Bayerischer Forschungsverbund ForLayer entwickelt härteste Nanodiamantfolie der Welt
20-fach härter als gehärteter Stahl, doppelt so fest wie herkömmliche keramische Folien, thermisch isolierend und vor allem dort einsetzbar, wo bislang auf Diamantbeschichtungen verzichtet werden musste: Die patentierte mehrlagige nanokristalline Diamantfolie des Bayerischen Forschungsverbundes ForLayer schickt sich an, den Werkzeugbau zu revolutionieren. Sie wurde an der Universität Erlangen-Nürnberg entwickelt und ist eines der Ergebnisse, die die Wissenschaftler im Rahmen eines Abschlusskolloquiums Mitte Januar präsentieren konnten.
Rund drei Jahre hatte der Forschungsverbund zum Thema Verschleißreduktion an Werkzeugen bei Mehrfach-Belastungen geforscht.
Synthetischer kristalliner Diamant ist eine bei spanabhebenden Werkzeugen (z. B. Bohrern oder Fräsern) etablierte Schutzschicht, die auf hochfesten Werkstoffen zur Verschleißreduktion eingesetzt wird. Werkstoffe wie Stahl, Aluminium oder Kunststoff erlauben keine herkömmliche Diamantbeschichtung, da sie durch die hohen Temperaturen beim Beschichtungsvorgang Schaden nehmen. Diamantbeschichtungen auch für diese Werkstoffe verfügbar zu machen und zugleich lokal stark beanspruchte Bereiche auf Werkzeugen gezielt zu schützen war eines der Ziele, die sich ForLayer gesetzt hatte. Die Lösung fanden die Forscher der Universität Erlangen-Nürnberg, indem sie die Erzeugung von Diamant von der Aufbringung auf den Werkstoff trennten: Auf Kupfer- bzw. Silizium-Templaten lässt sich Diamant bei hoher Temperatur züchten und anschließend in Form von selbsttragender Folie ablösen. Die Folie wiederum kann dann bei moderaten Temperaturen auf beliebige Substrate aufgebracht werden. Die Tests auf Bauteilen der am Verbund beteiligten Industriepartner aus dem Kunststoffspritz- und Aluminiumdruckguss belegten das Potenzial der Neuentwicklung, die die Bauteile zu 100 Prozent vor Verschleiß schützt.
In fünf weiteren Projekten wurden ebenso Möglichkeiten entwickelt, den Verschleißschutz von Werkzeugen zu optimieren. Professor Martin Faulstich, wissenschaftlicher Leiter des ATZ Entwicklungszentrums und Sprecher des Verbundes, freute sich besonders über die direkt in die Industrie übertragbaren Ergebnisse: „Der Anteil der Werkzeugtechnik an den Produktionskosten beträgt bis zu 20 Prozent. Dementsprechend hoch ist das durch besseren Verschleißschutz nutzbare Einsparpotenzial.“ Beispielsweise gelang einem Team an der LMU München in Kooperation mit dem ATZ Entwicklungszentrum die Entwicklung eines weltweit einzigartigen Verfahrens zur Optimierung von oxidkeramischen Schichten mittels einer Solvothermalbehandlung. Das ebenfalls zum Patent angemeldete Verfahren wurde mit einer speziellen Beschichtungsmethode kombiniert, dem sogenannten Spray Metal Tooling, das die Herstellung komplex geformter Werkzeuge mit verschleißfesten, thermisch und chemisch hoch beanspruchbaren Oberflächen ermöglicht. Eine Forschergruppe der TU München patentierte die in ForLayer entwickelte Technik eines Multimaterialauftragssystems bei der Fertigung von Werkzeugen über den generativen Prozess des selektiven Laserschmelzens. Das System realisiert die simultane Verarbeitung konventioneller und hoch verschleißbeständiger Werkstoffe während der direkten, schichtweisen Werkzeugherstellung. Darüber hinaus fand ForLayer neue Lösungen speziell für Anwendungen im Aluminiumguss, beim Presshärten und bei der Kaltmassivumformung. Die Industrie spielte eine tragende Rolle für die Forschungsarbeiten: Die Unternehmen, von kleinen Firmen bis hin zu Großunternehmen, suchten nach patenten Lösungen für ganz konkrete Probleme, die bei den Fertigungsprozessen auftreten.
Zu ForLayer
Der Bayerische Forschungsverbund ForLayer bestand von August 2008 bis Januar 2012. Die Forschungsarbeiten wurden von der Bayerischen Forschungsstiftung mit rund 1,9 Mio. Euro gefördert, die Industrie stellte weitere 2,3 Mio. Euro zu Verfügung. Im Fokus standen Werkzeuge für die Prozesse Aluminiumguss und Kunststoffspritzguss sowie Kaltumformung und Presshärten. Diese Werkzeuge sind hohem Verschleiß ausgesetzt, da mehrere verschleißfördernde Mechanismen zusammenwirken, wie hohe Temperaturen und schnelle Temperaturwechsel, aggressive Umgebungsbedingungen oder lokal bzw. temporär stark unterschiedliche mechanisch-tribologische Belastungen. Im Verbund kooperierten fünf Forschergruppen bayerischer Universitäten und Forschungsinstitute in enger Zusammenarbeit mit 23 Industriepartnern.
