Ölfreie Dampfturbine mit schwebendem Rotor
Heute sind Turbinenläufer in Öl gelagert, das allerdings aufgrund der hohen Temperaturen kontinuierlich durch die Lager gepumpt werden muss. Die ölfreie Dampfturbine benötigt statt hunderten Litern Öl für die Lager lediglich etwa drei Liter Öl für die Ventilantriebe, die die Dampfzufuhr regeln.
Attraktiv ist sie für Branchen, die wegen des Öls besondere Sicherheitsmaßnahmen ergreifen müssen. Beispiele sind die Öl- und Gasindustrie, wo besonders hohe Brandschutzbestimmungen gelten, oder Anlagen in der Nähe von Schutzgebieten mit erhöhten Umweltauflagen.
Ein Prototyp der magnetgelagerten Dampfturbine mit zehn Megawatt Leistung wird jetzt im Vattenfall Kraftwerk Jänschwalde eingesetzt.
Ihren größten Vorteil kann eine ölfreie Dampfturbine ausspielen, wenn die von ihnen angetriebene Maschine (z. B. ein Generator oder ein Kompressor) ebenfalls magnetgelagert ist. Durch die neue Technik entfällt das gesamte Ölmanagement, also Ölbehälter, Rohrleitungen, Pumpen, Entsorgung sowie Sicherheitsmaßnahmen gegen Brände und Umweltschäden.
Ölfreie Dampfturbinen arbeiten zudem effizienter, weil durch die berührungsfreie Lagerung des Rotors kaum noch Reibungskräfte entstehen. Abhängig von der Turbinenauslegung sind Wirkungsgradsteigerungen von bis zu einem Prozent realistisch.
Patentierte Luftkühlung
Aktive Magnetlager, die ihre Kraft durch gesteuerte Elektromagnete erzeugen, findet man heute zum Beispiel in Kompressoren und Elektromotoren. In Dampfturbinen ist die Technik bisher nicht realisiert. Eine große Hürde sind die hohen Temperaturen.
Der Dampf, der in die Turbine strömt, ist oftmals über 500 Grad Celsius heiß. Gelöst haben die Siemens-Ingenieure diese Herausforderung mit einem speziellen Kühlsystem, das mittlerweile patentiert ist. Die Ölmenge für die Ventilantriebe wurde ebenfalls reduziert, indem eine Kompakthydraulik genutzt wird.
Bei aktiven Magnetlagern wird die Position des Rotors durch Lagesensoren erfasst und durch eine leistungsfähige Ansteuerung des Magnetfeldes geregelt. Das eingesetzte SIMOTICS System ist so in der Lage, alle auf den Rotor wirkenden Gewichts- und Prozesskräfte auszugleichen. Aufgrund dieser Technik eröffnen aktive Magnetlager auch die Möglichkeit, den Rotor online zu überwachen.
Siemens realisierte die Magnetlagerung in seiner Industrie-Dampfturbine SST-600 in Zusammenarbeit mit der Hochschule Zittau/Görlitz. Für die Entwicklung und die Qualifizierung der Magnetlager wurde an der Hochschule ein Versuchsstand eingerichtet.
Das ebenfalls in der Region angesiedelte Kraftwerk Jänschwalde betreibt den Prototyp als eine von zwölf Antriebsturbinen für die Speisewasserpumpen. Die anderen Turbinen sind vom selben Typ, aber konventionell mit ölgeschmierten Lagern ausgestattet.
Alle Turbinen laufen mit rund zehn Megawatt Leistung bei einer Drehzahl von bis zu 5700 Umdrehungen pro Minute. Generell eignet sich die Magnetlager-Technik für Siemens-Dampfturbinen mit einem Rotorgewicht von bis zu zehn Tonnen, was einer Leistung zwischen 45 Kilowatt und 40 Megawatt entspricht.
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