Mit Sicherheit bleifrei löten
Neue Forschungsvorhaben im Initiativprogramm „Zukunftstechnologien für kleine und mittlere Unternehmen“ (ZUTECH)
Markt und aktuelle Gesetzgebung konfrontieren die Elektroindustrie mit der Forderung nach bleifreien Alternativen für ihre wichtigste Verbindungstechnologie, das Löten. Eine EU-Direktive verbietet den Einsatz von Blei in der Verbindungstechnik für elektronische Geräte ab dem 1. Juli 2006. Denn in unsachgemäß behandelten Abfällen belastet das Schwermetall die Umwelt und kann im menschlichen Körper das Blutbild verändern und das Nervensystem schädigen. Aber die meisten Lötprozesse, beispielsweise von Baugruppen oder Leiterplatten, sind über Jahreszehnte auf bleihaltige Lote abgestimmt. Viele Normen und Vorschriften basieren auf diesem Werkstoff. Es gibt keine bleifreie Legierung, die die gleichen Eigenschaften im Hinblick auf Schmelzpunkt, Kosten, Verarbeitbarkeit und Zuverlässigkeit besitzt wie die bleihaltigen Lote. Daher unternimmt die Industrie mit Unterstützung der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen „Otto von Guericke“ (AiF) gegenwärtig große Forschungsanstrengungen, um die ökologische, technische und wirtschaftliche Machbarkeit von Ersatztechnologien in unterschiedlichen Anwendungsgebieten und die Verfügbarkeit von Alternativstoffen sicherzustellen.
Neben den Lotwerkstoffen und ihrer Verarbeitung stehen heute vor allem die zu lötenden bleifreien Oberflächen und die entstehenden Verbindungen im Zentrum der Forschung. Am 1. Dezember dieses Jahres starten dazu zwei neue AiF-Projekte im Rahmen der industriellen Gemeinschaftsforschung. Bei dem einen erforschen Wissenschaftler aus Berlin und Itzehoe, welche Oberflächeneffekte an den bleifreien Lötkontaktflächen von Leiterplatten und Bauelementen auftreten und wie sie die Zuverlässigkeit einer bleifreien Lötverbindung beeinträchtigen können. Durch chemische und physikalische Prozesse an den Oberflächen der zu lötenden Teile kann es zu Oxidation oder Korrosion kommen, die das nachfolgende Lötergebnis entscheidend beeinflussen. Ein solches Phänomen ist das „Black Pad“, bei dem Nickel unter einer hauchdünnen Schutzschicht aus Gold korrodiert. Da man das Problem von außen nicht erkennt und der Lötprozess auf dem dünnen Gold zunächst auch funktioniert, ist dieser Effekt besonders gefährlich, da die Lötstellen erst später, beispielsweise bei Erschütterung, auseinander fallen. Ähnlich risikoreich ist die Entstehung von „Whiskern“, dünnen Nadeln aus Zinn, die auf Grund mechanischer Spannungen aus einer Zinnschicht herauswachsen und zu Kurzschlüssen führen können. Die Forscher wollen die genauen Ursachen der Risiken ermitteln und diese in Datenbasen und in einem Handbuch zusammenfassen, damit die Unternehmen beim bleifreien Löten Vorsichtsmaßnahmen ergreifen können.
In einem zweiten Vorhaben, das in Itzehoe, Dresden, Berlin und Fürth startet, geht es um Volumeneffekte und die damit verbundene technische Zuverlässigkeit von bleifrei-en Lötstellen. Volumeneffekte sind in diesem Fall Poren in Lötstellen wie Luftblasen oder Einschlüsse, die von außen nicht sichtbar sind, die Lötstelle schwächen können und bei bleifreien Loten gehäuft auftreten. Mit Hilfe eines speziellen Röntgenverfahrens werden die Wissenschaftler kritische Grenzen der Porengröße und –verteilung ermitteln, die in Verarbeitungshinweise für die Anwender münden.
Das bleifreie Löten steht im Mittelpunkt eines gleichnamigen Kolloquiums am 3. Dezember 2003 in Montabaur/Westerwald. Die Veranstaltungsorganisation liegt beim Deutschen Verband für Schweißen und verwandte Verfahren in Düsseldorf, Tel.: 0211 1591-302.
Ansprechpartner:
Dr. Mathias Nowottnick
Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit
und Mikrointegration
E-Mail: nowottnick@izm.fraunhofer.de
Tel.: 030 46403-278
Media Contact
Weitere Informationen:
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