Die Rückfederung von Blechen nutzen
Simulation des Fraunhofer IWM spart Zeit und Kosten bei der Umformung von Stählen, Magnesium und Aluminium
Bisher ließ sie sich nur mit viel handwerklichem Geschick und jahrelanger Erfahrung wettmachen: die Rückfederung von Blechen nach dem Umformen, etwa zum Kotflügel oder zum Getriebetunnel fürs Auto. Doch seit im Automobilbau Leichtbauteile an Bedeutung gewinnen, für die diese jahrelange Erfahrung fehlt, wächst der Bedarf an rechnerisch basierten Vorhersagen für das Verhalten der Bleche. Aufgrund seiner erfolgreichen Vorlaufforschung kann das Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik IWM in Freiburg jetzt ein solches Simulationsmodell anbieten: „Eine Innovation, die dafür sorgen kann, dass besonders die Werkzeug- und Pressenhersteller Entwicklungszeit und -aufwand sparen. Nur so werden die Entwicklungskosten beherrschbar“, meint Projektleiter Dr. Winfried Schmitt. Sein Team stellt das innovative Simulationsmodell vom 22. bis 26. Oktober 2002 auf der Euroblech in Hannover vor (Halle 11, Stand C13).
Im März 2000 gründete das Fraunhofer IWM das Kompetenzzentrum Bauteilsimulation (www.simbau.de). Finanziert wird das Kompetenzzentrum vom Bundesforschungsministerium, Geschäftsführer ist Winfried Schmitt. Rund 10 Prozent der Gesamtfördersumme von
2,5 Millionen Euro flossen in die Vorhersage der Rückfederung von Blechen nach dem Umformen. „Eine richtige Entscheidung, denn die Hälfte der eingesetzten Mittel ist bereits durch Industrieaufträge refinanziert“, bilanziert der Fraunhofer-Mitarbeiter.
Die Kunden des Fraunhofer IWM kommen wie ThyssenKrupp aus der Stahlherstellung, wie die Firma Müller-Weingarten aus dem Werkzeugbau oder wie Karmann direkt aus der Automobilherstellung. Sie alle wollen lernen, wie eine Presse oder ein Werkzeug so entwickelt werden kann, dass es möglichst auf Anhieb die Rückfederung des Bleches kompensiert und die vom Designer gewünschte Form erreicht. Damit ein Simulationsmodell eine solche Vorhersage treffen kann, muss es gefüttert werden – etwa mit Daten zur Geschwindigkeit, mit der ein Werkzeug-Stempel auf das Blech trifft, und zur Kraft, mit der die Halterung das Blech fest platziert. Was bisher fehlte, waren die Daten zum genauen Verhalten der Bleche selbst, wenn sie gezogen oder gebogen werden. „Meist geschieht sogar beides gleichzeitig und relativ nah beieinander“, erläutert Winfried Schmitt, wie komplex die Berechnung ist. Zumal sich Bleche alles andere als linear verändern. Bisher der entscheidende Grund dafür, dass die Prognosen oft daneben lagen.
Das innovative Simulationsmodell des Fraunhofer IWM gründet denn auch auf einer ausgeklügelten Messtechnik, die punktgenau die Verformung eines Bleches unter Zug- und Druckbelastung untersucht. Erst sie erlaube, so Projektleiter Schmitt, zusammen mit den geometrischen Daten des Werkzeuges, eine verlässliche Vorhersage. Ziel des Fraunhofer IWM sei es, der Industrie die Simulation jeweils abgestimmt auf die konkrete Anwendung als Dienstleistung anzubieten. „Wir wissen, dass da ein enormer Zeitdruck auf uns zukommt“, sagt Schmitt. Denn die Anpassung an das Rückfedern komme ganz am Ende des zeitaufwändigen und kostspieligen Entwicklungsprozesses zum Tragen.
Die Schwierigkeiten und damit die hohen Entwicklungskosten für die Werkzeugherstellung sind aus Sicht von Schmitt ein Grund dafür, dass sich neue Leichtbauwerkstoffe in der Automobilindustrie bisher nur schwer durchsetzen konnten – trotz aller Vorteile für das Endprodukt. Neue Perspektiven durch das neue Simulationsmodell sieht der Fraunhofer-Mitarbeiter auch in einer Branche, die sehr viel kleinere Bauteile herstellt. Für die Telekommunikations- und Elektronikbranche sind langlebige Steckverbindungen enorm wichtig. Auch hier spielten Druck und Zug bei Qualität oder Verschleiß eines Kupfersteckers eine entscheidende Rolle.
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