Gefüge metallischer Werkstoffe binnen Minuten umfassend charakterisieren
Mit einem neuen Beugungsverfahren werden die Phasen und Kristallorienterungen im Rastermikroskop gemessen und ihre örtliche Verteilung in Farbbildern veranschaulicht. Sie spiegeln den Herstellungsprozeß und den Einsatz von Werkstücken wider. Die Materaleigenschaften hängen stark von den Phasen und Orientierungen ab.
Die Eigenschaften metallischer Struktur- und Funktionswerkstoffe werden in erster Linie bestimmt durch die Verteilung der Phasen sowie durch die Verteilung und Ausrichtung der Kristallite, d.h. die „Textur“ des Werkstoffs. Zur Bestimmung beider Eigenschaften wurden bislang in der Werkstofforschung separate Methoden eingesetzt. An der TU Clausthal entwickelten Professor Dr. Robert Schwarzer und seine Mitarbeiter ein Verfahren, mit welchem im Raster-Elektronenmikroskop aus der Messung der Kristallorientierung zugleich Phasenverteilung und lokale Textur erschlossen werden können. Innerhalb weniger Minuten zeichnet die Auswertesoftware eine farbige Darstellung der Phasenverteilungen und der Textur. Das Verfahren erlaubt eine Auflösung der Phasenverteilung bis in den Submikrometerbereich hinein, falls die Kristallgitterkonstanten der Phasen sich merklich unterscheiden. Dazu werden die experimentell gemessenen Beugungswinkel verglichen mit Simulationen verschiedener Legierungen. Aus der besten Übereinstimmung können die Phasen quantitativ berechnet sowie die Grenzflächen der Phasen bestimmt werden. Der Ingenieur „hält“ das vollständige technische Profil binnen Minuten „in Händen“. In der Dezemberausgabe der Fachzeitschrift „Materials Science and Technology“, berichten R.A. Schwarzer, A.K. Singh und J. Sukkau über ihre Ergebnisse (Discrimination and mapping of phase distributions by automated crystal orientation measurement, Materials Science and Technology, November-December 2000, Vol. 16, S. 1389-1392, ISSN 0267-0836).
Praktisch erprobt haben die Autoren ihr Verfahren an kalt und warm gewalzten Titan-Magnesium-Legierungen, deren hexagonale und kubische Kristallitverteilung sie bis in den Prozentbereich feststellen konnten. Der hexagonale Kristallitanteil trägt in vielen metallischen Werkstoffen zur Versprödung aufgrund der stark reduzierten Anzahl von Gleitsystemen bei. Andererseits kann aber auch die Festigkeit zweiphasiger Werkstoffe durch Optimieren der Phasenanteile und der Textur erheblich gesteigert werden. Die Wissenschaftler studierten den Einfluß des Kalt- und Warmwalzens auf die Ausbildung der Kristallitform und auf die Textur. Sie stellten einen deutliche Abhängigkeit vom Magnesiumanteil fest.
Weitere Informationen:
Prof. Dr. Robert Schwarzer
Institut für Physik und Physikalische Technologien
Tel. 05323 72 2130
E-Mail: schwarzer@tu-clausthal.de
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