Neue Gerätegeneration zur Gaspermeationsmessung
Projekt »SimPerm« ermöglicht erstmals eine simultane Bestimmung der Permeationsraten von Sauerstoff und Wasserdampf.
Forschende des Fraunhofer-Instituts für Werkstoff- und Strahltechnik IWS aus Dresden haben im Projekt »SimPerm« eine innovative Messtechnologie zur zuverlässigen Bestimmung der Permeationsrate von Folien entwickelt. Diese ermöglicht es nun erstmals, gleichzeitig die Permeationsrate des Wasserdampfs als auch die des Sauerstoffs zu bestimmen. Produzenten, Anwender und Entwickler von Barrierefolien können damit präziser, realitätsnäher und günstiger als bisher die Gasdurchlässigkeit von Schutzfolien für Organische Leuchtdioden (OLED), organische Solarzellen aber auch für Tabletten oder Lebensmittel und andere luftempfindliche Güter ermitteln. Der Projektpartner Sempa Systems GmbH will auf dieser Basis bald eine neue Geräteklasse etablieren, die universell verschiedene Barriere-Eigenschaften von Folien messen kann.
Um die Messungen der Wasserdampf-Permeationsrate (WVTR) und der Sauerstoff-Permeationsrate (OTR) gleichzeitig in nur einem Gerät zu ermöglichen, kombinieren die Forschenden des Fraunhofer IWS die Laserdiodenspektroskopie für die Wasserdampfmessung mit dem Fluoreszenz-Quenching für die Sauerstoffmessung in einer Messzelle (siehe Infokasten). Um auch eine für Ultrabarrierefolien hinreichend kleine Nachweisgrenze der Konzentrationsmessung beider Permeaten zu erreichen, kam ein einfacher, aber effizienter Trick zum Einsatz: Statt eines kontinuierlichen Stickstoffflusses steuern nunmehr Stickstoffpulse zielgenau die Konzentrationen der Wasserdampf- und Sauerstoff-Moleküle, die durch die zu untersuchende Sperrschicht dringen. Automatisiert geöffnete und geschlossene Ventile stellen präzise diesen diskontinuierlichen Stickstofffluss ein. Dies führt dazu, dass – unter Einhaltung aller Gleichgewichtsbedingungen – sich auch geringe Permeatmengen so weit anreichern, dass sie zuverlässig mit Laserspektroskopie- und Fluoreszenz-Quenching-Detektoren messbar sind. Die Dauer der Stickstoffpulsphasen und die der dazwischenliegenden Phasen der Permeat-Akkumulation sind dabei nahezu beliebig einstellbar. Die Nachweisgrenzen sowohl der WVTR- als auch der OTR-Messung bestimmt somit nicht mehr der verwendete Sensor, sondern die Abdichtung der Messzelle.
Besonders interessant für Elektronik-, Pharma- und Lebensmittelindustrie
Mittlerweile hat das Dresdner Institut die neue Technologie zum Patent angemeldet. »Wir gehen davon aus, dass dieses Verfahren die Permeations-Messtechnik auf ein neues Niveau heben wird«, schätzt Dr. Wulf Grählert ein, der am Fraunhofer IWS das Projekt »SimPerm« leitete. »Die Vorteile liegen auf der Hand: Wir können damit beliebige Barrierefolien sowohl für OLEDs, für Pharmaprodukte oder für medizintechnische Anwendungen aber auch für Lebensmittel deutlich realitätsnäher und somit zuverlässiger auf ihre Gasdurchlässigkeiten hin untersuchen, wobei keinerlei Abstriche hinsichtlich Probengröße oder Untersuchungstemperatur gemacht werden müssen.« Weil Labore erstmals solche Permeationsmessungen für typische Luftbestandteile wie Wasserdampf und Sauerstoff in einem Arbeitsgang und mit lediglich einem Gerät durchführen können, sinken die Investitions- und Betriebskosten für typische Gasdurchlässigkeitsprüfungen. Darüber hinaus sind auch Informationen über das sogenannte Durchbruchsverhalten der Permeaten messbar, also, wie schnell bzw. besser: wie langsam eine bestimmte Menge Wasserdampf bzw. Sauerstoff durch die Barriere permeiert. Nicht zuletzt ermöglicht die zuverlässige simultane Analyse der Permeationseigenschaften Aussagen, wie sich die verschiedenen Permeaten bei der Passage durch Sperrschichten gegenseitig beeinflussen. Weiter in die Zukunft geschaut, könnten sich noch weitere Einsatzfelder für die innovative Messtechnik eröffnen: »Herzschrittmacher und andere Implantate müssen an bestimmten Stellen besonders gegen die Feuchtigkeit im Körper geschützt werden«, erklärt Grählert. Da mit der neuen Technik eine zuverlässige und hochempfindliche Permeations-Analyse auch an sehr kleinen Probenflächen möglich ist, erleichtert dies die Entwicklung neuer Barrierefolien enorm.
