Modulares Drohnensystem erleichtert die Suche nach Verschütteten

Die gesammelten Daten werden für die Einsatzkräfte vor Ort grafisch in einer dreidimensionalen Karte dargestellt. Auf dem Bild ist die Flugkurve der Drohne sowie die Umgebung als Punktwolke zu sehen.
Bild: THW

Nach einem Gebäudeeinsturz benötigen Einsatzkräfte möglichst schnell detaillierte Informationen darüber, wo verschüttete Personen zu finden sein könnten. Um den Zeitdruck bei der Bergung zu reduzieren und diese sicherer zu gestalten, hat ein internationales Forschungskonsortium im Projekt SORTIE ein modulares Sensorsystem für eine Drohne entwickelt.

Dieses kann das Einsatzgebiet aus der Luft analysieren und so die Rettungs- und Suchmannschaften entlasten. Der simulierte Realeinsatz zum Abschluss des Projekts auf dem THW-Übungsgelände in Wesel zeigte nun, dass die Module die standardisierten Methoden der Einsatzkräfte effektiv und zielführend ergänzen können.

„Von Gasexplosionen über Feuer bis hin zu Naturkatastrophen wie Überschwemmungen oder Erdbeben – es gibt unterschiedliche Ursachen für das Einstürzen von Gebäuden. Wenn Menschen dabei verschüttet werden, zählt jede Sekunde, um Leben zu retten“, sagt Prof. Dr. Ompe Aimé Mudimu vom Institut für Rettungsingenieurwesen und Gefahrenabwehr (IRG) der TH Köln, der das Teilprojekt der Hochschule geleitet hat. Darüber hinaus könnten unübersichtliche und einsturzgefährdete Trümmer oder Gasaustritte in den zerstörten Gebäuden die Einsatzkräfte bei der Suche und Bergung behindern oder sogar gefährden.

Die Projektpartner haben daher ein modulares System entwickelt, das Trümmerfelder aus der Luft kartographiert und analysiert. Entstanden sind vier Module, die an einer Drohne befestigt werden können: ein Bioradar zur Erkennung von Atembewegungen verschütteter Personen, eine Handy-Ortung, eine Laser-Gasmessung zur Ferndetektion von explosiven Gasen wie Propan oder Methan sowie eine Analyse zur Bewertung der Stabilität von Trümmern. Die gesammelten Daten werden auf einem Endgerät mittels Algorithmen ausgewertet und für die Einsatzkräfte grafisch in einer dreidimensionalen Karte dargestellt.

Modulares Drohnensystem als erste Maßnahme am Einsatzort

Das IRG war in enger Zusammenarbeit mit dem Technischen Hilfswerk (THW) für die Ermittlung der funktionalen und technischen Anforderungen, die Einbindung in bestehende Einsatzkonzepte sowie die operative und einsatztaktische Umsetzung verantwortlich. „Wir haben zunächst herausgefunden, dass eine Kombination mehrerer Module die Flugzeit der Drohne aufgrund des erhöhten Gewichts zu sehr verringern würde“, so Mudimu. Die Module könnten daher nur einzeln genutzt werden. Denkbar sei auch der Einsatz mehrerer Drohnen mit verschiedenen Modulen, da sich die Systeme untereinander nicht stören würden.

Anhand von repräsentativen und realistischen Szenarien führte das Team des IRG darüber hinaus Interviews und Umfragen unter Einsatzkräften durch. Dabei kam unter anderem heraus, dass das modulare Drohnensystem am besten unmittelbar nach dem Eintreffen am Einsatzort genutzt wird. „Dadurch erhalten Such- und Rettungsmannschaften einen ersten Überblick über die Lage vor Ort und können daraus weitere einsatztaktische Maßnahmen ableiten“, erklären Lennart Landsberg und Niklas Tschäschke, die das Teilprojekt der TH Köln als wissenschaftliche Mitarbeiter betreut haben.

Simulierter Realeinsatz verdeutlicht Potenzial der Technologie

Um das System, die einzelnen Module und die Einbindung in die Organisationsstruktur der Einsatzkräfte abschließend zu evaluieren und zu validieren, haben IRG und THW einen simulierten Realeinsatz gemeinsam geplant und auf dem Übungsgelände des THW in Wesel durchgeführt. Dabei wurde ein Erdbebenszenario mit mehreren verletzten Personen in einem Mischgebiet aus Wohnbebauung und Gewerbe simuliert. Ziel der Übung war es, die Verschütteten mit Hilfe des modularen Drohnensystems zu orten und anschließend zu retten.

„Die Abschlussdemonstration hat gezeigt, dass die entwickelten Technologien im Einsatz sehr hilfreich sein können. Sie erlauben den Such- und Rettungsmannschaften eine erste Erkundung des Gebietes, ohne dass sie sich selbst in Gefahrenbereiche begeben müssen. Damit stellen die neuen Werkzeuge grundsätzlich eine zielführende Ergänzung zu den bereits bestehenden Methoden wie dem Einsatz von Spürhunden dar“, erklärt Regine Gerhards, die das Projekt vonseiten des THW koordiniert hat.

Auch aus Sicht von Prof. Mudimu hat der simulierte Realeinsatz das Potenzial des modularen Sensorsystems verdeutlicht. „Im Rahmen der Übung konnten wir nachweisen, dass die von den Projektpartnern entwickelten Module technisch einwandfrei funktionieren. Zudem lassen sie sich effektiv und reibungslos in die bestehende Einsatzorganisationsstruktur einbetten.“ Auf diesen wichtigen Grundlagen müsse nun in weiteren Forschungs- und Entwicklungsarbeiten aufgebaut werden, damit das Drohnensystem auch im realen Einsatz angewendet werden könne. So müsse zum Beispiel die Software zur Analyse und Auswertung der durch die Module gesammelten Daten noch weiter optimiert werden.

Über das Projekt

Das Forschungsprojekt „Sensorsysteme zur Lokalisierung von verschütteten Personen in eingestürzten Gebäuden“ (SORTIE) wird von der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg (Projektkoordination), dem Institut für Rettungsingenieurwesen und Gefahrenabwehr (IRG) der TH Köln, dem Fraunhofer Institut für Physikalische Messtechnik in Freiburg, der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, der Universität der Bundeswehr in München sowie der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk durchgeführt. Darüber hinaus waren mit dem Indian Institute of Technology, dem Indian Institute of Science, der privaten Universität Amrita Vishwa Vidyapeetham, dem indischen Innenministerium, dem National Institute of Disaster Management und dem National Fire Service College auch Partner aus Indien in das Projekt eingebunden.

Das Projekt wird durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen des Programms „Forschung für die zivile Sicherheit“ mit 2,63 Millionen Euro gefördert.

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