Zur Bayerischen Forschungsstiftung
Die Bayerische Forschungsstiftung wurde als Stiftung des öffentlichen Rechts vom Freistaat Bayern 1990 ins Leben gerufen. Ein wichtiges Ziel der Bayerischen Forschungsstiftung ist es, Bayern im internationalen Wettbewerb um neue Technologien zu stärken und zukunftsfähige Arbeitsplätze zu schaffen. Im Rahmen von Förderprojekten unterstützt die Bayerische Forschungsstiftung deshalb die enge Zusammenarbeit von Wirtschaft und Wissenschaft und verbessert damit den Wissenstransfer. Die Förderschwerpunkte liegen bei zukunftsträchtigen Schlüsseltechnologien, wie Life Sciences, Informations- und Kommunikationstechnologie, Mikrosystemtechnik, Materialwissenschaft, Energie und Umwelt, Mechatronik, Nanotechnologie sowie Prozess- und Produktionstechnik. Für Forschungsprojekte stehen jährlich Fördermittel von rund 20 Mio. Euro zur Verfügung. Die Bayerische Forschungsstiftung ist eine Partner-Organisation im bayerischen Haus der Forschung (http://www.hausderforschung.de). Weitere Informationen finden Sie unter: http://www.forschungsstiftung.de
Zur Bayerischen Forschungsallianz (BayFOR)
Die Bayerische Forschungsallianz GmbH (BayFOR) berät und unterstützt Wissenschaftler aus bayerischen Hochschulen und Akteure aus der Wirtschaft insbesondere im Wettbewerb um europäische Forschungsgelder. Der Schwerpunkt liegt dabei auf dem 7. Forschungsrahmenprogramm der EU. Im europäischen Beratungsnetzwerk für KMU, dem „Enterprise Europe Network“ (http://www.een-bayern.de), fungiert die BayFOR als Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Wirtschaft. Neben ihren Aufgaben als EU-Förderzentrum koordiniert die BayFOR die gemeinsamen Aktivitäten der Bayerischen Forschungsverbünde und unterstützt ihre Vernetzung auf europäischer Ebene. Die BayFOR beheimatet außerdem die Wissenschaftliche Koordinierungsstelle Bayern-Québec/Alberta/International der Bayerischen Staatsregierung. Die BayFOR ist eine Partner-Organisation im bayerischen Haus der Forschung (http://www.hausderforschung.de) und wird vom Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst gefördert. Weitere Informationen finden Sie unter: http://www.bayfor.org
Kontakt:
Dipl.-Ing. Gerhard Wolf
Geschäftsführung ForLayer
ATZ Entwicklungszentrum
92237 Sulzbach-Rosenberg
Tel.: +49 (0)9661/908 473
E-Mail: wolf@atz.de
Weitere Informationen:
http://www.forlayer.de
http://www.bayfor.org
http://www.forschungsstiftung.de
http://www.hausderforschung.de
Media Contact
Weitere Informationen:
http://www.forlayer.deAlle Nachrichten aus der Kategorie: Materialwissenschaften
Die Materialwissenschaft bezeichnet eine Wissenschaft, die sich mit der Erforschung – d. h. der Entwicklung, der Herstellung und Verarbeitung – von Materialien und Werkstoffen beschäftigt. Biologische oder medizinische Facetten gewinnen in der modernen Ausrichtung zunehmend an Gewicht.
Der innovations report bietet Ihnen hierzu interessante Artikel über die Materialentwicklung und deren Anwendungen, sowie über die Struktur und Eigenschaften neuer Werkstoffe.
Neueste Beiträge
Sensoren für „Ladezustand“ biologischer Zellen
Ein Team um den Pflanzenbiotechnologen Prof. Dr. Markus Schwarzländer von der Universität Münster und den Biochemiker Prof. Dr. Bruce Morgan von der Universität des Saarlandes hat Biosensoren entwickelt, mit denen…
Organoide, Innovation und Hoffnung
Transformation der Therapie von Bauchspeicheldrüsenkrebs. Bauchspeicheldrüsenkrebs (Pankreaskarzinom) bleibt eine der schwierigsten Krebsarten, die es zu behandeln gilt, was weltweite Bemühungen zur Erforschung neuer therapeutischer Ansätze anspornt. Eine solche bahnbrechende Initiative…
Leuchtende Zellkerne geben Schlüsselgene preis
Bonner Forscher zeigen, wie Gene, die für Krankheiten relevant sind, leichter identifiziert werden können. Die Identifizierung von Genen, die an der Entstehung von Krankheiten beteiligt sind, ist eine der großen…