Im nächsten Schritt wird das Dresdner Unternehmen Sempa Systems GmbH marktreife Geräte basierend auf dieser Technologie anbieten. Neben dem Fraunhofer IWS und der Sempa Systems GmbH war die Dresdner CREAVAC GmbH ein Partner des nun abgeschlossenen Gemeinschaftsprojektes »SimPerm«. Das Sächsische Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr hatte das Vorhaben von 2018 bis 2022 mit 1,3 Millionen Euro aus EFRE-Mitteln gefördert.
Weitere Informationen: https://www.iws.fraunhofer.de/de/sab-projekte.html#SimPerm
Über die Sempa Systems GmbH
Das Dresdner Unternehmen SEMPA SYSTEMS GmbH wurde im Jahr 2001 gegründet und hat sich seitdem als versierter Anbieter von Reinstmedienversorgungssystemen, auch für sehr spezielle Anwendungen, etabliert. Kunden sind u. a. große Unternehmen der Halbleiter- und LED-Industrie sowie Vertreter der Photovoltaik und Pharma-Branche. An den Standorten in Dresden (Hauptsitz) und Hermsdorf (Thür.) sind 130 Mitarbeiter beschäftigt.
Seit dem 1. November 2021 gehört SEMPA zur weltweit tätigen Meptagon-Gruppe, einem multidisziplinären Unternehmen mit Niederlassungen in Irland, Mitteleuropa, Israel und Indien. Mit dem Zusammenschluss eröffnet sich für Kunden ein deutlich erweitertes Produktportfolio von High-End-Versorgungssystemen über modernste Planungs- und Ingenieursdienstleistungen bis hin zu multidisziplinären Fab-Infrastrukturlösungen.
Infobox
Permeationsmessung
Wie durchlässig ist eine Folie für Wasserdampf beziehungsweise für Sauerstoff? Um diese Frage beantworten zu können, entwickelte das Fraunhofer IWS ein Messsystem, das auf dem klassischen Konzept zur Barrieremessung aufbaut. Dabei trennt die zu messende Folie eine Probenkammer in zwei Hälften. In die eine werden Wasserdampf und Sauerstoff mit bekannten Konzentrationen eingeleitet. In der anderen Kammerhälfte werden jene Wasserdampf- bzw. Sauerstoffmoleküle gemessen, die die Barrierefolie tatsächlich durchdrungen haben. Ein präzise pulsierender Stickstofffluss ermöglicht es, die Menge der beiden durchgedrungenen Gase sowohl zu konzentrieren als auch in einen Gleichgewichtszustand zu überführen, so dass sich selbst kleinste Permeatmengen zuverlässig nachweisen lassen.
Für die Konzentrationsbestimmung der permeierten Wasserdampfmoleküle, wird ein infraroter Laserstrahl in einem bestimmten Frequenzbereich als Sensor verwendet. Ein Photodetektor ermittelt dabei, wie stark dieses Laserlicht durch die Wasserdampfmoleküle abgeschwächt wird. Aus dieser Abschwächung lässt sich errechnen, mit welcher Rate der Wasserdampf die Barrierefolie durchdringt. Die Methode erlaubt eine zuverlässige Ermittlung der Wasserdampfpermeationsrate zwischen 10 und 10-6 g m-2 d-1.
Um die Konzentration der Sauerstoffmoleküle zu bestimmen, wird ein Pad mit einer Spezialbeschichtung mit grünem LED-Licht bestrahlt, wodurch dieses Fluoreszenzlicht aussendet. Jedes in unmittelbarer Umgebung vorhandene Sauerstoffmolekül löscht das Fluoreszenzlicht teilweise aus (englisch: »to quench«). Mit einem Photodetektor lässt sich diese Auslöschung messen und damit die Sauerstoffkonzentration im Stickstoffstrom sowie daraus die Sauerstoff-Permeationsrate ermitteln. Diese lässt sich zwischen 10+3 bis 10 3 cm3 m 2 d 1 bar 1 zuverlässig messen.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Dipl.-Chem. Beate Leupolt
Optische Inspektionstechnik
Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik IWS
Winterbergstraße 28, 01277 Dresden
www.iws.fraunhofer.de
Telefon +49 351 83391-3234
beate.leupolt@iws.fraunhofer.de
Originalpublikation:
https://www.iws.fraunhofer.de/de/newsundmedien/presseinformationen/2023/pressein…
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