Colour-Matching am Bildschirm
Tankdeckel, Spiegelgehäuse und Stoßfänger eines Autos werden dort lackiert, wo sie hergestellt werden: In der Werkstatt der jeweiligen Zulieferfirma. Damit diese Spezialteile später exakt zur Karosserie passen, müssen ihre Farbtöne und -effekte präzise aufeinander abgestimmt sein. Dazu werden lackierte Tafeln oder Musterteile zwischen den beteiligten Firmen ausgetauscht und von geschulten Coloristen visuell abgemustert – eine zeitaufwändige und fehlerträchtige Prozedur. Einfacher und schneller wäre es, statt der Mustertafeln ausschließlich elektronische Daten auszutauschen. Doch bislang gibt es kein Verfahren, Farbeindrücke durch physikalische Farbwerte genau genug abzubilden. Eine weitere Herausforderung sind dem Lack beigemischte Effektpigmente, deren Metallic- oder Perlglanzwirkung sich je nach Beleuchtung und Betrachtungswinkel verändert oder sogar extreme Farbumschläge, »Flip-Flops«, auslöst – etwa von kupferrot auf grün.
Das Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM hat nun zusammen mit dem Messgeräte-Hersteller ColorAIXperts eine Methode entwickelt, auch solche komplizierten Farbtöne in Form von Spektraldaten eindeutig zu charakterisieren. Dabei wird nicht wie bei herkömmlichen Aufnahmen jeder Bildpunkt über die drei Farbwerte rot, gelb und blau charakterisiert, sondern über sein komplettes Farbspektrum. »So können wir auch nicht-homogene mehrfarbige Strukturen mit Glitzer- und Flip-Flop-Effekten ausmessen«, erklärt Dr. Volkmar Stenzel vom IFAM. Dazu wird jedes Farbmuster von unterschiedlichen Standpunkten erfasst. »Wir haben in der Farbabmusterungskabine bei einem Automobilhersteller systematisch verschiedene Kombinationen aus Betrachter- und Beleuchtungswinkel ausprobiert und davon sieben ausgewählt, die jeden Farbton eindeutig charakterisieren«, so Stenzel.
Die gesammelten Spektraldaten lassen sich auf elektronischem Weg verschicken, in Farbbilder zurückverwandeln und so mit der Farbvorga-be des Herstellers abgleichen. Die dazu benötigte Software ist eine Entwicklung der Firma i2s industrielle Informationssysteme GmbH. Ein Praxistest mit 47 gängigen Autolack-Farbtönen beweist, dass das neue System in der Automobilindustrie anwendbar ist: Erfahrene Coloristen verglichen jeweils vier Proben eines Farbtons mit einem Standard – sowohl auf herkömmliche Weise anhand von Mustertafeln als auch am Bildschirm auf Basis der Spektraldaten. Dabei zeigte sich eine erstaunlich hohe Übereinstimmung der unterschiedlichen Abmusterungs-Systeme: Bei 82 Prozent kamen die Coloristen zum selben Urteil.
Media Contact
Weitere Informationen:
http://www.ifam.fraunhofer.deAlle Nachrichten aus der Kategorie: Materialwissenschaften
Die Materialwissenschaft bezeichnet eine Wissenschaft, die sich mit der Erforschung – d. h. der Entwicklung, der Herstellung und Verarbeitung – von Materialien und Werkstoffen beschäftigt. Biologische oder medizinische Facetten gewinnen in der modernen Ausrichtung zunehmend an Gewicht.
Der innovations report bietet Ihnen hierzu interessante Artikel über die Materialentwicklung und deren Anwendungen, sowie über die Struktur und Eigenschaften neuer Werkstoffe.
Neueste Beiträge
Parallele Pfade: Das Verständnis von Malariaresistenz bei Schimpansen und Menschen
Die nächsten Verwandten des Menschen passen sich genetisch an Lebensräume und Infektionen an Überleben des am besten Angepassten: Genetische Anpassungen bei Schimpansen aufgedeckt Görlitz, 10.01.2025. Schimpansen verfügen über genetische Anpassungen,…
Du bist, was du isst – Stanford-Studie verbindet Ballaststoffe mit Modulation von Anti-Krebs-Genen
Die Ballaststofflücke: Ein wachsendes Problem in der amerikanischen Ernährung Ballaststoffe sind bekanntlich ein wichtiger Bestandteil einer gesunden Ernährung, doch weniger als 10 % der Amerikaner konsumieren die empfohlene Mindestmenge. Eine…
Vertrauen Sie Ihrem Bauchgefühl – RNA-Protein-Entdeckung für eine bessere Immunität
HIRI-Forscher entschlüsseln Kontrollmechanismen der Polysaccharidverwertung in Bacteroides thetaiotaomicron. Forschende des Helmholtz-Instituts für RNA-basierte Infektionsforschung (HIRI) und der Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg haben ein Protein sowie eine Gruppe kleiner Ribonukleinsäuren (sRNAs) in…