Ultraleichte Antriebswellen: Kohlefaser spart bis zu 50 Prozent Gewicht
Wissenschaftler der Technischen Universität Dresden erforschen, wie solche Leichtbauwellen ausgelegt werden müssen, damit sie genauso belastbar und stabil sind wie konventionelle Maschinenelemente aus Stahl.
Ultraleichte Antriebswellen helfen auf zweierlei Art, weniger Kraft- oder Treibstoff zu verbrauchen. Zum einen sinkt das Gesamtgewicht des Fahrzeugs, zum anderen steigt der Wirkungsgrad, da mit dem Gewicht das zu überwindende Massenträgheitsmoment sinkt. Allerdings sind die zu übertragenden Kräfte und Momente hoch, die Einsatzzeit lang:
Die Kardanwelle in einem Pkw muss bis zu 6.000 Stunden überstehen, die Hauptwelle eines Flugtriebwerks sogar 100.000 und mehr Stunden. Daher bestehen Antriebswellen bislang meist aus hochfesten Stählen. Doch auch Faserverbundwerkstoffe, zum Beispiel auf Basis von Kohlenstofffasern (CFK), können die extremen Belastungen zuverlässig über die gesamte Lebensdauer überstehen.
Dazu werden an den besonders hochbelasteten Enden der CFK-Welle Naben aus Stahl eingebaut. Dieser komplex beanspruchte Verbindungsbereich steht im Mittelpunkt eines von der Forschungsvereinigung Verbrennungskraftmaschinen (FVV) geförderten Projekts. „Die Verbindung unterschiedlicher Werkstoffe bedeutet für uns Ingenieure eine Herausforderung“, erläutert Sebastian Spitzer, der das Projekt am Institut für Leichtbau und Kunststofftechnik der Technischen Universität Dresden bearbeitet. Bei falscher Gestaltung ist das Versagen des Bauteils im Übergangsbereich zwischen den unterschiedlichen Werkstoffen am Wahrscheinlichsten.
In dem FVV-Projekt wurden verschiedene Welle-Nabe-Kombinationen entwickelt und miteinander verglichen. Als Referenz für den Vergleich diente eine Bolzenverbindung, bei der ein durch Bohrlöcher geführter Bolzen die seitlich in die Welle eingesteckte Nabe sichert. Es handelt sich um eine im Maschinenbau bekannte und gut berechenbare Verbindung, die allerdings bei hohen Stückzahlen – wie im Automobilbau üblich – eher unwirtschaftlich ist. Zudem ist die Tragfähigkeit der Faserverbundstruktur durch die lokale Schwächung um das Bohrloch stark begrenzt.
Als Alternative untersuchte die Arbeitsgruppe um Spitzer eine Pin-Verbindung. Dabei handelt es sich um eine Nabe, die eine Vielzahl nadelähnlicher Pins besitzt. Die Kohlenstofffaser wird in diesem Fall schon während des „Preformings“ – also vor dem Einbringen und Aushärten des Harzes – auf die Nabe gebracht und sogar direkt um die Nabe herumgeflochten. Herstellbarkeit, Funktionstüchtigkeit und die hervorragende Tragfähigkeit einer solchen Verbindung konnten von den Dresdner Forschern bestätigt werden.
Nochmals deutlich höhere Belastungen erlaubt eine formschlüssige Verbindung, die in Dresden seit Jahren erforscht wird. Die Welle ist im Inneren in diesem Fall nicht kreisrund, sondern weist ein zahnförmiges Profil auf. Auch die Naben besitzen im Inneren Aussparungen mit exakt der gleichen Kontur, so dass Welle und Nabe nicht mehr gegeneinander verrutschen können. Da die Welle, anders als beim Einsatz von Bolzen oder Pins, endlos gefertigt und dann auf die benötigte Länge zugeschnitten werden kann, ergeben sich hohe Rationalisierungspotenziale. Bei großen Stückzahlen könnten sich profilierte Wellen als sehr wettbewerbsfähig erweisen.
Die Ergebnisse des FVV-Vorhabens sollen derart aufbereitet werden, dass sie künftig von Entwicklungsingenieuren in der Industrie verwendet werden können. Während nämlich für Stahlwellen eine Vielzahl von Konstruktionsrichtlinien vorliegt, betreten Entwickler bei CFK-Wellen oft Neuland. „Wir wollen unser Wissen teilen und die Erkenntnisse praxisgerecht aufbereiten“, sagt Professor Maik Gude vom Institut für Leichtbau und Kunststofftechnik. Dabei geht es ihm nicht um richtige oder falsche Auslegung. „Vielmehr müssen wir an die jeweilige Anwendung angepasste Lösungspfade finden“, so Gude.
In Zukunft werden immer öfter auch verschiedene Technologien kombiniert werden. So ist es möglich, die innerhalb des FVV-Vorhabens untersuchten mechanischen Verbindungstechnologien mit Klebeverfahren zu unterstützen. Stück für Stück entstehen so wirtschaftliche Leichtbaulösungen, die gleichzeitig die Umwelt entlasten.
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