Reizende Klebstoffe entschärfen
Wenn Teile verklebt werden, gelangen Lösemittel und andere toxische Stoffe in die Umgebungsluft. Bei Personen, die beruflich mit Klebstoffen umgehen, können Schleimhautreizungen oder Asthma auftreten. Mit einem Mess- und Prüfverfahren werden Gefahrenquellen erkannt.
Durch die bisher größte Chemiekatastrophe erlangte der indische Ort Bhopal 1984 ebenso traurige Berühmtheit wie der freigesetzte und sehr giftige Stoff Methylisocyanat. So reaktiv die Gruppe der Isocyanate auch ist, verzichten kann die chemische Industrie gerade deshalb darauf nicht. Denn als Bestandteil schnell abbindender Polyurethanschäume und Reaktivklebstoffe hat sich für die weniger giftigen und deutlich schwerflüchtigeren Geschwister des Methylisocyanats ein breites Feld von Anwendungen aufgetan. Dennoch sind Personen, die in Betrieben wie Kfz-Werkstätten und insbesondere in geschlossenen Räumen mit diesen Stoffen arbeiten, gesundheitlich gefährdet. Gesetzliche Schutzbestimmungen wie die Maximale Arbeitsplatzkonzentration MAK existieren zwar; doch ob die Werte von den verschiedenen Produkten unter den jeweiligen Bedingungen eingehalten werden, ist kaum systematisch untersucht worden. Ist die Vernetzung der Komponenten untereinander abgeschlossen, ist der Klebstoff auch nicht mehr giftig.
Der Aufgabe, wie schnell und wie viel Isocyanat die verschiedenen auf dem Markt erhältlichen Polyurethan-Klebstoffe freisetzen, haben sich Forscher vom Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM angenommen. Ihre eigens gebaute Labor-Emissionskammer, ihr Knowhow und Empfehlungen für Hersteller von Klebstoffen präsentieren die Wissenschaftler vom 12. bis 18. September auf der Messe Schweißen & Schneiden in Essen. Die wesentlichen Erkenntnisse der Untersuchungen fasst Dr. Ronald Lüschen vom Klebtechnischen Zentrum des IFAM zusammen: »Die Palette der in PUR-Klebstoffen verwendeten Isocyanate ist breit. Vom jeweiligen Siedepunkt oder Dampfdruck sowie Verarbeitungstemperatur und Auftragsverfahren hängt es ab, welche Mengen der Stoffe an die Umgebungsluft abgegeben werden. Ganz erhebliche Mengen sind es, wenn der Klebstoff versprüht oder heiß aufgetragen wird – dies wird oft unterschätzt. Exponierte Personen sollten daher unbedingt darauf achten, die im Produktblatt angegebenen Sicherheitsmaßnahmen einzuhalten.«
Mit ihrem Prüfverfahren tragen die Forscher vom IFAM nicht nur dazu bei, dass sich Hersteller möglichst früh in der Produktentwicklung um die Emission von Isocyanaten kümmern und sie senken. Ebenso lassen sich Abluftanlagen optimieren. Erkenntnisse solcher Projekte münden schließlich in Schulungsunterlagen für Klebfachkräfte und Klebpraktiker, die das IFAM aus- und weiterbildet.
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