Schneidwerkzeug abgeleitet werden. „Dafür ist Know-how erforderlich, das über die Fähigkeit der schleiftechnischen Herstellung und des Nachschärfens weit hinaus geht“, weiß Saxler.
Werkzeugschleifer setzen immer mehr auf CNC-Maschinen
Zunehmend setzen Betriebe CNC-Maschinen ein. Auch deshalb, weil die Anforderungen an Präzisionswerkzeuge steigen, wie Beat Oderbolz, Verkaufsdirektor der Ewag AG im schweizerischen Etziken, feststellt: „Die Toleranzen werden immer kleiner, die Komplexität der Werkzeuge nimmt zu und die Losgrößen werden reduziert.“
Die sich daraus ergebenden Eigenschaften von Werkzeugschleifmaschinen bringt Thomas Bader, Geschäftsführer der Haas Schleifmaschinen GmbH in Trossingen, auf den Punkt: „Gefordert sind hohe Genauigkeit und Dynamik, einfache Bedienbarkeit, minimaler Wärmegang, Ausrüstung mit Werkzeug- und Werkstückwechsler sowie Abrichten innerhalb der Maschine.“
Werkzeugschleifer können „ihre“ Schleifmaschine aus einem variantenreichen Angebot der Hersteller auswählen. „Dabei unterscheiden sich Maschinen fürs Nachschärfen im Aufbau grundsätzlich von denen für die Werkzeugproduktion“, weiß Markus Berger, Geschäftsführer der Anca GmbH in Mannheim, und erkärt: „So ist die Maschinenleistung zum Nachschleifen von Werkzeugen in der Regel geringer, weil keine Spannuten ins Volle geschliffen werden. Auch die Anforderung an eine mögliche Automationslösung ist häufig eine andere. Und Flexibilität und Rüstaufwand spielen aufgrund kleiner Losgrößen eine ganz besondere Rolle.“
Diese Parameter habe Anca sehr genau untersucht und auf der EMO 2007 erstmals mit der Werkzeugschleifmaschine GX7 mit Scheibenwechsler und Ladersystem eine entsprechende Lösung vorgestellt.
Be- und Entladesysteme gehören bei Werkzeugschleifmaschinen dazu
Be- und Entladesysteme gehören mittlerweile für viele Kunden zur Maschinenausrüstung. „Bei Anca sind weltweit inzwischen über 75% aller Maschinen damit ausgerüstet, in Europa sind es bereits über 90%“, konkretisiert Berger und ergänzt: „Wir versuchen, durch standardisierte Module für den Großteil unserer Kunden eine Lösung ‚out of the box’ anzubieten. Durch unterschiedliche Konzepte wie andockbare Paletten- und Robotlader gelingt uns dies auch in 90% der Fälle.“
Keine Frage, die Automation ist ein probates Mittel zur Produktivitätssteigerung. „Während früher Automation eher in der reinen Werkzeugproduktion eingesetzt wurde, wird sie zunehmend auch von Nachschärfbetrieben genutzt“, weiß Dr. Frank Michels, Geschäftsführer der Michael Deckel GmbH & Co. KG. Das in Weilheim ansässige Unternehmen hat das Hochleistungs-Schleifzentrum Flexus entwickelt, das auch hinsichtlich der Automation für jede Belange ein Lösung bietet: ein Schubladensystem, einen Palettenspeicher oder ein Fließband.
Auf die Frage, welche Vorteile Flexus den Anwendern bietet, nennt Michels den schnellen zeitparallelen Wechsel von Werkstück und Werkzeug, der zu enormer Produktivität führe. Darüber hinaus ermögliche die Vielfalt der einsetzbaren Werkzeuge eine bei der Produktion von Wendeplatten bisher nicht gekannte Prozessfreiheit. „Die Flexus kombiniert hohe Produktivität mit maximaler Flexibilität, dies macht sie heute einmalig“, so Michels.
