Optische 3-D-Vermessung mittels Shape from Shading
Das neue System dient zur dreidimensionalen, berührungslosen, optischen Erfassung der Form von Objekten mit Abmessungen von bis zu 15 cm. Dazu wird das Verfahren "Shape from Shading (SFS)" verwendet. Einsatzbereiche sind die Vermessung von geprägten Braille-Punkten (Blindenschrift), Prägeschriften und Schlagzahlen, aber auch exotischere Anwendungen wie etwa die Analyse der Knittermuster von Textilien.
1. Messprinzip
Künstler wie Leonardo da Vinci oder Rembrandt haben mit der Hell-Dunkel-Malerei die Illusion von Tiefe in zweidimensionalen Bildern zu hoher Perfektion entwickelt. Das optische Messverfahren "Shape from Shading" (SFS) kehrt dieses Prinzip um: Aus der aufgenommenen Helligkeitsverteilung eines Objekts wird dessen dreidimensionale Form berechnet.
Abbildung 1 zeigt als ein Beispiel einen weißen Würfel, der ohne Änderung der Aufnahmeanordnung aus zwei verschiedenen Richtungen beleuchtet wird. Offenbar unterscheiden sich die Intensitätsprofile über eine Bildzeile (rote Linie) in den beiden Bildern sehr deutlich. Die Ausnutzung solcher charakteristischer Helligkeitsverteilungen zur Formbestimmung liegt nahe.
Das Verfahren zur Formbestimmung arbeitet in zwei Stufen: Zunächst werden aus den detektierten Grauwerten die Gradienten der Oberfläche in X- und Y-Richtung ermittelt. Die von einer Kamera aufgenommene Intensität hängt von folgenden Parametern ab: von der Position der Kamera und deren Lichtempfindlichkeit, von der Richtung und der Intensität des eingestrahlten Lichtes, von den material- und ortsabhängigen Reflexionskoeffizienten sowie vom Winkel zwischen dem bekannten Richtungsvektor des einfallenden Lichts und der unbekannten Normalen des betrachteten Oberflächenelements. Da Flächennormalen durch die X- und Y-Gradienten (also die partiellen Ableitungen der Oberfläche z(x,y) nach x und y) der zugehörigen Objektoberflächenelemente definiert sind, können diese Gradienten aus der aufgenommenen Intensität ermittelt werden. Zur Eliminierung der oben genannten weiteren Unbekannten sind jedoch mehrere Aufnahmen mit unterschiedlichen, bekannten Positionen der Lichtquelle erforderlich. Im zweiten (aufwändigeren) Schritt wird dann durch Integration über die Gradienten eine Höhenkarte erstellt.
SFS liefert die Form des betrachteten Objekts, jedoch keine absoluten Abstandsmaße. Da Informationen über die Form nur aus der Schattierung, nicht aber aus Schlagschatten gewonnen werden können, ist dieses Verfahren auf stetige Oberflächen ohne steile Kanten und Hinterschneidungen beschränkt.
Einsatzbereiche sind die Vermessung von Braille-Punkten (Blindenschrift), Prägeschriften und Schlagzahlen, aber auch exotischere Anwendungen wie etwa die Analyse der Knittermuster von Textilien oder Oberflächentexturen sind möglich.
2. Messsystem
Hier wird der Prototyp eines Messsystems vorgestellt, das in der Lage ist, bis zu 15 cm durchmessende Objekte nach der SFS-Methode zu vermessen. Mit einer mittig positionierten hochauflösenden CCD-Kamera werden synchron mit vier symmetrisch angeordneten LED-Leuchten vier Bilder aufgenommen und in einem PC gespeichert. Bei jeder Aufnahme ist eine der Leuchten eingeschaltet. Zur Reduktion störender spiegelnder Reflexe wird blaues Licht verwendet.
Das Verfahren ist vergleichsweise schnell und mit einem Preis von unter 20.000 EUR auch relativ preiswert, da nur Standard-Hardware verwendet wird. Hervorzuheben ist ferner die Robustheit des Verfahrens.
Grundlage dieses Exponats ist eine Master-Arbeit, die im Fachbereich Informatik der Fachhochschule Rosenheim in Kooperation mit den Firmen in-situ GmbH, Sauerlach, und 3D-Shape GmbH, Erlangen, durchgeführt wurde.
Das System wird im Rahmen der Sonderschau "Berührungslose Messtechnik" anlässlich der Control 2006 in Sinsheim, 9. bis 12. Mai, in Halle 7, Stand 7228, vorgestellt. Die Sonderschau will einen Beitrag zur Verbreiterung der Akzeptanz berührungsloser Messtechnik leisten, indem an einigen ausgewählten Exponaten die Konstruktionsprinzipien, Eigenheiten und Grenzen der neuen Messmöglichkeiten demonstriert werden. Die Sonderschau findet mit Unterstützung der P. E. Schall GmbH, den Mitgliedern des Control-Messebeirats und der Fraunhofer-Allianz Vision statt.
Fachliche Anfragen:
Fachhochschule Rosenheim
Fachbereich Informatik
Prof. Dr. Hartmut Ernst
Telefon: +49 8031 805-500
E-Mail: ernst@fh-rosenheim.de
Presse-Anfragen:
Fraunhofer-Allianz Vision
Regina Fischer, M. A.
Telefon: +49 9131 776-530
E-Mail: vision@fraunhofer.de
Die Fraunhofer-Allianz Vision ist ein Zusammenschluss von Fraunhofer-Instituten zu den Themen Bildverarbeitung, optische Inspektion und 3-D-Messtechnik, Röntgenmesstechnik und zerstörungsfreie Prüfung.
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Weitere Informationen:
http://www.vision.fraunhofer.de/de/4/projekte/272.htmlAlle Nachrichten aus der Kategorie: Maschinenbau
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