Putztücher aus dem Computer
Verbraucher wünschen sich optimale Produkte und Unternehmen effiziente und kostengünstige Produktionsprozesse. So sollen Putztücher verlässlicher saugen, Windeln kleiner, Dämmstoffe leichter werden und Filter immer kleinere Partikel oder Tröpfchen aufnehmen. Doch warum saugt ein Putztuch besser als ein anderes? Das liegt an der Form und Mischung der Fasern und deren Strukturbildung, wissen die Forscher in der Textilbranche. Bis heute musste die optimale Struktur durch reale Versuche und Messreihen mühsam gefunden werden. Dr. Franz-Josef Pfreundt vom Fraunhofer-Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik ITWM in Kaiserslautern hatte die Idee, den Entwicklungskreislauf komplett in den Computer zu verlagern. Damit kann eine ganze Branche vom Einsatz komplexer mathematischer Methoden profitieren.
Basis für die neue Technologie ist die Simulation von Strömungen in sehr komplexen Geometrien, wie Schäumen oder Fasermaterialien, auf mikroskopischer und makroskopischer Ebene. Sie ist das Spezialgebiet von Pfreundts Kollegen Dr. Konrad Steiner, der früher Strömungsdynamiksoftware für die europäische Raumfahrtindustrie entwickelt hatte. »Zunächst wurden von existierenden Werkstoffen tomographische Aufnahmen gemacht. Auf dieser Basis haben wir typische 3-D-Strukturmodelle entwickelt«, erläutert der ITWM-Wissenschaftler die neue Art des Produktdesigns. »Aus den Bilddaten ermitteln wir die geometrische Struktur der Materialien, die wir in Computermodelle umsetzen. Über eine ziemlich aufwändige strömungsdynamische Berechnung erhalten wir dann die Materialkennwerte. Diese gehen wiederum in Spezialsoftware zur Produktsimulation ein. Saugt die Faserverbindung nicht genug oder stimmt die Akustik nicht, können wir die Struktur der Materialien so lange verändern und das jeweilige Ergebnis berechnen, bis wir optimale Eigenschaften haben.«
Die Mathematiker sind vom großen Interesse der Industriepartner überrascht. Betriebe, die poröse Materialien wie Stoffe, Vliese, Papier oder Keramiken herstellen, haben schnell erkannt, dass sich so viel Zeit und Geld sparen lässt. Die Wissenschaftler wollen nun weitere Materialeigenschaften wie die Festigkeit am Rechner simulieren. Pfreundt und Steiner arbeiten seit dem Gründungsjahr 1995 im ITWM und nehmen stellvertretend für die elfköpfige Arbeitsgruppe den Joseph-von-Fraunhofer-Preis entgegen.
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