Industrieller Highspeed-3D-Druck für Hochleistungskunststoffe

Einzigartiger Technologietransfer …

Agiler Forschungsgeist zum 3D-Druck trifft auf innovatives Unternehmertum aus dem sächsischen Maschinenbau: Am Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU wurde ein Highspeed-3D-Druck für Hochleistungenskunststoffe (SEAM) entwickelt, der in enger Zusammenarbeit mit der METROM Mechatronische Maschinen GmbH aus Hartmannsdorf seine Marktreife bewiesen hat. Möglich wurde das durch eine Förderung in Höhe von 603.609 Euro aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und Landesmitteln des Freistaates Sachsen, wie Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig heute bei einem Besuch in Hartmannsdorf im Rahmen der ›Europawoche‹ betonte.

Susanne Witt, Geschäftsführerin der METROM GmbH, ergänzt: »Aus unserer gemeinsamen Arbeit ist ein im weltweiten Vergleich enorm schnelles 3D-Druck-Verfahren für Industrie und Fertigung entstanden. Momentan verringert das SEAM-Verfahren die Herstellungskosten und -zeiten insbesondere in der Luftfahrtindustrie, in der Automobilindustrie sowie auch in der Möbelherstellung. Vom Sitz über Vorrichtungen oder auch direkte leichte aber steife Funktionsbauteile werden täglich neue Anwendungsfälle erschlossen. Die Anwender sind typischerweise direkt die OEM und deren Zulieferer, da durch die geringen Materialkosten und die hohen Aufbauraten eine Wirtschaftlichkeit in der Vorserie und Großserie erreichbar ist.«

Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig sagte nach seinem Rundgang durch die Produktionsanlagen in Hartmannsdorf: »Der Highspeed-3D-Druck ist ein gelungenes Beispiel für gut funktionierenden und wirkungsvollen Wissens- und Technologietransfer: Die Forschungsergebnisse des Fraunhofer IWU münden wertschöpfend in konkrete Anwendungen der METROM GmbH. Dafür sind EU-Strukturfondsmittel gezielt und erfolgreich in die Entwicklung innovativer Prozesse geflossen. Das ist gerade vor dem Hintergrund der von kleinen und mittleren Unternehmen geprägten Wirtschaftsstruktur des Freistaates Sachsen eine maßgebliche Quelle für Innovationen und ist somit wesentlich für die Wettbewerbsfähigkeit der sächsischen Wirtschaft. Innovationen dienen der Zukunftssicherung und zählen zu den wichtigsten Triebkräften für Wachstum, Beschäftigung und sozialen Fortschritt.«

Was macht Highspeed-3D-Druck für Hochleistungskunststoffe (SEAM) so einzigartig?

Der 3D-Druck eröffnet völlig neue Produkt- und Fertigungsansätze. Viele 3D-Druckverfahren sind jedoch zu teuer und zu langsam für die Industrie. Es kommt darauf an, große Stückzahlen in kurzer Zeit zu wettbewerbsfähigen Kosten zu produzieren. Hier kommt SEAM ins Spiel. SEAM steht für ›Screw Extrusion Additiv Manufacturing‹. Dieses 3D-Druckverfahren ist im Vergleich zu herkömmlichem 3D-Druck nicht nur acht Mal schneller, sondern ermöglicht zudem die Verwendung preisgünstigen Standard-Kunststoffgranulats.

Die hohe Geschwindigkeit entsteht durch die Kombination einer neuartigen Verarbeitungseinheit für Kunststoff-Granulat mit einem Drucktisch, der auf einer sechsarmigen Steuerungsmaschine aufliegt, einem sogenannten Hexapod. Dieses Bewegungssystem zeichnet sich durch eine hohe Dynamik, geringe bewegte Massen und eine damit einhergehende hohe Positionier- und Bahngenauigkeit aus. Das SEAM-Verfahren kann aber auch unabhängig vom Hexapod in bestehende Maschinen und Anlagen von Industrieunternehmen integriert werden.

