Forscher der Saar-Uni entwickeln Elektroantrieb und Sensortechnik für futuristisches Flugzeug
Statt Wasser schaufelt eine breite Antriebswalze mit Rotorblättern große Luftmassen unter die Tragfläche. Dadurch hebt das Flugzeug leise und energiesparend vom Boden ab. Die Sensorsteuerung und den Elektroantrieb entwickeln derzeit Forscher um Matthias Nienhaus, Professor für Antriebstechnik der Universität des Saarlandes.
Sie erhalten dafür gemeinsam mit drei Partnern rund 600.000 Euro von der Europäischen Union. Die neue Antriebstechnik soll dazu beitragen, die optimalen Betriebsparameter des FanWing-Modells im Windkanal in Brüssel zu bestimmen.
Am Dienstag, 25. März um 11 Uhr wird der US-amerikanische Erfinder Pat Peebles an einem Pressegespräch mit Wissenschaftlern der Saar-Uni teilnehmen (Gebäude A 5.1, Raum 0.08). Dabei wird auch das Modell des Flugzeugflügels gezeigt.
„Das neuartige Flugzeug von FanWing hebt fast wie ein Hubschrauber ab und benötigt daher nur eine kurze Start- und Landebahn. Eines Tages soll es 60 bis 70 Personen befördern können und Lasten bis zu acht Tonnen transportieren“, nennt Chris May als Ziel. Der wissenschaftliche Mitarbeiter am Lehrstuhl für Antriebstechnik der Saar-Uni hat ein Forschungsprojekt angestoßen, das dem visionären Flugzeug zum Durchbruch verhelfen soll.
„Unterstützt durch Elektroantriebe könnte das Flugzeug auch mit wenig Treibstoff einige hundert Kilometer weit fliegen und wäre daher für Flüge zwischen den europäischen Großstädten geeignet“, sagt May. Von Vorteil wäre dabei auch, dass das Flugzeug leise abhebt und ruhiger durch die Luft gleitet als ein Hubschrauber.
Außerdem könnte es im Gegensatz zu diesem dreimal so viel Lasten transportieren und würde bei einer Störung nicht wie ein Stein vom Himmel fallen. Auch aus diesem Grund wurde die Erfindung bereits vor zehn Jahren von der New York Times in eine Liste der besten Ideen des Jahres aufgenommen.
Seitdem kämpft der US-Amerikaner Pat Peeples unermüdlich für seine Vision, dass dieses Flugzeug zur Marktreife kommt. Seine dafür gegründete Firma FanWing unterstützt auch George Seyfang, der viele Jahre die Flugzeugkonzeptentwicklung für BAE Systems, eines der führenden Unternehmen der Luftfahrtindustrie in Großbritannien, geleitet hat.
Gemeinsam mit dem Institut von Karman de Dynamique des Fluides in Brüssel und der Deutschen Luft- und Raumfahrtbehörde wollen die Saarbrücker Wissenschaftler jetzt die neuartige Flugtechnologie vorantreiben. Das dafür von FanWing angefertigte Flügelmodell sieht aus wie eine eineinhalb Meter lange Röhre, die einen Meter hoch ist und einen Antriebsdurchmesser von einem halben Meter aufweist.
„Die Lamellen an den Rotorblättern in der Röhre sind frei beweglich. Wir können sie über den Elektromotor ansteuern und im Windkanal dann optimal ausrichten“, beschreibt Chris May das Konzept. Bisher ist noch unklar, ob man die Rotorblätter später starr in der Antriebswalze verankern wird oder sie auch während des Fluges ansteuern will.
„Wir können uns vorstellen, dass sich die Lamellen über eine intelligente Signalsteuerung je nach Flugsituation optimal ausrichten lassen. Dafür entwickeln wir derzeit ein System, mit dem wir alle wichtigen Betriebsparameter wie Winkelposition, Drehmoment und Geschwindigkeit in Echtzeit erfassen und auswerten können“, erklärt der Saarbrücker Forscher.
Ab April wird das so optimierte Flügelmodell dann in einem Windkanal in Brüssel ausgiebig getestet. Im weiteren Verlauf des auf zwei Jahre angelegten europäischen Forschungsprojektes soll das Flugzeug für den Transport von bis zu 70 Passagieren ausgelegt werden. Dabei wird auch untersucht, welche Rolle der Flugzeugtyp im europäischen Flugverkehr einnehmen kann. „Heute hat der globale Flugverkehr einen Anteil von zwei Prozent an den Kohlendioxidemissionen und das mit steigender Tendenz.
Wenn wir dem Ziel der Europäischen Union näher kommen wollen, nur noch die Hälfte an Treibstoff pro Fluggast einzusetzen, benötigen wir neue und wesentlich sparsamere Flugantriebe“, sagt May. Das Flugzeugmodell von FanWing nutze die Luftwirbel in der ganzen Breite der Tragfläche für den Auftrieb aus und trage dadurch zum effizienten Betrieb bei. Auf verschiedenen Luftfahrtmessen konnte man schon unbemannte FanWing-Flugzeuge bewundern, die mit einer Spannweite von drei Metern und 20 Kilogramm Eigengewicht immerhin rund 60 Stundenkilometer flogen.
Fragen beantwortet:
Christopher May
Lehrstuhl für Antriebstechnik
Tel. 0681 / 302-71690
E-Mail: may@lat.uni-saarland.de
Hinweis für Hörfunk-Journalisten: Sie können Telefoninterviews in Studioqualität mit Wissenschaftlern der Universität des Saarlandes führen, über Rundfunk-Codec (IP-Verbindung mit Direktanwahl oder über ARD-Sternpunkt 106813020001). Interviewwünsche bitte an die Pressestelle (0681/302-3610).
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