Wissenschaftler der Bergakademie untersuchen Flugverhalten des Wanderfalken

Im Windkanal können Strömungsmechaniker Benjamin Ponitz (rechts) und Prof. Christoph Brücker (links) das Flugverhalten des Wanderfalken simulieren. TU Bergakademie Freiberg / Detlev Müller<br>

Da der schnellste Vogel der Welt im letzten Moment aber eine Vollbremsung hinlegen muss, um die Beute zu schlagen, ist sein Körper einer Belastung ausgesetzt, die das Acht- bis Neunfache seines eigenen Gewichtes übersteigt. Menschen könnten unter solchen Bedingungen kaum noch reagieren.

Strömungsmechaniker der TU Freiberg gehen deshalb der Frage nach, warum der Wanderfalke bei dieser hohen Geschwindigkeit manövrieren kann und weshalb sein Körper die einwirkenden Kräfte verträgt. Die Ergebnisse könnten in das Design neuer Flugzeugtypen einfließen.

Einen Wanderfalken unter Wasser tauchen derzeit Forscher des Instituts für Mechanik und Fluiddynamik der TU Bergakademie Freiberg – allerdings natürlich kein lebendiges Tier, sondern ein Modell des Vogels. Im Wasserkanal der Ressourcenuniversität können die Freiberger Wissenschaftler das Flugverhalten des Wanderfalken simulieren und auf diese Weise – mit Hilfe feiner Partikel – die Strömungseigenschaften visualisieren. „Das fließende Wasser trägt die leicht zu fotografierenden Teilchen mit und macht so Strömungsphänomene, wie zum Beispiel Wirbel, sichtbar“, erklärt Diplom-Ingenieur Benjamin Ponitz. „Obwohl Wasser wesentlich dichter als Luft ist, zeigen die Stromlinien aufgrund der Ähnlichkeitstheorie die gleichen Strömungsvorgänge wie in der Realität. Das ermöglicht es uns, die Effekte bei verlangsamter Geschwindigkeit zu untersuchen.“

Denn mit dem bloßen Auge fällt es schwer, die Abläufe zu beobachten, wie ein weiteres Teilexperiment zeigt. Um Flugbahn und -geschwindigkeit des Luftakrobaten zu messen, filmen die Freiberger Wissenschaftler gemeinsam mit Kollegen der Universität Bonn an der Staumauer der Oleftalsperre in der Eifel herabstürzende Falken. Den Sturzflug von etwa 70 Metern, bei dem die trainierten Vögel rund 100 Kilometer pro Stunde erreichen, nehmen zwei Hochgeschwindigkeitskameras auf, die jede Bewegung festhalten. „Aus den gewonnen Daten der beiden Kameras rekonstruieren wir die dreidimensionale Flugbahn des Raubvogels“, beschreibt Strömungsmechaniker Ponitz. „Die Aufnahmen zeigen, dass der Falke seine Flügel beim Sturzflug sehr nah an den Rumpf anlegt und so eine angepasste Körperform erreicht, wodurch die hohe Geschwindigkeit möglich wird.“

Die Bilder belegen aber auch, dass der Vogel ohne Schwierigkeiten vom Sturz- in den Steigflug übergeht. Die Strömungsmechaniker der Bergakademie simulieren deshalb mit dem nachgebauten Modell des Wanderfalken den Flug im Windkanal, um aufzuklären, weshalb das Tier den auftretenden aerodynamischen Lasten gewachsen ist. Über eine Drei-Komponenten-Waage – ein Messgerät, das selbst minimale Krafteinwirkungen wahrnimmt – können die Freiberger Forscher in der Versuchsanlage die Kräfte, die auf den Vogel ausgeübt werden, erfassen. „Damit lassen sich die einzelnen Komponenten, die das Kräfteverhalten am Modell ausmachen, also die Widerstands- und Auftriebskraft sowie das Kippmoment, ermitteln und untersuchen“, erläutert Ponitz.

Dies könnte neue Anstöße für die Flugzeugkonstruktion liefern. „Aus den Ergebnissen der Freiflugexperimente an der Staumauer, aus den Wind- und Wasserkanalversuchen sowie laufenden numerischen Simulationen hoffen wir, unter anderem Rückschlüsse für zukünftige Flugzeugkonzepte – zum Beispiel für den so genannten „Nurflügler“ – ziehen zu können.“ Aus diesem Grund schauen sich die Freiberger Strömungsmechaniker das Flugverhalten des Wanderfalken an. „Wenn es uns gelingt, herauszufinden, wie das Tier im Sturzflug seine Stabilität bewahrt, könnten wir die Ergebnisse auf das Design neuer Flugzeugtypen übertragen“, ist sich Ponitz sicher.

Media Contact

Simon Schmitt idw

Weitere Informationen:

http://www.tu-freiberg.de/

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