Dr.-Ing. Martin Kausch, Abteilungsleiter für Systeme und Technologien für textile Strukturen am Fraunhofer IWU, erklärt den neuesten Entwicklungsschritt: »Wir entwickeln gemeinsam mit unseren Forschungspartnern aus der Schweiz und der Kunststofftechnik Weißbach GmbH den Prozess für die Verarbeitung des Massenkunststoffes Polypropylen weiter, um große Kunststoffstrukturen bespielweise für Anwendungen im Bauwesen oder Trink- und Abwasserbereich individuell und effizient im 3D-Druck zu fertigen.«

Susanne Witt, Geschäftsführende Gesellschafterin der METROM GmbH, erläutert, wie die Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer IWU anlief und welche Technologie ihr Unternehmen zur Entstehung von SEAM beigetragen hat: »Metrom integriert den Druckkopf wie ein Werkzeug in die Maschine und entwickelt ein Schnellwechselsystem, mit dem automatisch zwischen Drucken und mechanischer Bearbeitung gewechselt werden kann. Mit der Integration von Zusatzprozessen in unsere Bearbeitungsmaschinen haben wir bei Metrom schon vor über zehn Jahren begonnen. Die neueste Entwicklung ist die Integration der von Fraunhofer patentierten SEAM-Extrusionseinheit. Bei dem Verfahren wird Kunststoffgranulat aufgeschmolzen, um großvolumige Bauteile zu drucken.

Danach können wir die gedruckten Strukturen auf der gleichen Maschine spanend nachbearbeiten, um die Oberflächenqualität zu erhöhen sowie Details und Funktionsflächen auszubilden. Die Geschwindigkeit des Druckes ist dabei wesentlich höher als beispielsweise beim Filamentdruck. Durch die geringeren Materialkosten für das Granulat lassen sich zudem kostengünstig individualisierte Bauteile herstellen. Für den industriellen Einsatz werden im gemeinsamen, geförderten EFRE-Forschungsprojekt Materialien, Prozesse und Prozesszubehör entwickelt. Die großen Vorteile des SEAM-3D-Drucks liegen dabei auch in der Möglichkeit, dem Grundmaterial Zusatzstoff beizugeben, sowie in der hohen Belastbarkeit und der Vakuumdichtheit der Bauteile.«

Tiefergehende technische Ausführungen, Vorträge und Videopräsentationen zu SEAM finden Sie hier: https://s.fhg.de/SEAM-Europawoche

Die METROM Mechatronische Maschinen GmbH

Seit 2016 von Susanne Witt geführt, wurde das Unternehmen 2001 von ihrem Vater Dr. Michael Schwaar gegründet und stellt seitdem Werkzeugmaschinen auf Basis einer patentierten Kinematik her. Schon immer befasst sich das Unternehmen intensiv mit Forschung und Entwicklung, um im Wettbewerb einen Schritt voraus zu sein. Dabei sind in Zusammenarbeit mit regionalen Partnern und Forschungs­einrichtungen einzigartige Technologielösungen entstanden – zuletzt wurde neben SEAM auch der 3D-Druck mit Lichtbogenauftragschweißen und Laserauftragschweißen in die Maschine integriert. Für die bisher im Kunststoffbereich ausgeführten Entwicklungen wurde METROM im Jahr 2019 mit dem Intec-Preis für Unternehmen bis 100 Mitarbeiter und gemeinsam mit dem Fraunhofer IWU auch mit dem ›IQ Innovationspreis Mitteldeutschland‹ im Cluster Chemie/Kunststoffe ausgezeichnet.

Doch ruht sich Metrom nicht auf vergangenen Erfolgen aus und beschäftigt sich unter anderem mit der Entwicklung einer flexiblen hybriden Fertigungszelle, der mobile smart factory, in Zusammenarbeit mit dem Unternehmen Bionic Production. Dieses System, integriert in einen Container, kann weltweit autark zur Bauteilherstellung eingesetzt werden.

https://www.iwu.fraunhofer.de/

Media Contact

Dr. Christian Schäfer-Hock Presse und Medien
Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU

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