Textil fürs Fahrrad
Mit Speichen aus synthetischen Fasern sollen Fahrräder künftig noch leichter werden. Mit dieser Geschäftsidee streben vier Nachwuchsforscher der Technischen Universität Chemnitz auf den Markt. Entwickelt wurden die textilen Speichen in den Forschungslabors der Fakultät für Maschinenbau an der Professur Fördertechnik.
Vom 31. August bis 4. September 2016 will das Team auf der internationalen Fahrradmesse Eurobike in Friedrichshafen seinen Standpunkt in der Branche bestimmen und potentielle Geschäftspartner und Zulieferer gewinnen.
Während konventionelle Fahrradspeichen meistens aus rostfreiem Edelstahl, Aluminium oder im Profibereich aus Carbon gefertigt werden, setzen die Chemnitzer auf synthetische hochfeste Hightech-Fasern, die einen wesentlichen Vorteil haben: Sie sind sehr leicht. „Wir erreichen so im Bereich der Speichen eine Gewichtsersparnis von mehr als 50 Prozent, vergleichbar mit Carbon“, versichert Ingo Berbig, Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur Fördertechnik.
Seine Kollegin Daniela Storch, die zum Gründerteam gehört, weiß als erfahrene Montainbikerin, wie wichtig dieser Aspekt ist. „Bei Wettkämpfen muss ich mein etwa acht bis neun Kilogramm schweres Rad mitunter über unwegsame Strecken bewegen, da ist bereits eine Gewichtsreduzierung von wenigen Hundert Gramm willkommen“, so die international erfolgreiche Sportlerin. „Und auch am Berg zählt bei jedem Hobbysportler und Profi jedes Gramm“, weiß Berbig, der selbst leidenschaftlicher Radfahrer und Trainer einer Jugendgruppe beim Radsportverein Chemnitz ist.
Die textilen Speichen, deren genaue Zusammensetzung geheim ist, haben im Uni-Labor bereits eine 100.000 Kilometer-Ausdauerprüfung erfolgreich bestanden. „Rund um die Uhr wurden die dünnen Speichen Belastungen, die das Auftreffen auf Hindernisse simulieren, ausgesetzt“, berichtet Berbig. Zudem wurden unzählige Zugversuche mit den Faserseilen durchgeführt.
Das Fazit: Die textilen Speichen sind äußerst widerstands- und leistungsfähig. „Und aus betriebswirtschaftlicher Sicht lässt sich positiv anmerken, dass die neuartigen Laufräder aus Chemnitz, basierend auf textilen Speichen, im Vergleich zu anderen Laufrädern ähnlicher Leistungsklassen, konkurrenzfähig sind“, so TU-Absolventin Stephanie Mager, die ihr Knowhow aus dem Studium an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften ins Gründerteam einbringt.
Im Rahmen seiner Masterarbeit an der Professur Fördertechnik konnte Dirk Fischer die einzelnen Komponenten der Laufräder entwickeln. „Wir können jedem Radfahrer hinsichtlich seines eigenen Nutzungsprofils in puncto Beschleunigung, Dämpfungsverhalten, Gewicht, Design etc. einen passenden Laufradsatz konfigurieren“, so Fischer. Dies wird vor allem dadurch gewährleistet, dass die Einstellung des Massenträgheitsmomentes durch die spezielle Auswahl der Komponenten ermöglicht wird. Ein neuartiges Speichenkonzept garantiert zusätzlich eine Gewichtseinsparung im Bereich der Radnabe.
Den ausgründungswilligen Forschern stehen durch den vom Europäischen Sozialfonds und dem Bundeswirtschaftsministerium geförderten „EXIST-Gründerstipendium“ 95.000 Euro zur Verfügung, um die Forschungsergebnisse in ein Start-Up-Unternehmen zu überführen.
Ein Jahr haben sie nun Zeit, einen Businessplan zu erstellen und ihr innovatives Speichensystem an die Serienreife heranzuführen. Eine Patentanmeldung ist bereits erfolgt. Die Speichen sollen gleichermaßen für Hobbyräder, Profiräder und E-Bikes angeboten werden. Beim Sprung in die Selbstständigkeit wird das Team an der TU Chemnitz von der Professur Fördertechnik und vom Gründernetzwerk SAXEED unterstützt.
Aktuell planen die Chemnitzer Nachwuchsforscher einen Dauerprüfstand und weitere praxisrelevante Dauertests. „Dadurch können wir die Qualität unserer Produkte garantieren“, sagt Storch. Parallel dazu folgen Fahrten auf der Straße und im Gelände. Ab 12. September 2016 wird ein Prototyp eines mit dem neuen Speichensystem ausgestatteten Rades im Rahmen der Sonderausstellung „Das Fahrrad“ des Industriemuseums Chemnitz zu besichtigen sein. „Anfassen ist ausdrücklich erlaubt“, meint Storch.
Weitere Informationen erteilen Ingo Berbig, Telefon 0371 531-36460, E-Mail ingo.berbig@mb.tu-chemnitz.de, und Daniela Storch, Telefon 0371 531-36189, daniela.storch@mb.tu-chemnitz.de
Weitere drei Fotos finden sich im Ordner „Forschung“ des Online-Pressebildarchivs der Pressestelle der TU Chemnitz und können dort heruntergeladen werden: https://www.tu-chemnitz.de/uk/pressestelle/bild.php
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