Ein winziges Stück Airbus aus Senftenberg
Im Mechaniklabor sind alle Rechner in Betrieb, farbige Simulationen mechanischer Bauteile flimmern über den Schirm, geschäftige Arbeitsatmosphäre herrscht, denn an der Fachhochschule Lausitz wird intensiv geforscht. Professor Dr. Matthias Ziegenhorn holte mit zwei weiteren Projektpartnern ein spannendes und anspruchsvolles Forschungsvorhaben an die FH Lausitz: Für die Luftfahrtindustrie untersucht ein Team aus Maschinenbau-Studenten neue Prüfungs- und Simulationsmethoden.
Was sich zunächst einfach anhört, ist kompliziert. Die Ingenieure der Luftfahrtindustrie setzen verstärkt auf den Einsatz von neuen Materialien und moderne Herstellungsverfahren, mit dem Ziel, das Verhältnis von Nutzlast und Eigengewicht der Flugzeuge zu verbessern. Diese Materialien werden umfangreichen Tests und Prüfungen unterzogen, um sie auf ihre Einsatzfähigkeit zu untersuchen. „An diesem Thema forschen hunderte Stellen auf der ganzen Welt, wir leisten gemeinsam mit unseren Partnern nur einen winzigen Teil dazu“, macht Professor Dr. Matthias Ziegenhorn deutlich, welch langfristiges Projekt die Flugzeugherstellung ist. Dennoch ist die Arbeit der FH Lausitz mit der IMA Material- und Anwendungstechnik GmbH (IMA GmbH) und der HTS Coswig ein kleines, aber notwendiges Rädchen im System.
Verbunden mit dem 24-monatigen Vorhaben der angewandten Forschung sind etwa 200.000 Euro Forschungsmittel vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, Projektträger ist das AiF. Ein Ingenieur ist mit einer halben Stelle beschäftigt, ebenso einige studentische Hilfskräfte. Die Studenten erfahren hier ganz praktisch, dass ihr an der FH Lausitz erworbenes Wissen in ein weltweites Großprojekt eingebunden ist. So können die Studenten über die Projektpartner IMA GmbH und HTS, beide hochkarätige Supplier der Luftfahrtindustrie, auch mal hinter die Kulissen bei der Entwicklung von Testverfahren für die Festigkeit von Flugzeugrümpfen schauen. „Die Forschungsleistung fließt auch in Diplom- bzw. Bachelorarbeiten ein, darüber hinaus begleitet das Institut für Festkörpermechanik von der Technischen Universität Dresden das Vorhaben“, sagt Professor Ziegenhorn, der an der FH Lausitz im Fachbereich Informatik/ Elektrotechnik/ Maschinenbau seit 2006 den Lehrstuhl für Technische Mechanik inne hat.
Die Tests in der Luftfahrtindustrie sind sehr kostenintensiv, erklärt der Professor, deshalb wird in den Voruntersuchungen nicht der ganze Rumpf getestet, sondern nur ein Ausschnitt des mit Längs- und Querversteifungen stabilisierten Rumpfes. Weil dem Rumpfstück aber die Stabilität fehlt, müssen Konstruktionselemente das fehlende Stück ersetzen und die angenommene Belastung simulieren. Getestet werden also Komponenten des Gesamtrumpfes – deshalb heißt das Projekt „Innotest I“. In dem Forschungsvorhaben der drei Projektpartner untersuchen die FHL-Studenten, welche Versuchsbedingungen das Ergebnis beeinflussen und wie man die Versuchsergebnisse rechnerisch vorwegnehmen kann. „Künftig wird es eine noch engere Verknüpfung von Berechnung und Experiment geben“, sagt Professor Ziegenhorn und erklärt, dass mit Hilfe der Berechnungen enorme Kosteneinsparungen möglich sein können. So gibt es vor dem finalen Test umfangreiche Vorarbeiten, Berechnungen und Experimente, die sicherstellen sollen, dass der außerordentlich teure Endtest auch funktioniert. „Die Ergebnisse des Innotest I sollen vor allem in die Teststrategie der nächsten Flugzeuggeneration aus Kohlefaserverbundwerkstoffen einfließen“, so der Professor, der im Sinne seiner Studenten viel Wert auf Praxiserfahrung und eine enge Anbindung zur Industrie legt.
„Nur so erlernen unsere Studenten gute, anwendungsbereite Grundlagen der mechanischen Prinzipien, aus denen sie dann auch andere Themenfelder angehen können“, resümiert Professor Ziegenhorn. Erfahrung mit derartigen Projekten für praktische Anwendungsfälle hat der Dresdner schon reichlich an der Fachhochschule Lausitz eingebracht: beispielsweise forschten Studenten und Professor für Vattenfall Mining und Vattenfall Generation.
Text: Jana Wieduwilt
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