Schärfere Ökostandards für Schiffe
Schiffsherzen könnten bereits 2016 umweltfreundlicher schlagen. An der Universität Rostock soll das Brennverfahren für so genannte Dual-Fuel-Motoren, die sowohl mit Diesel oder Schweröl als auch mit Gas betrieben werden können, entwickelt und konstruiert werden.
Der weltweite Vertrieb liegt beim international agierenden Motorenbauer Caterpillar. Kernstück der Forschungen ist ein neuartiger Ein-Zylinder-Motor, der nächstes Jahr auf dem Prüfstand und im ersten Quartal 2015 in Betrieb genommen werden soll. „Das ist dann der größte Ein-Zylinder-Motor, an dem an einer deutschen Universität geforscht wird“, sagt Prof. Harndorf.
Anders als bei den bereits heute erhältlichen Dual-Fuel-Motoren, wie dem MaK M 46 DF von Caterpillar, geht es bei dem zu entwickelnden Modell darum, neue Brennverfahren zu erproben, um auf zukünftige verschärfte Abgasnormen vorbereitet zu sein. Auch die Leistungsdichte soll bei gleichzeitiger Reduzierung des Kraftstoffverbrauchs und damit der CO2-Emissionen erhöht werden.
Schon in drei Jahren müssen Schiffsmotoren in Neubauten auf schadstoffärmere Treibstoffe ausgerichtet werden, um die Schwefel- und Stickoxidemissionen deutlich zu reduzieren. Damit das Öko-Projekt auch danach weitergeht, ist die Fakultät für Maschinenbau und Schiffstechnik der Universität Rostock gemeinsam mit dem Motorenbauer Caterpillar, der in Rostock eine seiner Produktionsstätten hat und der aus der Uni ausgegründeten Firma FVTR GmbH, vom Bundeswirtschaftsministerium mit einer Lösung beauftragt worden. Gefordert ist, heute bereits die Abgasstandards der Zukunft zu antizipieren. Das innovative Verbundvorhaben wird vom Bund mit knapp vier Millionen Euro gefördert. Etwa 100 Studenten, vier Doktoranden und zwei Mechaniker werden an der Uni Rostock in das Forschungsprojekt eingebunden.
„Eine Herkulesaufgabe, aber lösbar“, sagt Professor Horst Harndorf, der den Lehrstuhl für Kolbenmaschinen und Verbrennungsmotoren leitet und gemeinsam mit Professor Egon Hassel vom Lehrstuhl für Technische Thermodynamik nach Lösungen sucht. „ Das Öko-Motor-Projekt kommt nicht von ungefähr zu uns. Wir haben uns durch unsere erfolgreiche maritime Forschung empfohlen“, sagt Prof. Harndorf. Die Uni Rostock forscht bereits seit einigen Jahren gemeinsam mit Caterpillar. „Das große Verbundprojekt ist ein nächster Schritt“, sagt Andreas Banck, in der Entwicklungsabteilung von Caterpillar Motoren zuständig für neue Technologien und die Optimierung von Schiffsdieselmotoren. Das Verbundprojekt sieht der 43-Jährige zwar „als große Aufgabe, aber es ist kein Hexenwerk“. Für Banck steht fest, dass die Forschung am Ein-Zylinder-Motor neue ökologisch vertretbare Brennverfahren bringen wird. „Die Zusammenarbeit mit der Uni Rostock läuft sehr gut und ergebnisorientiert“.
Hassel und Harndorf ist klar: „Klimaschutz ist zum globalen Marktfaktor geworden“. Deshalb seien für einen umweltfreundlichen Motor unter anderem „völlig neue Verbrennungskonzepte mit Erdgas nötig“. Die Herausforderung für die Rostocker Forscher: Kunden wollen ein Schiff, das effizient fährt. Denn: Über 90 Prozent des weltweiten Warenstroms werden über den Seeweg abgewickelt. Die Vorgaben der Internationalen Maritimen Organisation (IMO) bezüglich der Reduktion der Schwefel- und Stickoxidwerte setzen enge zeitliche Grenzen. Bis 2016 soll die Umstellung bei Schiffsneubauten auf wesentlich umweltfreundlichere Motoren und Treibstoffe vollzogen sein. Und weitere Verschärfungen in der Zukunft sind zu erwarten.
Der neuartige Ein-Zylinder-Motor wird auf Basis des MaK M 34 DF Zweistoffmotors von Caterpillar individuell konstruiert. Dabei werden mathematische und numerische Simulationen des Verbrennungsablaufes in der virtuellen Realität abgebildet. „Wir brauchen detaillierte Berechnungsmodelle“, sagt Dr. Christian Fink, Teamleiter am Lehrstuhl für Kolbenmaschinen und Verbrennungsmotoren. Weltweit gibt es nur drei Universitäten, die im Bereich Schiffsdieselmotoren und maritime Kraftstoffe nach Lösungen für den Dual-Fuel-Betrieb mit Erdgas suchen. „Ein Alleinstellungsmerkmal für uns in Deutschland“, so Prof. Hassel. Im Zusammenhang mit den unterschiedlichen Anforderungen an die saubere Verbrennung der jeweiligen Brennstoffe sind beispielsweise zwei Einspritzsysteme notwendig sowie die Entwicklung eines Sicherheitskonzeptes für den Gasbetrieb.
Bis zum Herbst 2014 soll die Infrastruktur für den neuen Motor an der Uni Rostock stehen. Dazu gehört ein Fundament für 70.000 Euro, das private Investoren finanzieren, damit der Motor mit seiner Höhe von vier Metern und einem Gewicht von etwa 35 Tonnen dort sicher steht und in Betrieb genommen werden kann. Im kommenden Jahr werden vier Wissenschaftler eingestellt, die Computermodelle entwickeln, bis der Motor läuft. „Dann werden diese Modelle der Wirklichkeit angepasst“, verdeutlicht Fink. „Solche Berechnungen gibt es bislang für Dual-Fuel-Motoren noch nicht auf der Welt.“ (Text: Wolfgang Thiel)
Fotos
Prof. Dr. Horst Harndorf, Prof. Dr. Egon Hassel und Manager Andreas Banck
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