Werkzeugschleifmaschinen mit zusätzlichen Verfahren senken die Kosten
Ein weiterer „Kostendrücker“ beim Werkzeugschleifen sind Maschinen mit zusätzlichen Verfahren. Etabliert ist mittlerweile die Kombination Schleifen/Erodieren aufgrund des zunehmenden Einsatzes von PKD-Werkzeugen. „Und der PKD-Werkzeugmarkt wird nach wie vor weiter wachsen“, so Martin Hämmerle, Produktmanager Helitronic-Maschinen der Walter Maschinenbau GmbH in Tübingen.
Er prognostiziert jährliche Wachstumsraten von 8%, bei einem PKD-Marktvolumen von rund 480 Mio. Euro. Der wachsende Markt für PKD-Werkzeuge forcierte und forciert den Absatz von Maschinen fürs Schleifen und Erodieren. Bei Ewag zum Beispiel beträgt der Anteil mittlerweile rund 30%.
Der Vorteil von Kombimaschinen ist ihre Flexibilität. Es können PKD- und CBN-Werkzeuge ebenso effizient produziert oder nachgeschärft werden wie Hartmetall- und HSS-Werkzeuge, erläutert Hämmerle: „Mit der Helitronic Power Diamond beispielsweise können an einem PKD-bestückten Werkzeug in einer Aufspannung der erste Freiwinkel in PKD erodiert und die weiteren Freiwinkel des Trägermaterials geschliffen werden.“
Werkzeugschleifmaschinen können auch entgraten, polieren, bohren oder fräsen
Mittlerweile können Werkzeugschleifmaschinen noch mehr. So beherrscht die Flexus von Deckel auch das Entgraten, Polieren, Bohren oder Fräsen parallel zum Werkzeugschleifen, ergänzbar mit Montage-, Mess- und Reinigungsfunktionen – ganz nach Kundenanforderung.
Auch Haas sieht in der Kombinierbarkeit verschiedener Technologien wie Schleifen und Fräsen, in Verbindung mit Schleifscheiben bis 300 mm Durchmesser, Werkzeugwechsler und verschiedenen Abrichtmodi für CBN-, Diamant- und SiC-Scheiben, eine Stärke seiner Maschinen. Die neue fünfachsige Werkzeugschleifmaschine Multigrind CB bietet alles, was das Herz eines Werkzeugschleifers begehrt: Technologieerweiterung, gleichbleibend hohe Genauigkeit, hohe Dynamik und sekundenschnellen Schleifscheibenwechsel.
Große Flexibilität und hohe Produktivität beim Werkzeugschleifen sind für die Vollmer Werke Maschinenfabrik GmbH in Biberach zielführend bei der Entwicklung neuer Maschinen. Die auf der Grindtec 2008 erstmals präsentierte Schärfmaschine QXD 200 mit sechs CNC-Achsen kombiniert Erodieren, Freischleifen, Messen und Polieren.
„Die Bahninterpolation der sechs CNC-Achsen bietet Werkzeugherstellern weitaus größere Entwicklungsräume als vergleichbare Maschinen“, betont Siegfried Knüpfer, Vorsitzender der Geschäftsführung. Werkzeugwechsler und umfangreiche Werkstückführung ermöglichen mannlose Schichten rund um die Uhr. „Durch unsere bewährte Bedienphilosophie mit Windows-basierter Steuerung kann die QXD 200 bereits nach kurzer Einschulung zuverlässig eingesetzt werden“, sagt Knüpfer.
Keine Frage, von wesentlicher Bedeutung für die Produktivität beim Werkzeugschleifen ist auch die Schleifsoftware. Nach Meinung von Dr.-Ing. Albert Herrscher, Mitglied der Geschäftsführung der Alfred H. Schütte GmbH & Co. KG in Köln, wird deshalb ein Schwerpunkt der Weiterentwicklung die Softwareentwicklung sein: „Dabei steht im Vordergrund die umfassende und komfortable Unterstützung des Bedieners durch menügeführte, leicht erlernbare Programmerstellung und Maschinenbedienung.“
So liege in der grafischen Unterstützung und Simulation der Prozesse noch einiges Entwicklungspotenzial. Gleiches gelte für die CAD-CAM-Kopplung zur Übernahme von Geometriedaten. „Intelligentere Sensoren werden helfen, weitere Funktionen, die heute noch Eingriffe des Bedieners erfordern, zu automatisieren“, prognostiziert Herrscher.
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